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Die Saga vom Eisvolk 04 - Sehnsucht

Die Saga vom Eisvolk 04 - Sehnsucht

Titel: Die Saga vom Eisvolk 04 - Sehnsucht
Autoren: Margit Sandemo
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oft nach mehr Gerechtigkeit schrie. Aber keiner wußte besser als Cecilie, wie man zu seinem Recht kam. An Willenskraft gemessen war sie die stärkste von allen.
    Yrja errötete unbewußt. Tarald würde auch da sein. Sie wagte nicht, ihre Gedanken vor sich selbst zuzugeben. Erst vor zwei Monaten war ihr bewußt geworden, daß sie in den jungen Erben von Grästensholm verliebt war. Niemals im Leben durfte irgend jemand etwas davon erfahren! Denn wer war schon Yrja? Ein häßliches, verwachsenes, unbedeutendes Geschöpf von einem armen Häuslerhof. Sie wußte genau, daß man sie Distel nannte.
    Yrja rechnete damit, ihr Leben lang unverheiratet zu bleiben. Darauf hatten Mutter und Vater sie vorbereitet, und sie hatte es akzeptiert. Aber es war brutal von Gott, ihr ein Herz zu geben, das sich nicht nach solchen Gesetzen richten wollte. Sie war jetzt ganz am Ende der Allee angekommen. Es gab eine Legende darüber - über die ersten acht Lindenbäume. Daß jeder einzelne davon einem der Menschen auf dem Hof gewidmet war, und wenn dieser Mensch starb, tat sein Baum es auch. Zwei Bäume waren gestorben und durch neue ersetzt worden. Der eine hatte der alten Baronin gehört, die Yrja nicht mehr kennengelernt hatte, und der andere Sunnivas schöner Mutter, Sol. Beide waren seit vielen, vielen Jahren tot, und neue Bäume standen am Platz der alten. Einer der ältesten Bäume sah struppig aus, dachte sie geistesabwesend.
    Der Amtsrichter selbst, Dag von Meiden, hatte auch einen Baum hier, ebenso wie seine wunderbare, liebe Frau Liv. Sie waren die Eltern von Tarald und Cecilie.
    Jetzt hatte sie den Hofplatz erreicht. Waren ihre Kleider in Ordnung? Natürlich gab es kein Kleidungsstück, das an ihrem mißgestalteten Körper richtig gut saß, aber sie hatte versucht, das Beste daraus zu machen.
    Die weitärmelige Bluse war frisch gewaschen und duftete nach Sonne und Wind, und sie hatte den dunklen Rock sorgfältig gebürstet und alle Katzenhaare und Schafswollflocken entfernt, von denen es daheim auf Eikeby mehr als genug gab.
    Silje saß am Fenster und sah auf den Hofplatz hinaus, wo Ares drei Buben spielten.
    Sie waren so verschieden, die drei. Gerade in diesem Moment stand der mittlere von ihnen, Trond, oben auf dem großen Stein im Hof. Er war sehr gewandt und schüttelte siegreich seine kleine Faust über dem Kopf. Silje war überzeugt, daß Trond einmal einen Autoritätsposten bekleiden würde, er hatte das Zeug zum Anführer in sich.
    Brand, der jüngste, war hochgewachsen und schwerfällig und hatte viel Ähnlichkeit mit seinem Vater. Er versuchte ebenfalls, den Stein zu erklettern, rutschte aber immer wieder herunter.
    Der Älteste, der Torgeir hieß, aber für gewöhnlich Tarjei gerufen wurde, kümmerte sich nicht im geringsten um den Wettstreit der kleineren Brüder. Er besaß einen so scharfen Verstand, daß es beinahe unheimlich war, und gerade im Moment sah er aus, als sei er mit der Lösung eines der großen Probleme der Welt beschäftigt.
    Siljes Blick wurde verträumt. Tarjei… Tengels Liebling. Sie dachte an die Zeit, als Tarjei aus den Windeln wuchs. Wie sich da ein wunderbarer Friede über Tengel gesenkt hatte. Eine lange, lange Zeit des Wartens war vorüber. Ihre Gedanken wurden abrupt unterbrochen, als Meta auf dem Hofplatz erschien und mit den Jungen schimpfte, die auf dem Stein herumkletterten. Sollten sie nicht zur Geburtstagfeier? Hatten sie nicht die guten Sachen an? Wollten sie, daß die Mama sich schämen mußte vor der Familie von Meiden?
    »Rein mit euch, ihr Lümmel, aber ganz schnell!«
    Silje lächelte. Sie dachte zurück an damals, als Meta die junge Herrin auf Lindenallee wurde. Das mußte wohl so dreizehn, vierzehn Jahre her sein? Ja, Tarjei kam zwischen Weihnachten und Neujahr desselben Jahres zur Welt, und er wurde bald dreizehn. Wie praktisch, daß man sich die Jahreszahlen am Alter der Kinder merken konnte. Das war eine gute Gedächtnisstütze.
    Aber es war auch eine unbehagliche Erinnerung daran, daß man selbst älter wurde. An den Kindern merkte man, wie rasch die Jahre vergingen. Silje schob den Gedanken schnell wieder von sich.
    Jetzt war also Meta die Herrin auf dem Hof. Tengel und Silje hatten sich freiwillig zurückgezogen. Der betriebsame Are hatte das Haus durch einen Anbau erweitert und den Platz für seine wachsende Familie fast verdoppelt. Tengel und Silje wohnten in dem alten Teil, der ihnen früher einmal riesig groß erschienen war, der jetzt im Vergleich jedoch eher klein
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