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Die Schiffe der Kleopatra

Die Schiffe der Kleopatra

Titel: Die Schiffe der Kleopatra
Autoren: John Maddox Roberts
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heißen.«
    Ich ließ mich neben ihm auf das Sofa fallen, und Hermes, der seine Position dahinter bereits eingenommen hatte, nahm mir meine Sandalen ab. Ich lagerte auf dem Ehrenplatz zur Rechten Silvanus'. Als erstes stellte er mir den Mann zu seiner Linken vor.
    »Decius, ich nehme an, du kennst Aulus Gabinius?« »Die ganze Welt kennt den General Gabinius«, sagte ich, die dargebotene Pranke ergreifend, die so groß war, dass meine Hand ganz darin verschwand. »Aber wir sind uns nie persönlich begegnet. Ich habe dich oft vor dem Senat und auf der Rostra reden hören, General, doch in den Jahren, in denen ich ein Amt bekleidet habe, hast du meistens unter den Adlern gedient.« »Ich habe großartige Dinge über dein doppeltes Aedilat gehört«, erwiderte er mit sonorer Stimme. »Es wurde auch Zeit, dass jemand das Amt dazu benutzt, die Stadt von Gaunern zu säubern, anstatt selbst Reichtümer anzuhäufen.«
    Gabinius hatte eins dieser großen altrömischen Gesichter mit Falten und Narben und einem gewaltigen Zinken von einer Nase, flankiert von zwei strahlend blauen Augen unter buschigen weißen Brauen. Abgesehen von dem intelligenten Ausdruck in seinen Augen und der ausgebildeten Rednerstimme hätte er gut einer jener martialischen bäuerlichen Vorfahren sein können, die wir so verehren.
    »So definiert das Gesetz dieses Amt«, sagte ich bescheiden. »Und ich hoffe, dass dein Aufenthalt hier kurz und angenehm sein möge, was er in Gesellschaft unseres Gastgebers zweifelsohne ist. Doch bei all dem Ruhm, den du den römischen Waffen gebracht hast, wird man dich gewiss bald aus dem Exil zurückrufen und an die Spitze einer neuen Armee stellen.« »Ich fürchte, meine militärische Karriere ist vorüber«, erwiderte er ebenso bescheiden. »Ich bin durchaus zufrieden damit, die mir verbleibenden Tage im Ruhestand zu verbringen. Vielleicht werde ich wie Sulla und Lucullus meine Lebenserinnerungen aufschreiben.« Der verlogene alte Fuchs. Niemand, der irgendwann einmal nach absoluter Macht gestrebt hat, gibt seine Ambition je vollkommen auf, wie man an Crassus und Pompeius sehen konnte, die noch versuchten, als Generäle ins Feld zu ziehen, als sie längst zu alt für den Posten waren. Offenbar vertraute Silvanus Gabinius, denn wenn der Platz zur Rechten des Gastgebers der Ehrenplatz ist, auf dem der Gast vom Gastgeber persönlich bedient werden kann, dann ist der Platz zu seiner Linken der Platz seines Vertrauens, weil man bei der römischen Tischordnung der Waffenhand seines linken Nachbarn den Rücken zuwendet.
    Kleopatra saß rechts von mir auf dem nächsten Sofa am Nebentisch, der wie auch der ihm gegenüberliegende Tisch im rechten Winkel zu unserem stand. Zumindest so weit folgte das Gastmahl der römischen Sitte. Neben der Prinzessin lagerte eine Dame von großer Schönheit und teurem Geschmack, der sich vor allem in ihren zahlreichen Edelsteinen und einem aufsehenerregenden Gewand dokumentierte, das aus dem kostbaren koischen Stoff gemacht war, der leicht, weich und so gut wie durchsichtig ist. Daheim wetterten die Zensoren unermüdlich gegen derlei Extravaganz und Unschicklichkeit, aber mir hat es eigentlich immer ganz gut gefallen. Vorausgesetzt natürlich, dass die so gewandete Dame über einen ansehnlichen Körper verfügte, was diese hier durchaus tat. Neben ihr lagerte ihr weit weniger gewinnender Gatte. »Da du unseren königlichen Gast bereits kennst«, fuhr Silvanus fort, »darf ich dir Sergius Nobilior vorstellen, den Vorsitzenden der Bankiersvereinigung in Ostia, der zur Zeit mit der Aufgabe betraut ist, die beklagenswerten Finanzen der Insel in Ordnung zu bringen. Und seine Frau Flavia.«
    Sie erklärten, sie fühlten sich geehrt, meine Bekanntschaft zu machen, was ich nicht minder aufrichtig erwiderte. Die Sitte, Frauen mit Männern gemeinsam am Tisch lagern zu lassen, war noch relativ neu und fand meine herzlichste Zustimmung. Auf dem Sofa zu meiner Rechten waren somit zwei schöne Frauen gegenüber einem hässlichen Mann deutlich in der Überzahl, was eigentlich nach jedermanns Maßstäben ein Fortschritt sein müsste, Catos vielleicht einmal ausgenommen.
    Die Besetzung des dritten Tisches war wiederum eine ganz andere Geschichte. Zwei Plätze waren durch ein paar von Kleopatras langweiligen Gelehrten besetzt, an deren Namen ich mich nicht mehr erinnern kann. Der letzte Gast indes war ein schelmisch aussehender junger Mann mit einem freundlichen Gesicht und einem einnehmenden Grinsen. Silvanus
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