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Die schlafende Armee

Die schlafende Armee

Titel: Die schlafende Armee
Autoren: Wolfgang Hohlbein
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Sicherheit. Sie hatte eine gute Chance zu entkommen, aber dann machte sie plötzlich kehrt und griff mich an, obwohl sie genau wußte, daß das ihren sicheren Tod bedeutete. Ich habe es einfach nicht begriffen. Aber danach ... konnte ich dir nichts mehr tun. Es hätte ihren Tod sinnlos gemacht, verstehst du?« »Hatte er denn so einen Sinn? fragte Helen tonlos. »Nein«, gestand Kyle. »Es tut mir so leid. Ich hoffe, du kannst mir verzeihen. Aber ich verlange es nicht.« Sekundenlang blickte Helen ihn wortlos an, dann hob sie die Hand, berührte mit den Fingerspitzen fast zärtlich seine Wange und sagte: »Seltsam ... ich ... müßte dich hassen. Aber ich kann es nicht. Es ist so lange her.« Ein Ausdruck tiefen Schmerzes machte sich auf Kyles Gesicht breit. Aber er sagte nichts mehr, sondern stand mit einem Ruck auf und deutete zum Fenster. »Ich werde nachsehen, wie weit der Tunnel verschüttet ist«, sagte er. »Wartet hier!« Skudder wollte widersprechen, aber Charity hielt ihn mit einer raschen Handbewegung davon ab und nickte Kyle auffordernd zu. Der junge Megamann schwang sich mit einer eleganten Bewegung aus dem Fenster und verschwand fast lautlos in der Dunkelheit. »Hältst du das für eine gute Idee, ihn allein gehen zu lassen?« fragte Skudder. »Und warum nicht?« »Wer sagt uns, daß er zurückkommt?« »Und wer will ihn daran hindern, es nicht zu tun, falls er es wirklich will?« gab Charity zurück. »Du vielleicht?« Skudders Antwort bestand nur aus Schweigen und einem zornigen Blick, und Charity begriff fast sofort, daß sie ihre Worte nicht besonders geschickt gewählt hatte. Zum ersten Mal, seit sie Kyle kennengelernt hatten, fragte sie sich, ob Skudders Feindseligkeit vielleicht nicht nur auf dem Umstand beruhte, daß Kyle eigentlich ihr Feind war. »Ich begreife das nicht«, flüsterte sie. »Was zum Teufel ist so wichtig an Kyle oder uns, daß sie sich solche Mühe geben, uns zu kriegen?« »Vielleicht haben sie es nicht so gern, wenn man ihnen ihre Schiffe stiehlt?« fragte Gurk. Charity schüttelte entschieden den Kopf. »Das kann nicht der einzige Grund sein«, sagte sie. »Ich verstehe, daß sie uns verfolgt und abgeschossen haben.« Sie deutete mit einer Handbewegung zur Decke. »Aber sie werfen Atombomben, Gurk. Niemand pulverisiert eine halbe Stadt, um ein paar Autodiebe zu bestrafen.« Skudder lächelte flüchtig, wurde aber sofort wieder ernst. »Vielleicht ist es wirklich Kyle«, sagte er. »Nach allem, was wir wissen, ist er der erste von diesen Megamännern, der abtrünnig geworden ist. Vielleicht besitzt er Informationen, die auf keinen Fall in die falschen Hände geraten dürfen. Immerhin sind sie so etwas wie ihre Elite-Einheit, wenn ich das richtig sehe.« Das war eine Möglichkeit, dachte Charity. Aber das konnte nicht der ganze Grund sein. »Es muß ... irgend etwas mit dem Bunker zu tun haben«, murmelte sie. »Der NATO-Zentrale, die wir in Paris gefunden haben.« »Wieso?« fragte Skudder. Charity zuckte mit den Achseln. »Es ist nur ein Gefühl«, sagte sie. Sie sah Helen an, ehe sie weitersprach. Das Mädchen war jetzt wieder bei Verstand und blickte mit einer Mischung aus Neugier und Erschrecken zu ihr auf. »Irgend etwas war in der Zentrale, das ungeheuer wertvoll für sie war«, fuhr sie fort. »Mit Ausnahme Barlers war ich die einzige, die dort unten war. Und ich habe mich eine ganze Weile an den Computern zu schaffen gemacht.« »Sie meinen...« Helen sog erschrocken die Luft ein und starrte sie aus entsetzt geweiteten Augen an. »Sie glauben doch nicht, daß mein Vater diese Bomber hinter uns hergeschickt hat?!« sagte sie empört. »Nein«, antwortete Charity; eine Spur zu hastig, um wirklich überzeugt zu klingen. »Er selbst sicher nicht. Wahrscheinlich weiß er nicht einmal etwas davon. Aber jemand, der glaubt, wir hätten irgend etwas erfahren.« »Aber das ist doch Unsinn!« protestierte Helen. »Mein Vater würde nie...« »Er ist nicht dein Vater, Kleines«, unterbrach sie Gurk hart. Er machte eine zornige Geste in die Richtung, in der Kyle verschwunden war. »Er ist auch einer wie er.« In Helens Augen blitzte es kampflustig auf. Aber bevor es zwischen ihr und dem Zwerg wirklich zum Streit kommen konnte, kehrte Kyle zurück und winkte ihnen zu, den Wagen zu verlassen. Skudder und Charity kletterten rasch durch das zerborstene Fenster ins Freie, während Net Helen dabei half, vorsichtig aufzustehen. Sie konnte jetzt wieder aus
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