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Die Saga von Thale 03 - Die Hüterin des Elfenfeuers

Die Saga von Thale 03 - Die Hüterin des Elfenfeuers

Titel: Die Saga von Thale 03 - Die Hüterin des Elfenfeuers
Autoren: Monika Felten
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Er zwinkerte Paira zu.
    »Das Weib soll die Sachen bis Sonnenuntergang zum Haus der Sinne bringen«, raunzte der Dicke unwirsch und fügte nicht ohne Stolz hinzu: »Es gehört meinem Vater.« Er packte den Jungen am Arm und schob ihn grob vor sich her. Als er an dem Nebelelf vorbeiging, reckte er sich in die Höhe und zischte so leise, dass nur dieser es hören konnte: »Wir treffen uns wieder, Bastard.« Dann versetzte er dem Jungen einen kräftigen Stoß und verschwand in der Menge.
    Naemy war fort, doch die Gütige Göttin dachte nicht daran, das Bild der nächtlichen, von unzähligen Feuern erhellten Ebene zu löschen.
    Schweigend betrachtete sie das gewaltige Heerlager längst vergangener Zeiten und fragte sich, wieso sie damals so blind gewesen war. Doch der Mangel an Wachsamkeit war nur der erste einer ganzen Reihe von Fehlern gewesen, die ihr seinerzeit unterlaufen waren. Fehler, die viele - zu viele - Bewohner von Thale mit dem Leben bezahlt hatten. Die Nebelelfen und Riesenalpe waren fast ausgerottet worden, und das Volk der Menschen hatte lange in Knechtschaft und Unterdrückung leben müssen.
    Die Göttin seufzte und schob die bitteren Erinnerungen energisch bei Seite. Was geschehen war, konnte nicht mehr geändert werden. Aber die Irrtümer und Unterlassungen der Vergangenheit waren dazu angetan, die richtigen Lehren daraus zu ziehen, und gerade jetzt, da das Schicksal Thaies allein auf den Schultern der Nebelelfe ruhte, durfte sie sich keinen einzigen Fehler erlauben. Naemy besaß ihr vollstes Vertrauen. Nie zuvor hatte die Göttin einem sterblichen Bewohner Thaies eine so wichtige Aufgabe anvertraut. Dennoch war die Nebelelfe nur ein vergängliches Wesen mit allen Schwächen und Stärken ihrer Rasse. Sie hatte die Aufgabe angenommen, und die Göttin zweifelte nicht daran, dass sie ihre ganze Kraft darauf verwenden würde; dennoch plagten sie Zweifel, die sich noch verstärkten, als sie an die letzten Worte zurückdachte, die sie mit Naemy gewechselt hatte.
    »Und vergiss niemals: Die Gruppe muss zusammenbleiben, bis ihr die Berge überwunden habt«, hatte sie Naemy unmittelbar vor dem Aufbruch noch einmal ermahnt. Die Nebelelfe hatte zunächst genickt, doch dann waren ihr Bedenken gekommen. »Das ist mir wohl bewusst, aber was ist, wenn einer der Geretteten die Gruppe verlassen will?«
    »Dann musst du ihn davon überzeugen, dass eine Umkehr unmöglich ist.«
    »Und wenn er sich nicht umstimmen lässt?«
    »Dann musst du ihn töten!« Die Göttin hatte bemerkt, wie Naemy erbleicht war, und hinzugefügt:
    »Die Geretteten dürfen den anderen Bewohnern Thaies keinesfalls begegnen. Die Heimat zu verlassen ist der Preis, den sie für ihre Rettung zu zahlen haben. Sie müssen fort aus Thale - für immer. Entfernt sich nur ein Einziger aus der Gruppe, so kann das für die Zukunft des Landes unabsehbare Folgen haben.«
    »Ich verstehe.« Naemy hatte genickt.
    »Und - wirst du es tun?«, hatte die Göttin gefragt.
    Darauf hatte die Elfe lange geschwiegen. Es war ihr deutlich anzusehen gewesen, wie sie mit sich gerungen hatte, und schließlich hatte sie nur ausweichend geantwortet: »Niemand wird die Gruppe verlassen. Darauf habt Ihr mein Wort.«
    Die Göttin hatte es dabei bewenden lassen, doch zufrieden war sie mit der Antwort nicht. Zu groß war die Gefahr, dass Naemy versagte, wenn es darauf ankam. Gewiss, sie war eine treue Dienerin, aber würde sie es wirklich fertig bringen, notfalls gar einen Angehörigen ihres Volkes zu töten? Die Göttin wusste es nicht. Sie vertraute Naemy, aber diesmal durfte sie kein Wagnis eingehen.
    Die Rettung von zwei Dutzend Nebelelfen und deren Reise in das Land jenseits des Ylmazur-Gebirges waren für die Zukunft Thaies von größter Wichtigkeit. Wenn Naemy scheiterte, würde die zukünftige Geschichte Thaies neu geschrieben werden: Nimrod würde dem Wüten des Feuerdämons und den Horden der Cha-Gurrlinen zum Opfer fallen.
    Schweigend sandte die Göttin einen Gedanken durch die Halle der Träume. Der lautlose Ruf schwebte hinaus in die Gärten des Lebens, und jene, die gerufen wurde, erschien nur wenige Augenblicke später.
    »Ihr habt nach mir verlangt?« Eine dunkelhaarige Frau schwebte auf die Göttin zu, faltete die Hände vor dem Gesicht und verneigte sich ehrfürchtig. Ihr langes dunkles Haar, das über die Schultern bis zu den Hüften hinabfloss, schimmerte seidig; es bildete einen starken Kontrast zu der elfenbeinfarbenen Haut und dem fließenden hellgrünen Gewand
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