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Die Samenhändlerin (German Edition)

Die Samenhändlerin (German Edition)

Titel: Die Samenhändlerin (German Edition)
Autoren: Petra Durst-Benning
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ihrer Ankunft etwas zum Essen vorgesetzt hatte. Fürs Abendbrot hatte sie dann bei Antje eine besonders kräftige Suppe in Auftrag gegeben.
    Mit zitternder Hand hielt Margarita nun Gottlieb Kerner den Brotkorb hin. Er nahm eine weitere Scheibe, schmierte dick Schmalz darauf, streute Salz darüber. Sie nickte zufrieden.
    Ein guter Mann. Der gekommen war, um seinem Sohn beizustehen.
    Valentin hatte ihn erkannt, das war ein gutes Zeichen. Sein Fieber war noch immer hoch, die meiste Zeit schlief er unruhig, geplagt von Gott weiß welchen Dämonen. Aber manchmal, urplötzlich, schlug er die Augen auf und sah sich um. »Margarita … du …«
    Für diese Momente lebte Margarita. Wenn er sie nur oft genug an seinem Bett erkannte, wenn er nur oft genug spürte, wie sie ihm Kraft zu geben versuchte, dann würde alles gut werden.
    Auch heute, kurz nach Mittag, hatte es einen solchen Moment gegeben. Valentin hatte die flatternden Lider gehoben und Gottlieb Kerner gesehen. »Vater?« Nur ein Flüstern, ungläubig, fast nicht zu hören. Und dann nochmals, tief Luft ausstoßend: »Vater.« Er hatte gelächelt, Margarita hatte es genaugesehen. Er hatte gelächelt. Jetzt wird er wieder gesund – davon war sie fest überzeugt gewesen. Der Vater würde seinen Sohn wieder ins Leben ziehen, es war alles nur noch eine Frage der Zeit. Nun war Margarita froh, die Nachricht nach Gönningen geschickt zu haben.
    Dann aber hatte sie sich an Valentins Bett gesetzt. Hatte seine Hand genommen, die Hand, die Margarita selbst so viele Tage gehalten hatte, an der sie inzwischen jede Narbe, jede Rille, jedes Stückchen Hornhaut kannte. Unbeholfen hatte die Geste auf Margarita gewirkt, irgendwie aufgesetzt. Lass ihn los! , hätte sie am liebsten geschrien, stattdessen biss sie sich so fest auf die Unterlippe, dass sie Blut schmeckte.
    Kurz darauf war es losgegangen.
    »Seraphine …«
    Immer wieder: »Seraphine!«
    Von weit her kamen seine Rufe, wirr war sein Blick durch die Kammer gerast, nicht sehend, dafür suchend. Kein wacher Moment wie zuvor bei seinem Vater. Eher panisch, gehetzt, voller Angst.
    Erkannt hatte er sie nicht. Trotzdem musste er ihre Anwesenheit gespürt haben. Konnte er sie riechen? Vermittelte sie ihm geheime Botschaften?, fragte sich Margarita verzweifelt.
    »Er klammert sich fest. So, als warte er auf etwas …« Die Worte des Arztes fielen Margarita ein, schnitten ihr ins Herz, so schmerzhaft wie Valentins Rufe. Hatte er auf sie gewartet? Den Gedanken wollte sich Margarita nicht erlauben.
    Keine halbe Stunde später war das Fieber in solche Höhen gestiegen, dass Margarita glaubte, es ginge zu Ende. Valentins Körper zuckte wie von Peitschenhieben gepeinigt, Spucke lief ihm aus dem Mund, die Augen waren glasig, entrückt. Margarita hatte sie davongescheucht, hatte Valentin von oben bis unten gewaschen, ihn mit dem weichsten Tuch abgetrocknet, das sie finden konnte, ihm frische Sachen angezogen.
    Sie hatte von der Tür aus zugeschaut, wie sich der Kranke hin- und herwarf, als wehre er sich gegen jede von Margaritas Zuwendungen. Wirr hatte er vor sich hin gebrabbelt, Margarita war sich sicher, dass er nun endgültig seinen Verstand verlor. Dazwischen immer wieder sein Schrei nach ihr. »Seraphine!«
    Sie war bei jedem Ruf zusammengezuckt. Genau wie Margarita.
    Warum ruft er nach ihr, wenn es ihn so graust? Warum ruft er nicht nach mir?
    Das Klirren von Porzellan ließ Margarita aufschrecken.
    »Ihr müsst mich entschuldigen, ich habe noch dringende Geschäfte mit meinem Nachbarn zu erledigen!« Piet schob seinen Stuhl zurück und verabschiedete sich mit einem Kopfnicken. Im Türrahmen winkte er seine Tochter zu sich.
    »Jetzt kann ja die Ehefrau an Valentins Bett wachen. Schau, dass du eine Nacht Schlaf bekommst, du siehst aus wie der Tod persönlich!« Seine Augen waren dunkel von Vorwurf und Sorge.
    Mit einem Ächzen erhob sich auch Gottlieb. »Ihr Vater hat Recht, Sie müssen sich erholen. Ich werde bei meinem Sohn sitzen.«
    »Aber ich –«, hob Margarita an.
    Kopfschüttelnd legte Gottlieb ihr eine Hand auf den Arm.
    »Keine Widerrede. Sie haben mehr für Valentin getan als jeder andere« – sein Blick fiel auf Seraphine, die in sich zusammengesunken am Tisch saß –, »Gott segne Sie dafür.«
    Margarita blieb nichts anderes übrig, als zuzustimmen. Um sich abzulenken, begann sie, das Geschirr zu spülen. Eigentlich wäre das Antjes Aufgabe gewesen, aber die Vorstellung, sich zu Valentins Frau an den Tisch zu
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