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Die Sau und der Mörder

Die Sau und der Mörder

Titel: Die Sau und der Mörder
Autoren: Martin Springenberg/Michael Bresser
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geöffnet. Mit einem
waghalsigen Sprung gelangte ich in den spärlich beleuchteten Krankenhauspark,
der verlassen war wie Münster an einem fahrradfreien Sonntag. Ich rannte, was
Beine und Lunge hergaben, und gelangte zu den Parkplätzen. Bis auf wenige
Autos, darunter meines, war nichts zu sehen.
    Plötzlich
jaulte der letzte Wagen in der Reihe auf, setzte zurück, wendete und schoss
ohne Abblendlicht an mir vorbei.
    Als mein Golf
die Straße erreichte, war die Karre natürlich über alle Berge. Nur eine Ente
mit betrunkenen Studenten schlingerte über den Asphalt. Das frühzeitige Ende
der Verfolgungsjagd störte mich nicht weiter. Ich wusste, wo ich zu suchen
hatte.
    Eine
Viertelstunde später stand ich vor der Tür des Hauses Lippweg 8. Der Architekt
hatte ungeschickt verschiedene Epochen miteinander vermischt. Klassizistische
Säulen, verspielte Rokokoerker und mit Bauernmalerei verzierte Fensterläden
ergaben ein für den Ästheten ungenießbares Konglomerat. Ich schellte. Als die
Schneedecke um weitere zehn Zentimeter angewachsen war, drang Licht durch eine
Ritze und schwere Schritte schlurften zur Tür. Dann wurde geöffnet.
    Der Hausherr
stand im schwarzen, mit asiatischen Schriftzeichen bestickten Morgenmantel und
einer Schlafmütze vor mir und rieb sich die Augen.
    »Herr Nannen?
So viel Plaisir mir sonst eine Begegnung mit Ihnen bereitet, finden Sie nicht,
dass dies eine reichlich unpassende Uhrzeit ist, mir eine Aufwartung zu machen?
Sie haben mich aus einem inspirierenden Traum gerissen. Bonne nuit .«
    Bevor er die
Tür zuschlagen konnte, hatte ich mich in die Diele geschlängelt.
    »Monsieur,
das geht zu weit. Ich ziehe ernsthaft in Erwägung, die Polizei zu rufen, obwohl
das meinem Naturell zuwiderlaufen würde .«
    Ich warf
meine Jacke über eine Eichendorffbüste und schlenderte in die Richtung, in der
ich das Wohnzimmer vermutete.
    »Hat Ihre
gewalttätige Profession Ihnen den letzten Funken Verstand geraubt? Sie
zerstören den Frieden meiner Dichterklause«, schrillte Vaganz.
    Ich störte
mich nicht an dem Gekeife, sondern betrat einen Raum, der als Gesellschafts-
und Arbeitszimmer zu dienen schien. Die Stühle waren vergoldet und wirkten wie
Kopien französischer Herrscherstühle aus dem 18. Jahrhundert. Sie waren um eine
hölzerne Tafel gruppiert, an der gut und gerne ein komplettes Fußballteam Platz
fand, Auswechselspieler inklusive. Die Bücherregale mit den verstaubten
Antiquariatsbeständen boten Nahrung für mehrere Holzwurmdynastien. Ich ließ
mich auf den Bürostuhl vor den mit Papieren übersäten Schreibtisch fallen.
    »Wenn Sie mir
nicht sofort die Gründe dieser Ruhestörung explizieren, werde ich nicht
umhinkönnen, unsere Ordnungshüter zu verständigen«, hatte Vaginowski sich
drohend vor mir aufgebaut.
    »Haben Sie
die französischen Existenzialisten gelesen ?« , sah ich
ihm kalt in die Augen.
    »Ich
verabscheue dieses Pack von Atheisten und Kommunisten zutiefst«, wich er meinem
Blick aus. »Wenn Sie wollen, kann ich Ihnen einen Aufsatz von mir zu dieser
Epoche der Unliteratur geben .«
    »Sartre hat 1947 ein Drehbuch namens >Les
jeux sont faits< verfasst. Kennen Sie es ?« , ließ
ich mich nicht aus der Ruhe bringen.
    »Naturellement!
Was soll das alles ?«
    »Der Titel
beschreibt exakt Ihre derzeitige Situation. Wo waren Sie in den letzten Stunden ?«
    Xtras Augen
bekamen einen lauernden Blick: »Im Bett. Ich ließ es Sie bereits wissen .«
    Ich sprang
auf und riss den Morgenmantel auf: »Schläft es sich gut in Hemd und
Bundfaltenhose ?«
    Wenn Blicke
töten könnten, wäre es um mich geschehen gewesen. Da dies aber nicht der Fall
war, versuchte Vaganz, mich auf andere Weise außer Gefecht zu setzen. Ehe ich
mich versah, hatte mich eine ansatzlose Linke zu Boden gestreckt. Als der
Dichter ansetzte, mich ins Land der Träume zu befördern, rammte ich ihm mein
Bein in den Bauch und knallte ihm eine satte Gerade vor den Latz. Die Wucht
schleuderte ihn nach hinten auf einen der Stühle, der krachend in seine Bestandteile
zerfiel.
    Bevor er sich
aufrappeln konnte, war ich über ihm und streichelte seine Schläfe mit meiner
Faust. Die beabsichtigte narkotisierende Wirkung blieb nicht aus.
    Ich riss zwei
Kordeln von der Gardinenstange und verschnürte den Bewusstlosen fachgerecht.
Als ich sicher war, dass er sich nicht befreien konnte, holte ich eine Schüssel
Wasser aus der Küche und schüttete ihm das belebende Nass ins malträtierte
Gesicht. Leider rutschte mir die Schüssel
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