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Die Saga vom Eisvolk 08 - Die Henkerstochter

Die Saga vom Eisvolk 08 - Die Henkerstochter

Titel: Die Saga vom Eisvolk 08 - Die Henkerstochter
Autoren: Margit Sandemo
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Verblüffung brach ein solch entzücktes Spektakel los, daß die Männer herbeigelockt wurden, und wenig später mischten sich ihre sonoren Stimmen unter das Geschnatter.
    »Und wir beschweren uns über zuwenig Nachwuchs, Liv!« schmunzelte Are und blickte zu seiner Schwester. Doch Liv ging still in das Nebenzimmer und weinte, die Hände zum Dankgebet gefaltet.
    Wie sich zeigte, war Hilde ein echter Gewinn für Grästensholm.
    Tarald, der oft verzweifelt gewesen war über das mangelnde Interesse seines Sohnes für den Gutshof, war jetzt überglücklich. Denn Hilde interessierte sich für alles. Zusammen mit dem Schwiegervater arbeitete sie sich in die Bewirtschaftung des Hofes ein, sie liebte die Arbeit in den Ställen und Scheunen und auf den Feldern, sie nahm an den Haushaltsplanbesprechungen teil und fühlte sich wohl wie ein Fisch im Wasser.
    Schließlich mußte Yrja ihren Arbeitseifer dämpfen. »Du darfst dich jetzt nicht überanstrengen, mein Kind! Denk an das Kleine!«
    Da ließ Hilde es etwas ruhiger angehen. Aber sie tat alles, damit Mattias sich ohne schlechtes Gewissen seiner ärztlichen Arbeit widmen konnte.
    An dem Tag, als ihr aufging, daß sie von der ganzen Gemeinde, vom ganzen Kirchspiel anerkannt war, saß sie lange mit andächtigen Atemzügen und einem glücklichen Lächeln auf den Lippen auf ihrem Bett. Sie wußte, daß man über die Ehe des Doktors mit der Tochter des Henkersknechts viel gelacht und gespottet hatte. »Baron von Meidens gutes Herz hat ihn in die Irre geleitet«, sagten die Leute mit verächtlichem Grinsen. »Das hat er doch nur aus Mitleid gemacht, und er wird es bald bereuen müssen, daß er sich solches Pack ins Haus geholt hat.« Die Mauer des Mißtrauens war massiv!
    Aber das Gelächter erstarb, nachdem sie Hilde kennengelernt hatten. Liv war klug, sie lud nicht alle Nachbarinnen zugleich ein, sondern sie ließ eine nach der anderen kommen. Wenn nur vier, fünf Leute beisammen waren, fehlte ihnen der Rückhalt der Gruppe, und sie lernten Hilde auf eine ganz andere, viel persönlichere Art kennen. Sie durften teilhaben an der Freude über das kommende Kind, und das ließ sie bald über Hilde als »meine Freundin, die Doktorsfrau auf Grästensholm« sprechen.
    Hilde war nicht länger die Ausgestoßene, die sich verstecken mußte, wenn Leute in der Nähe waren. Sie war frei, sie konnte hocherhobenen Hauptes überall hingehen, wo sie wollte. Und als ein neuer Henkersknecht in das Kirchspiel kam und Hilde erfuhr, daß er kleine Kinder hatte, ging sie mit einem großen Korb voller guter Eßsachen dorthin, machte sich mit der Familie bekannt und sorgte dafür, daß sie es stets gut hatten, auch was die nachbarschaftlichen Kontakte betraf. Denn niemand wußte besser als Hilde, was es hieß, das Kind eines Henkersknechts zu sein.
    Die Kinder, die unterwegs waren, brachten die Frauen in der Sippe enger zusammen als je zuvor. Sie waren ausgelassen und munter, alle sollten etwas werden - Mutter, Großmutter oder, wie Liv, Urgroßmutter. Cecilie schrieb und war neidisch auf sie, weil sie und Jessica in dieser erwartungsfrohen Zeit nicht bei ihnen sein konnten. Aber die Briefe gingen fleißig hin und her. Jede Woche wurde genauestens Bericht erstattet.
    Diesmal fürchtete niemand den Fluch des Eisvolks. Gabriella hatte ja schon eine kleine Tochter zur Welt gebracht, die eine Verdammte gewesen war. Was gab es also noch zu befürchten?
    Sie hatten ein Signal von Hof zu Hof vereinbart, wenn es soweit wäre, und an einem Sonntag im Oktober wurde dieses Signal zum ersten Mal gegeben. Auf Lindenallee wurde eine weiße Flagge gehißt (die in Wirklichkeit ein leinenes Handtuch war), deren Bedeutung niemand sonst in der Gemeinde verstand. Aber von Grästensholm und Elistrand kamen die Frauen herbei, um Eli zu helfen. Ihr Beistand war unendlich wertvoll für das junge Mädchen. Alle außer Hilde hatten sich genauso elend gefühlt wie Eli jetzt - und Hilde würde das bald nachholen. Die Männer, Andreas und sogar Mattias, der Arzt, wurden an diesem Tag nur als notwendiges Übel geduldet. Aber sie hatten natürlich nach der Hebamme geschickt! Schließlich konnte ja auch der größte hausgemachte Sachverstand irgendwann an seine Grenzen stoßen!
    Sie war zart und schmal, die Eli, aber sie machte ihre Sache hervorragend. Kurz vor Mitternacht, gerade noch rechtzeitig, um ein Sonntagskind zu sein, kam der neue Erbe von Lindenallee zur Welt.
    Eine besondere Überraschung war er nicht, denn alle hatten mit
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