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Die Schattenfrau

Die Schattenfrau

Titel: Die Schattenfrau
Autoren: Ake Edwardson
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verderben.
    »Dürfen wir das? Sein Haus auf den Kopf stellen?«, fragte Beier als Erstes. »Wird Wällde da zustimmen?«
    »Ich habe vorläufig freie Hand.« Winter strich ein Streichholz an und zündete sich einen Zigarillo an. »Ganz schön viel Freiheit«, meinte Beier. »Das ist jetzt nicht die Frage. Die Frage ist, ob es überhaupt möglich ist. Da bist du der Experte.«
    »Ich weiß«, sagte Beier. »Aber gerade jetzt empfinde ich es eher als Belastung.«
    »Nimm dich zusammen, Göran, und sag mir, wie wahrscheinlich es ist.«
    »Fingerabdrücke nach fünfundzwanzig Jahren... Du willst wirklich, dass wir hier die Tapeten runterreißen und Gott weiß wie viele Schichten freilegen, drei vielleicht oder fünf, um zu sehen, ob sich noch irgendwelche Fingerabdrücke darunter befinden... oder auf einer von den Schichten dazwischen.«
    »Ja. Vielleicht gibt es auch nur eine Schicht. Die oberste. Dann ist das Problem aus der Welt.«
    »Vergiss nicht, dass wir hier ein ganzes Haus absuchen müssen.«
    »Nein, klar. Aber wenn. Ich sage wenn. Es kann doch darunter noch etwas geben? Spuren von Fingerabdrücken?«
    »Ich weiß es tatsächlich nicht, Erik. Du willst die Wahrscheinlichkeit wissen? Ich glaube, sie ist gering, verdammt gering.«
    »Warum?«
    »Ich glaube, der Tapetenkleister wird alles verdorben haben. Besonders nach so langer Zeit. Der ist feucht und dringt tief ein.«
    »Aber du kannst nicht schwören, dass es so ist?« »Ich schwöre selten.«
    »Dann möchte ich, dass wir es zumindest versuchen. Willst du einen Versuch wagen, Göran?«
    »Ich habe noch an was anderes gedacht. Wenn einer Zeitungen oder anderes Papier lose in die Zwischenräume gestopft hat... sagen wir als Isoliermaterial vor fünfundzwanzig Jahren. Also wenn einer mit der Druckerschwärze an den schwitzigen Händen einen Abdruck hinterlassen hätte, sähe die Sache durchaus anders aus. Dafür haben wir gute chemische Methoden, an die du dich vielleicht noch aus der Schule erinnerst. Die Ninhydrinmethode.«
    »Ausgezeichnet. Ich bin dir dankbar, dass du es versuchen willst.«
    »Okay.«
    »Die Dänen machen schließlich das Gleiche.« »Was?«
    »Haben sie sich noch nicht bei dir gemeldet? Dann tun sie es bestimmt bald. Sie kratzen die Tapeten von den Wänden dieses Sommerhauses in Blokhus.«
    »Auf die gleiche Art? Was hoffen sie, dort zu finden?«
    »Spuren von damals«, meinte Winter. »Wir wissen, dass Helene dort war. Wie wäre es, wenn Georg Bremer auch dort gewesen wäre? Wie, wenn wir es beweisen könnten? Wie, wenn wir beweisen könnten, dass Helene Andersen als Kind in Bremers Haus war? Oder als Erwachsene?«
    »Dann fahren wir zum FBI nach Washington und halten Vorlesungen«, sagte Beier. »Also muss ich das geradezu machen.«
    »Washington ist jedenfalls besser als Sundsvall.«
    Der Wind heulte um Ödegärd, während drinnen die Tapeten von den Wänden gelöst wurden. Der Himmel war düster. Mitten am Tag. Schwarz wie die Nacht, dachte Winter, der vor der Windmühle stand. Die Flügel drehten sich im Wind, der ständig die Richtung wechselte. Der Wald wirkte bedrohlich bei diesem Wetter, schien sich ihnen entgegenzustellen, Winter und allen, die hergekommen waren, um Spuren zu suchen. Einer von denen, die zusahen, war Birgersson. Er war zusammen mit Wellman gekommen, und das war eine Sensation. »Wie hast du es angestellt, dass nicht die gesamte Presse hier zwischen unseren Technikern herumstiefelt?«, fragte Wellman.
    »Ich dachte, du hättest das geregelt«, antwortete Winter.
    Wellman überließ die Antwort dem Wind und schaute sich auf dem Grundstück um.
    »Verdammt unheimlicher Ort. Ödegärd. Passt wahrhaftig.«
    Aus dem Haus schallten laute Geräusche. Eine Säge bei der Arbeit. Vielleicht ein Spaten.
    »Im Keller ist vor kurzem gegraben worden«, sagte Birgersson. »Was sagst du da?«, fragte Wellman.
    »Im Keller ist frisch gegraben worden«, wiederholte Birgersson und blickte erschreckt zum Himmel hinauf, als ein Flugzeug direkt über ihnen zum Landeanflug ansetzte.
    »Verdammt«, fluchte Wellman. »Ein einziger Alptraum!«
    »Das ist die Wirklichkeit«, erwiderte Birgersson.
    Was weißt du schon von der Wirklichkeit, dachte Winter bei sich. Du bekommst sie bloß von mir auf Papieren, die du irgendwo an geheimen Stellen versteckst.
    »Was ist denn das?«, fragte Wellman und deutete auf das Bauwerk vor ihnen.
    »Erkennst du nicht, dass das eine Windmühle ist?«, fragte Birgersson ungläubig zurück. »Das sieht doch
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