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Die Sau und der Mörder

Die Sau und der Mörder

Titel: Die Sau und der Mörder
Autoren: Martin Springenberg/Michael Bresser
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    Xtra
versuchte sich aufzurichten, was kläglich scheiterte.
    »Was
geschieht mit mir? Lassen Sie uns über alles reden. Nächste Woche erhalte ich
Tantiemen für einen Gedichtband. Ich zahle jede Summe, die in meiner Macht
steht .«
    »Auf
Wiedersehen.«
    Während
Vaganz mir immer phantastischere Beträge hinterherbrüllte, ging ich in die
Diele, nahm den Hörer von einem Art-deco-Dobermann und tippte Sarahs Nummer in
die gefletschten Zähne.
    Irgendetwas
hielt mich jedoch zurück, die grüne Bestätigungstaste zu drücken. Klar,
Vaginowski hatte Connie auf dem Gewissen, und gewisse Hassgefühle meinerseits
ließen sich deshalb nicht leugnen. Aber dieser Anruf würde Xtras Tod bedeuten,
und das war mir moralisch nun doch zu heikel. Was also tun?
    Ein
ohrenbetäubender Knall zerriss die nachdenkliche Stille. Scheiße. Ich stopfte
dem Dobermann den Hörer ins Maul und spurtete ins Nachbarzimmer. Kein schönes
Bild: Der große Dichterfürst lag etwas kopflos auf dem dicken Teppich. Irgendwie
war es ihm gelungen, die Kordeln zu lösen, und dann hatte er sich eine Pistole
an den Schädel gehalten und abgedrückt. Nichts wie weg hier.
    Während der
Rückfahrt zu meinem Kotten rief ich Sarah Müller an, die sich zwar
grundsätzlich erfreut über meine detektivischen Fähigkeiten zeigte, Vaganz aber
gerne selbst erledigt hätte. Ich war diesen Dreck satt, deshalb teilte ich ihr mit, wohin sie den Scheck schicken sollte, und
legte auf.
    Zu Hause fiel
ich wie ein Stein ins Bett.

27
     
     
    I ch schlief bis in die Puppen. Als ich
gegen Mittag endlich aus dem Bett gekrochen und eine leckere Tiefkühlmahlzeit
vertilgt hatte, widmete ich mich meinem Bücher- und Tonträgerfundus. Den
gesamten Tag verbrachte ich mit der Lektüre einiger Klassiker bei anständiger
Musikbeschallung; Bettinas liebevoll gestaltete CDs spielten dabei die
Hauptrolle. Nach all den aufregenden Tagen genoss ich den Müßiggang in vollen
Zügen. Nachdem ich mir im Sportkanal die Bundesliga Classics der Saison
1997/1998 angeschaut hatte, war der produktive Donnerstag auch schon wieder
vorbei.
    Am nächsten
Morgen weckte mich das Klappern des Briefkastens. Mit Pantoffeln und Bademantel
bewaffnet schlurfte ich zur Tür. Im Schlitz steckten der Dülmener Kurier und
mehrere Briefe. Als Erstes riss ich ein unbeschriftetes, unfrankiertes Kuvert
auf, und heraus segelte ein Verrechnungsscheck über 7000 Euro für investigative
Dienstleistungen; ausgestellt von einer Export-Import-Firma mit dem sinnigen
Namen »Transnett«. Das waren 2000 Euro über der vereinbarten Summe. Zusammen
mit den 5000 Strippen aus Lienens Kühlschrank, die ich selbstverständlich nicht
dem Direktor der Dülmener Sparkasse gemeldet hatte, und Vaginowskis Überweisung
ergab das ein Sümmchen, für das eine alte Frau lange stricken musste. Nicht zu
vergessen die Penunzen, die ich von Bettina bekommen hatte.
    Ich war
reich!
    Flott die
Zeitungsbeilagen durchblättern, was ich mir jetzt so alles leisten konnte. In
diesem Zusammenhang konnte ich auch gleich mal den Lokalteil studieren.
    Bingo!
     
    Ein an Erfüllung reiches Leben fand
ein tragisches Ende
    von
Gerhard Tilke.
     
    Der Dülmener Kurier beklagt den Tod
seines langjährigen freien Mitarbeiters Xtra Vaganz. Vaganz wurde gestern Nacht
erschossen in seiner Wohnung aufgefunden. Die Polizei, so Oberwachtmeister
Ludger Reichert gegenüber dem DK, geht von Suizid aus.
    Xtra
Vaganz machte sich mit den Gedichtbänden Es grünt im Grünen Grünes grün und Orchideen
durchbrechen Asphalt einen Namen in der zeitgenössischen
Literaturlandschaft. »Sein Tod ist ein unermesslicher Verlust für die Dülmener
und die bundesdeutsche Literatur«, erklärte Vaganz’ Kollege und Freund Heiner
Hein.
    Den Lesern
des DK werden Xtras lyrische Kleinode wie Sing lauter, kleine Nachtigall oder Hochgewachsene
Muse im Abendkleid in unvergesslicher Erinnerung bleiben. Zum Gedenken
werden wir in den kommenden Wochenendbeilagen Gedichte unseres lieben
Verstorbenen abdrucken.
     
    Unter dem Nachruf befand sich ein
Gedicht namens Puste dem Sensenmann mutig ins Gesicht, das Vaginowski
eine Woche vor seinem Tod verfasst hatte. Tilke warf die literaturgeschichtlich
wichtige Frage auf, ob Vaganz seinen gewaltsamen Tod erahnt hatte. Da mich die
Antwort nicht interessierte, faltete ich das Käseblatt zusammen.
    Bei den
übrigen Briefen handelte es sich ausschließlich um Prospekte von Autofirmen,
die ich angeschrieben hatte. Jetzt konnte ich es mir ja leisten.
    Es
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