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Die Schlucht

Titel: Die Schlucht
Autoren: Colin Forbes
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hervorspähte, konnte Marler erkennen, was der Mann durch sein Teleskop so intensiv betrachtete. Es waren die Höhlen bei dem Wasserfall auf der anderen Seite des Tals.
    Als der Mann den Kopf drehte und sich umsah, verschwand Marler sofort hinter dem Felsen. Der kurze Blick in sein Gesicht hatte Marler genügt, um den Mann am Teleskop als einen der übelsten Verbrecher aus dem Londoner East End zu identifizieren, mit dem er es im Lauf der Jahre schon mehrmals zu tun gehabt hatte. Er zog seinen Revolver und machte einen raschen Schritt aus seiner Deckung hervor. Als der Mann ihn hörte, wirbelte er herum und zog aus einer Scheide an seinem Gürtel ein Messer. Als Marler, der bereits dicht hinter ihm war, das sah, schlug er ihm, ohne zu überlegen, mit dem schweren Trommelrevolver auf den Hinterkopf. Der Mann brach zusammen und rührte sich nicht mehr.
    Marler ging in die Hocke und fühlte dem Mann den Puls. Er hatte keinen mehr. Marler packte den Toten unter den Achseln und zog ihn zu einer tiefen, engen Felsspalte, die ein paar Meter hinter dem Teleskop in die Tiefe führte. Er schob die Leiche über den Rand und ließ sie in die Felsspalte fallen, wo sie begleitet vom Poltern losgerissener Steine in der Tiefe verschwand. Dann hob er das Messer vom Boden auf und warf es ebenfalls in die Felsspalte, bevor er zu dem mit einem Nachtsichtgerät ausgestatteten Teleskop ging und durch sein Okular sah.
    Das Teleskop war auf eine der Höhlen oberhalb des Wasserfalls gerichtet.
    »Dachte ich mir's doch«, murmelte er. Dann nahm er das Teleskop, trug es zur Felsspalte und ließ es hinabfallen. Es schlug mit seinem Stativ noch ein paar Mal gegen die Felswände, dann verschwand es in der Tiefe.
    Nachdem sich Marler vergewissert hatte, dass weder das Stativ noch die Leiche von oben zu sehen waren, ging er nach unten zu dem Audi und setzte sich wie
    der ans Steuer.
    »Was ist passiert?«, fragte Tweed.
    »Ich habe Lepards Umsicht unterschätzt«, antwortete Marler. »Er hatte da oben einen Kerl mit einem Teleskop positioniert, der die Höhlen beobachten sollte. Hätten wir uns eine davon für einen Hinterhalt ausgesucht, hätte Lepard postwendend davon erfahren.«
    »Haben Sie den Mann erkannt?«, fragte Tweed. »War es vielleicht einer von den Killern, die auf dem Weg hierher sein sollen?«
    »Und ob ich ihn erkannt habe. Ein ganz übler Typ mit Namen Pearl Kerwald.«
    »Aber Pearl ist doch ein Frauenname«, sagte Paula.
    »Das ›Pearl‹ ist nur ein Spitzname. Er kommt daher, dass der Kerl früher in den feinen Londoner Straßen wie der Bond Street herumgeschlichen ist und gut gekleideten Frauen von hinten die Perlenketten vom Hals geschnitten hat. Hin und wieder soll ihm dabei auch das Messer ausgerutscht sein, was den feinen Damen natürlich nicht gut bekommen ist.«
    »Und was haben Sie mit ihm gemacht?«, fragte Paula.
    »Das sollten Sie besser nicht wissen«, erwiderte Marler mit einem zufriedenen Grinsen. »Sagen wir einfach so: Der sieht sich jetzt den Berg von innen an und kommt uns bestimmt nie wieder in die Quere.« Dann ließ er den Motor an und fuhr weiter.
    Lange bevor der Wasserfall in ihr Blickfeld kam, konnte Paula sein Donnern hören.
    An der letzten Abzweigung vor dem Wasserfall sagte Tweed: »Das ist die Straße nach London. Guiles Killer werden auf ihr die Flucht ergreifen.«
    »Oder wir«, sagte Marler.
    »Seien Sie doch ein wenig zuversichtlicher«, tadelte ihn Paula.
    »Ein guter Stratege«, erklärte Marler, »hat immer auch einen Fluchtplan in der Hinterhand.«
    Als sie sich überzeugt hatten, dass zwischen der Ortschaft und dem Wasserfall momentan keine Gefahr mehr lauerte, fuhren sie ins Hotel zurück. Dort kam ihnen in der Lobby Archie MacBlade entgegen.
    »Sie sind heute aber früh auf«, sagte der Prospektor aufgeräumt. »Was ist? Hätten Sie nicht Lust, dass wir alle miteinander ins Marcantonio's gehen und uns dort ein herzhaftes Frühstück gönnen? Ich lade Sie ein.«
    »Wir haben schon gefrühstückt«, erwiderte Paula.
    »Und Sie sind sicher, dass Sie keinen Hunger mehr haben?«, fragte Archie mit einem freundlichen Lächeln.
    Plötzlich wurde sich Paula bewusst, dass sie schon wieder einen Bärenhunger hatte. Das musste wohl an der frischen Morgenluft liegen, dachte sie.
    »Warum nicht?«, antwortete Tweed, dem es offenbar nicht anders ging, auf MacBlades Frage.
    »Na also«, sagte Archie zufrieden. »Dann lassen Sie uns gehen. Es ist ja nicht weit.«
    Durch die wie ausgestorben daliegenden
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