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Die Schatten von Belfast

Die Schatten von Belfast

Titel: Die Schatten von Belfast
Autoren: Stuart Neville
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verletzt, aber noch lebend am Straßenrand, und zwei weitere waren über die Felder entkommen. Innerhalb von zehn Minuten hatte eine Bande einheimischer Jungs, die die Überlebenden auflesen sollten, sie eingefangen und in eine Kaschemme in einer Wohnsiedlung am Rande von Lurgan gebracht.
    Vincie Caffola hatte es damals besser als jeder andere verstanden, aus Leuten Informationen herauszupressen. Er war ein Baum von einem Mann, aber sehr langsam. Er wusste, wie man jemandem Schmerzen zufügte, auf diesem Gebiet war er ein wahrer Künstler, aber für einen echten Kampf war er nicht zu gebrauchen. Deshalb war Fegan mitgekommen, nur für alle Fälle.
    Die beiden UDR-Männer bluteten heftig, beide schrien vor Schmerzen und Angst. Sie hatten die Münder weit aufgerissen, aus den zertrümmerten Kiefern tropfte es blutrot, ihre Zähne lagen um sie herum verstreut auf dem Boden. Das bisschen, das sie wussten, hatten sie schon vor einer Stunde preisgegeben, aber Caffola machte trotzdem weiter. Er kniete gerade auf dem Boden und zog mit einer Zange einen Fußnagel aus, als plötzlich der Fuß, den er bearbeitete, zutrat und ihn aus dem Gleichgewicht warf. Caffola landete auf dem Rücken, und schon war der UDR-Mann auf den Beinen, und die Fesseln fielen von ihm ab. Caffola lag einfach nur da, stierte zu dem schreienden Soldaten hoch und konnte sich nicht rühren. Fegan schoss dem Soldaten ein Loch in den Kopf, noch bevor der einen weiteren Schritt machen konnte. Der andere, der immer noch an seinen Stuhl gefesselt war, heulte auf, als der Körper seines Kameraden zu Boden schlug. Fegan brachte ihn mit einem Schuss in die Schläfe zum Schweigen. Er sah auf Caffola hinab, der immer noch da lag, inmitten von Blut und seinen Zähnen. Dann befahl er ihm, die verdammte Sauerei zu beseitigen.
    Nun überlegte Fegan, welche Möglichkeiten er hatte. Wenn Caffolas Befragung in körperliche Gewalt ausartete, traute er sich schon zu, dass er mit dem Hünen fertig wurde. Aber an Flucht war nicht zu denken. Die Jungs würden ihm sofort auf den Fersen sein. Er beschloss, die Ruhe zu bewahren.
    »Ich kenne keine Ausländer«, sagte er.
    »Dann kennst du also auch nicht dieses Miststück hier?« Caffola marschierte zu einem Schrank und öffnete die Tür. Darin lag zusammengekrümmt ein hagerer Mann, an Händen und Füßen gefesselt. Zitternd starrte er sie an. Sein Anzug war voller Blutflecken.
    Die beiden UDR-Männer zogen sich wieder in ihre dunklen Ecken zurück, Fegan verlor sie in der allgemeinen Düsternis aus den Augen. Der Schmerz hinter seinen Augäpfeln simmerte nur noch.
    »Nein«, sagte er. »Den habe ich noch nie gesehen.«
    Caffola griff zu und riss dem Mann den Knebel vom Mund. Er zeigte auf Fegan. »Kennst du den?«
    Der Mann stierte erst Fegan an, dann wieder Caffola. Er schüttelte den Kopf.
    »Bist du dir sicher?«
    Der Mann hob seine gefesselten Hände und fing an, in irgendeiner slawischen Sprache zu flehen. Caffola umklammerte, um Schwung zu holen, mit beiden Händen den Türrahmen und trat wieder und wieder mit dem Stiefel in den Schrank. Das Klatschen von Leder auf Fleisch unterstrich jedes seiner Worte: »Red … Englisch… du… dreckiger… Bastard… sonst… trete… ich… dir… die … Fresse … ein.«
    »Aufhören!«, schrie der Mann. »Bitte, Sir, aufhören!«
    »Komm da raus!«, befahl Caffola und packte den blonden Haarschopf. Dann zerrte er, und der Mann folgte schreiend. »Ich brauche den Stuhl, Gerry.«
    Fegan stand auf und verzog sich in eine Ecke.
    Caffola hievte den Mann auf den Stuhl und zeigte auf Fegan. »Kennst du den?«
    Der Mann schüttelte den Kopf.
    »Weder kennt er mich, noch kenne ich ihn«, sagte Fegan.
    Caffola hob eine Hand, um seinen alten Kameraden zum Schweigen zu bringen. »Na schön, ich wollte nur sichergehen. Jetzt wollen wir mal sehen, was er denn sonst weiß.«
    Die entsetzten Augen des Mannes schossen zwischen Fegan und Caffola hin und her. Sein Atem ging flach und keuchend. Ein bitterer, scharfer Gestank füllte den Raum.
    »Wer ist das?«, fragte Fegan.
    »Das ist Petras Adamkus«, erklärte Caffola. »Sag hallo, Petras.«
    Petras stierte von einem Mann zum anderen. Caffola gab ihm eine schallende Ohrfeige. »Ich sagte, sag hallo!«
    »Hallo«, gehorchte Petras kreischend. »Schon besser«, sagte Caffola. »Und jetzt mal zur Sache. Warum hast du Michael McKenna getötet?« Petras stierte nur zu Caffola hoch.
    Caffola schlug ihn noch einmal, diesmal fester. »Warum hast du
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