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Die Schiffe der Kleopatra

Die Schiffe der Kleopatra

Titel: Die Schiffe der Kleopatra
Autoren: John Maddox Roberts
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das schlechteste Haus in der Stadt immer noch besser als das beste Gasthaus, und dieses Anwesen sah keineswegs aus wie das schlechteste Haus am Platz.
    »Ich bin völlig ausgehungert. Erst etwas zu essen, dann ein Bad.«
    »Gewiss. Ich hoffe, eure Reise war nicht allzu beschwerlich.« Ich plauderte über die Überfahrt, während er uns durch das Atrium in einen großen, gepflegten Garten führte, der auf allen Seiten vom Haus umgeben war, so wie ein Gymnasium das Übungsgelände für Gladiatoren umschließt. In Rom wurden Häuser in diesem Stil nicht gebaut. In der Mitte des Gartens befand sich ein wunderschöner, in Marmor gefaßter Teich mit einem Springbrunnen. Es hatte ganz den Anschein, als ob mir das Glück gewogen gewesen wäre, denn ich hatte augenscheinlich eine erstklassige Unterkunft erwischt. »Wir bewirten heute etliche vornehme Gäste«, erklärte der Hausverwalter mir. »Niemand kommt nach Paphos, ohne Silvanus' Gastfreundschaft zu genießen.«

    »Bewundernswert«, murmelte ich. Unter schattenspendenden Bäumen waren überall prachtvolle Tische aufgestellt, dazwischen blühten Rosen in großen irdenen Töpfen. An einem dieser Tische saß eine junge Frau in einem schlichten, aber atemberaubenden Gewand aus grüner Seide, für dessen Preis man wohl auch ein mittelgroßes Anwesen in Italien hätte erwerben können. Die Frau hatte rotbraunes Haar, eine durchaus ungewöhnliche Farbe, sowie fast durchscheinend weiße Haut. Am seltsamsten jedoch war, dass sie in eine Papyrusrolle schrieb, von denen sich noch etliche neben ihr auf dem Boden stapelten. Sie war umringt von einer Gruppe gelehrt aussehender Zeitgenossen mit langen Barten und schmuddeligen Gewändern. Sie hob den Kopf, und mich traf ein Blick aus überraschend grünen Augen. »Singen die Germanen?«
    Ich hatte diese Augen schon einmal gesehen, vor vielen Jahren im Gesicht eines Kindes, aber solche Augen vergißt man nicht. »Prinzessin Kleopatra! Ich hatte nicht erwartet, euch hier anzutreffen! Und eine solch seltsame Frage schon gar nicht.« »Ich nehme an, der Senator und die königliche Hoheit kennen einander«, sagte der Hausverwalter.
    »So ist es, Doson«, bestätigte die Prinzessin, »Senator Metellus und ich haben uns vor einigen Jahren in Alexandria kennen gelernt.«
    »Dann werde ich mich um euer Quartier kümmern, Senator«, sagte der kleine Mann, verbeugte sich formvollendet und zog sich zurück. Sklaven stellten mir einen Stuhl an Kleopatras Tisch, gossen Wein in einen kostbaren Pokal aus Samos und trugen einen Teller mit Brot, Obst und Käse auf, alles mit einer unaufdringlichen Effizienz, die ich nur bewundern konnte.
    Warum fand ich nie solche Sklaven?
    »Bis vor etwas mehr als zwei Jahren warst du mit Caesar in Gallien«, stellte Kleopatra fest.
    »Ihr seid erstaunlich gut informiert.« Der Wein war hervorragend, was mich mittlerweile jedoch nicht mehr überraschte. »Mein Dienst war alles in allem nicht eben heldenhaft.«
    »Aber doch zumindest herausgehoben«, erwiderte sie lächelnd. Ihr Lächeln war wunderbar. »Und du warst an den frühen Feldzügen gegen Ariovistus und seine Germanen beteiligt. Deshalb habe ich gefragt. Man weiß im Grunde nur sehr wenig über die Germanen, und über ihre musikalische Ausdrucksweise habe ich absolut nichts in Erfahrung bringen können.«
    »Man kann nicht behaupten, dass sie wirklich singen«, erklärte ich weltgewandt. »Aber sie geben eine Art von rhythmischen, bellenden Lauten von sich, an denen sie offenbar eine gewisse Befriedigung finden. Allerdings nichts, was ein griechischer Rhapsode als melodisch empfinden würde. Die Gallier hingegen singen ständig. Für ein römisches Ohr ist ihr Gesang eher eine Strapaze, aber ich habe ihn aus reinem Selbstschutz leidlich schätzen gelernt.«
    »Das ist überraschend. Römer wissen die Sitten und Lebensweisen anderer Völker nur sehr selten zu schätzen«, meinte sie, womit sie nur allzu recht hatte. »Andererseits genießt du ja auch den Ruf, ein ziemlich unkonventioneller Römer zu sein.« Sie stellte ihre Begleiter vor, die, wie ich vermutet hatte, langweilige alte Gelehrte aus Zypern und Alexandria waren. »Zypern war die Heimat des Philosophen Zeno«, sagte sie, »wie du gewiss weißt.«
    »Nie von dem Burschen gehört«, log ich, weil ich es unter allen Umständen vermeiden wollte, in eine philosophische Diskussion hineingezogen zu werden.
    »Das glaube ich dir nicht.«
    »Werte Prinzessin«, suchte ich mich zu entschuldigen, »wenn man
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