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Die Scanner

Die Scanner

Titel: Die Scanner
Autoren: Robert Sonntag
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Sehnsucht.«
    Melli und Jojo waren seit einem Jahr zusammen.
    »Was habt ihr vor?«, fragte ich.
    »Spaziergang in der Parkhalle.«
    Klang romantisch, praktisch sah das aber so aus: Jojo spazierte mit seiner Mobril an Plastikbäumen entlang. Melli schaute ihm in einer anderen Stadt ein paar tausend Kilometer entfernt dabei zu. Ob ich trotzdem neidisch war? Ja!
    Sie hatten sich über Ultranetz kennengelernt. Die Partneragentur ( Superpartner sofort ) stellte eine 95,2-prozentige Übereinstimmung ihrer Profile fest. Gen-Eignungstest und Finanzcheck waren erfolgreich. Die ungünstige Entfernung machte die fehlenden 4,8 Prozentpunkte aus.
    Melli hatte Infotech studiert und passte wohl schon deshalb super zu Jojo. Sie hatten sich noch nie richtig getroffen, aber das war bei Ultranetz-Beziehungen vollkommen normal.
    »Was dagegen, wenn ich die Route ändere?«, fragte mich der Taxifahrer und riss mich aus meinen Gedanken.
    »Wieso?«
    »Weil wir ein paar Fans haben. Und das wollte Ihr Freund nicht. Da vorne gibt’s ein altes Parkhaus mit mehreren Ausgängen.«
    Ich dachte sofort an die schweren Jungs der Sicherheits-Scanner und an Nomos. Ich war gerade auf dem besten Weg, meinen Job zu verlieren. Mein Schweigen interpretierte der Taxifahrer als Zustimmung und bog scharf in die Einfahrt ab. Wir sausten mit dem Auto-Lift in die oberste Etage, von da vier Etagen runter, drehten einen Kreis auf der kompletten Ebene, und irgendwann fühlte ich mich so wie im Metro-Gleiter. Aber wir hatten die Verfolger abgehängt.
    »Würden Sie bitte Ihre Mobril absetzen«, forderte ich den Fahrer auf.
    Arne Bergmanns Verfolgungswahn war irgendwie ansteckend. Vielleicht hatte der Mann am Steuer auf öffentlichen Empfang geschaltet. Dann müsste ich das Kopfgeld mit ein paar tausend Ultranetz-Nutzern teilen. Aber ich war Arne Bergmann auf den Fersen. Und ich riskierte hier gerade alles. Sonst niemand.
    Der Taxifahrer lachte. »Das ist ’ne Sonnenbrille.«
    Er tippte sich auf die dunklen Gläser. »Ihr Freund hatte mich schon auf Ihre Mobril-Allergie angesprochen. In der C-Zone mögen’s ja manche lieber geheimnisvoll. Und wie ich Ihrem Freund schon gesagt hab, für ’nen 20er extra fahre ich Sie auch nackt durch die Stadt.«
    Ich entwarf auf dem Beifahrersitz einen groben Plan für die kommenden Ereignisse: Arne Bergmann treffen. Vorwand finden (noch keine genaue Idee, was eigentlich). Ihn kurz verlassen. Mobril leihen (ebenso offen, von wem überhaupt). Sicherheits-Scanner informieren. Bergmann hinhalten. Über irgendetwas sprechen. Ihn verhaften lassen. Geld kassieren. Fertig.
    Und dann auf Ultranetz ausführlich über das große Abenteuer berichten und neue Freunde einsammeln. Mir fehlten noch 6500, damit meine Liste zu den Top-100 des achten Quartiers gehörte.

    Ich ignorierte den Taxifahrer erfolgreich. Irgendwann verschonte er mich mit seinen Kommentaren. Er ließ sich eine alte Komödie auf die Frontscheibe projizieren und tat so, als würde er sich trotzdem auf den Verkehr konzentrieren.
    Ich schaute durch das getönte Fenster an meiner Seite. Das Einzige, was ich von der C-Zone kannte, waren die Haltestellen der Metro-Gleiter. Und das Grau in Grau, das am Fenster vorbeiflitzte. Jojo und ich fuhren auf der Suche nach Lesern immer bis zur letzten Station der C-Zone. Und von da wieder direkt in die A-Heimat.
    Jeder, der in der A-Zone keinen Job fand, zog in die B-Zone. Wer dort nicht Fuß fassen konnte, wollte dennoch bleiben. Und zwar mit allen Mitteln. Die C-Zone galt als der gefährliche Seniorengürtel der Stadt. Gefährlich waren aber nicht die vielen Alten. Um die unzähligen Rentnerheime und Senioren-Schlafsäle hatte sich eine kriminelle Nachbarschaft angesiedelt. Zumindest wurde davon täglich in den Ultranetz-Nachrichten berichtet.
    »24 Tote bei Überfall in C-Zonen-Reinigungsfabrik.«
    »Rentner ermordet – Mobril gestohlen!«
    »Quarantäne nach dritter Epidemie im Randquartier!«
    »Die C-Zone gilt als rechtsfreier Raum«, hatte mir meine alte Professorin nach einer Einheit Altwissen gesagt.
    »Keine Ahnung. Ich hab dort den Metro-Gleiter noch nie verlassen«, antwortete ich ihr.
    »Die Polizei der Zonenverwaltung unternimmt nichts in der C-Zone.«
    »Und wieso?«, fragte ich.
    »Weil die Polizei davon profitiert. Alle Problemfälle der Stadt versammeln sich in einer Zone und machen somit keinen Ärger in den anderen Zonen.«
    Meine Professorin erzählte oft so komische Sachen.
    Doch von all den Bösen und
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