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Die Sau und der Mörder

Die Sau und der Mörder

Titel: Die Sau und der Mörder
Autoren: Martin Springenberg/Michael Bresser
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, verzog sie den hübschen Mund.
    »Für den
weiten Weg hast du maximal eine Dreiviertelstunde gebraucht. Wenns unbedingt
sein muss, spendier ich noch einen Kaffee, obwohl...« — musterte ich den
beigefarbenen Kaftan — »... du wahrscheinlich lieber Mate-Tee trinkst, right ?«
    »Kaffee ist
okay«, stammelte sie völlig verblüfft ob meiner schroffen Art. »Hör mal, ich
weiß, dass du verärgert warst, als ich dich verlassen habe, aber man kann doch
mal einen Fehler machen, oder etwa nicht ?«
    »Welche
Drogen hast du denn genommen ?« , hatte sie mit dem
Verärgertsein durchaus recht, aber aus gänzlich anderen Gründen. Es musste doch
selbst ihr klar sein, was sie hier für ein Affentheater veranstaltete. »Schon
mal was von Telefon gehört ?«
    »Du hättest
bestimmt sofort aufgelegt«, setzte sie an.
    »Korrekt«,
bestätigte ich ihre Menschenkenntnis. »Ich habe mir hier ein phantastisches
Leben aufgebaut, bin der gefragteste Schnüffler weit und breit« — nicht schwer
bei der hohen Detektivdichte in der Gegend — »und bewirtschafte nebenbei einen
kleinen, aber feinen Kotten. Ich bin nah der Glückseligkeit, wozu sollte ich
eine Frau Klimke brauchen ?«
    »Sei nicht so
garstig, Dieter. Ich habe mein Leben geändert, glaub mir .«
    »Mir geht’s
aber primär um mein Leben, und da ist für Verflossene kein Platz«, rief ich aus
der Küche und schüppte Kaffeepulver in einen Filter.
    Während der
Zubereitung und Vertilgung des Koffeingemischs ließ Bettina ihre
Post-Dieter-Ära Revue passieren:
    1. Sie war aus der Firma ihres Vaters
ausgestiegen, weil sie den Kapitalismus verachtete (nach dem Besuch bei einem
spirituellen Lehrer aus Indien, der für eine einstündige Beratung das sagenhaft
günstige Honorar von 500 Euro kassiert hatte, das er selbstverständlich an
bedürftige Kinder im Ganges-Delta spendete).
    2. Es war vielleicht ein Fehler,
Dieter R. Nannen zu verlassen, mit Betonung auf »vielleicht«.
    3. Sie hatte beim Frühjahrsputz meine
German-Thrash-Demotapes aus den 8oern gefunden, sie auf CD gebrannt und mit
einem liebevollen Cover versehen.
    4. Sie hatte nach mir keinen Mann mehr
gehabt.
    5. Sie wollte aussteigen und aus
diesem Grund eine Testwoche auf meinem Hof verbringen. (Andere Aussteiger
gingen nach Neuseeland oder Kanada, warum nicht sie?)
    6. Sie hatte noch ein Kuvert mit
ausstehenden Gehältern in Höhe von 8350 Euro, das sie mir nach den Ferien auf dem
Bauernhof überreichen wollte.
    So mein
Destillat aus zwei Stunden blumiger Prosa. »Gut, lassen wir es auf einen
Versuch ankommen. Die Pension Nannen steht dir von Freitagmittag bis
Mittwochmorgen zur Verfügung. Aber eines ist von vornherein klar: Ich erwarte,
dass du sämtliche bäuerlichen Pflichten wahrnimmst. Zu hundertzwanzig Prozent.
Ansonsten kannst du dich gleich in die Bummellock Richtung Essen setzen .«
    Diesen
Luxusurlaub hatte meine Ex lediglich den Punkten drei und sechs ihrer Litanei
zu verdanken. Und da sollte einer noch behaupten, Männer wären gegenüber
emotionalen Argumenten nicht aufgeschlossen.
    »Natürlich,
Dieter. Ich will meinen Lebensunterhalt mit meiner Hände Arbeit verdienen.
Anders können wir das System nicht zum Besseren verwandeln .«
    Nach einigen
freundlichen Plattitüden meinerseits und weiterem Sozigesabbel ihrerseits
komplimentierte ich sie zur Tür hinaus. Jetzt aber ran an den Bericht für den
Psychodoc.
    Nach acht
Tassen Kaffee und einer Schachtel Zigaretten hatte ich die geforderten dreißig
Seiten Phantastik zu Papier gebracht. Die Geschichten über mein hartes,
ungerechtes Leben waren mir geradezu aus den malträtierten Fingern geflossen.
    Da ich gerade
ein kreatives Hoch durchlebte, plante ich meine ersten Schritte für den neuen
Auftrag. Vaganz war sicherlich keine zuverlässige Informationsquelle, also erst
mal Freunde und Bekannte des Toten interviewen. Wenn alles nichts half, musste
ich mir wohl oder übel Hermanns literarisches Vermächtnis zu Gemüte führen. 300
Euro Schnüfflerlohn war vielleicht doch zu karg bemessen.
    Das Klingeln
des Telefons schreckte mich hoch, es war bereits halb elf.
    »Nannen.«
    »Sie
untersuchen den Tod von Hermann Grutz ?« , drang eine
verzerrte Stimme an mein Ohr.
    »Wer ist da ?« , konnte ich mich spontan an keinen Bekannten erinnern,
der am Bahnhof oder Flughafen die Verspätungen durchgab.
    »Knöpfen Sie
sich mal den Bruhns vor, Gisbert Bruhns. Ist nicht besonders gut weggekommen in
Hermanns Büchern. Ende der Durchsage .« Die Leitung war
tot.
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