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Die Saga vom Eisvolk 08 - Die Henkerstochter

Die Saga vom Eisvolk 08 - Die Henkerstochter

Titel: Die Saga vom Eisvolk 08 - Die Henkerstochter
Autoren: Margit Sandemo
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eine Flotte nach Dänemark zu entsenden, und England drohte die ganze Zeit im Hintergrund und hielt ein hellwaches Auge auf die Allianz der beiden Staaten. Es gab wiederholt Unruhen an der Grenze zwischen Schweden und Norwegen, die Kämpfe um Jämtland und Härjedalen und Bohuslän hielten immer noch an. Wie es hieß, sollten möglicherweise norwegische Bauern zur Verteidigung dorthin geschickt werden. In dem Fall würden auch die jüngeren Männer des Eisvolks eingezogen werden - Andreas, Mattias und Kaleb. All das waren äußere Zwistigkeiten. Innerhalb der Familie hielt man jetzt umsomehr zusammen.
    Frühmorgens an einem Tag im April wurde das Handtuch auf Elistrand gehißt.
    Die Frauen auf den anderen Höfen hatten schon Tag um Tag am Fenster gestanden und Ausschau gehalten, wann endlich die Flagge aufgezogen würde. Sofort ließ man die Pferde anspannen. Liv wurde von einem ängstlichen Anfall gepackt und fragte sich, ob sie mitfahren sollte - aber sie wußte, daß Gabriella gekränkt sein würde, wenn sie nicht zur Stelle wäre. Also biß sie die Zähne zusammen und fuhr mit.
    Gabriella, die zartgliedrige und empfindsame, hatte es bedeutend schwerer als die beiden anderen, obwohl es bei ihr schon das zweite Kind war. Aber Mattias glaubte, daß hier das Seelische eine Rolle spielte - sie hatte ganz einfach Angst und war viel zu verkrampft.
    Liv erinnerte sich an Gabriella erste Geburt. Wie erschreckend schnell alles gegangen war. Diese hier zog sich länger hin. Sie nahm es als ein gutes Zeichen. Aber gegen Abend wurde sogar Cecilie immer blasser - die vorige Niederkunft ihrer Tochter war nicht gut ausgegangen.
    Nun war es natürlich nicht so, daß sich alle Frauen auf einmal geschäftig in die Geburt einmischten. Sie waren einfach zur Stelle, um Gabriella in der langen, schwierigen Wartezeit Gesellschaft zu leisten. Und es waren nie mehr als zwei zur gleichen Zeit bei ihr im Zimmer. Mehr Besucherinnen wären zu anstrengend für sie gewesen. Aber gegen drei Uhr am nächsten Morgen war es überstanden. Kaleb konnte hereinkommen, nach den schlimmsten vierundzwanzig Stunden seines Lebens. Gabriella, todmüde aber überglücklich, hatte eine quicklebendige, wohlgeratene Tochter geboren, mit dunklen Haaren und hübschen Augen, nur in den winzigen Gesichtszügen lag etwas Unberechenbares, Wildes.
    »Schaut doch nur, sie sieht mir ähnlich!« rief die frischgebackene Großmutter Cecilie entzückt aus. »Sehr ihr das nicht? Was für ein Glück für die Kleine!« Die anderen sahen die Ähnlichkeit auch und stimmten ihr absolut zu.
    Liv blieb stumm. Sie lächelte den kleinen Wonneproppen auf Gabriellas Arm an, aber sie sagte kein Wort über irgendeine Ähnlichkeit.
    Dann kam die Taufe, denn Cecilie und Jessica mußten nach Dänemark zurückkehren. In der Kirche gab es eine prächtige Zeremonie, mit drei stolzen Patinnen: Yrja, Cecilie und Matilda. Anschließend war zu einem großen Tauffest auf Grästensholm geladen, und Tarald feierte seine Großvaterwürde mit etwas zuviel Brandwein und flocht in seine Taufansprache Teile der Hochzeitsrede für Mattias und Hilde ein, hieß Hilde herzlich willkommen und gab seiner Hoffnung Ausdruck, sie möge sich auf Grästensholm gut einleben, das nun ihr neues Heim sein würde. Yrja gab ihm heimlich einen Knuff, der ihn wieder auf die richtige Spur brachte.
    Liv und Are entfernten sich für eine Weile von dem Freudenfest und gingen in das Zimmer nebenan, wo die drei Kinder in ihren Bettchen lagen, satt, zufrieden und still. Sie sahen die Kleinen lange an. »Siehst du, was ich sehe?« fragte Liv leise. »Ja. Ich habe es schon vor einiger Zeit gesehen.« »Das ist noch nie vorher passiert.« »Nein. Aber ich habe eigentlich gar keine Angst«, sagte Are, als hätte er gerade eine Entdeckung gemacht. »Nein, ich auch nicht. Ich glaube nicht, daß es bösartig ist.«
    »Das Gefühl habe ich auch. Glaubst du, die Eltern ahnen etwas?«
    »Niemand hat es auch nur mit einem Wort erwähnt.« Sie schwiegen eine Weile. Dann murmelte Liv: »Hübsche Kinder, alle drei. Und so verschieden.« »Ja, ganz verschieden. Wie schön es wäre, sie aufwachsen zu sehen.«
    Liv lächelte. »Vielleicht tun wir das ja? Immerhin liegt es in unserer Familie, sehr alt zu werden, wie du weißt.« »Ach, ich glaube nicht, daß ich das möchte«, sagte Are. »Man lebt bis zu einer bestimmten Grenze, bis man erreicht, was man sich zum Ziel gesetzt hat - und ist zufrieden. Ich habe jetzt nur noch einen einzigen
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