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Die Saga vom Dunkelelf 6 - Der Hueter des Waldes

Die Saga vom Dunkelelf 6 - Der Hueter des Waldes

Titel: Die Saga vom Dunkelelf 6 - Der Hueter des Waldes
Autoren: R. A. Salvatore
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wirklich verkrüppelt gewesen. Aber mein Leben bekam eine ganz neue Bedeutung, und das brachte mich dann auch dazu, meine Grenzen zu erkennen. Ich bin jetzt alt, blind und müde. Wenn ich vor fünf Jahren gestorben wäre, so wie ich es mir vorgestellt habe, dann wäre ich gestorben und mein Leben wäre nicht ausgefüllt gewesen. Nie hätte ich erfahren, wie weit ich gehen kann. Nur unter den widrigsten Umständen, die alles übertrafen, was Montolio DeBrouchee sich jemals vorgestellt hatte, bin ich an den Punkt gekommen, mich und meine Göttin so gut zu erkennen.«
    Montolio brach ab, um Drizzt Zeit zu lassen. Als er seine Göttin erwähnt hatte, war Drizzt nervös hin und her gerutscht, und Montolio wußte instinktiv, daß sein Freund unsicher wurde. Doch er wollte das, was er offenbart hatte, ausführen, und so griff er in sein Kettenhemd und seine Tunika und zog einen Anhänger heraus, der die Form eines Einhornkopfs hatte.
    »Ist er nicht schön?« fragte er spitz.
    Drizzt zögerte. Das Einhorn war hervorragend gearbeitet, aber das, was mit dem Anhänger einherging, machte den Drow eher unruhig. In Menzoberranzan hatte er die Dummheit kennengelernt, die anscheinend dazugehörte, wenn man die Gebote von Göttern befolgte, und das, was er gesehen hatte, hatte ihm überhaupt nicht gefallen.
    »Wer ist Euer Gott, Drow?« fragte Montolio. In den vielen Wochen, die er und Drizzt zusammen verbracht hatten, hatten sie nie über Religion gesprochen.
    »Ich habe keinen Gott«, lautete Drizzts kühne Antwort, »und ich will auch keinen.«
    Jetzt schwieg Montolio.
    Drizzt erhob sich und ging ein paar Schritte umher.
    »Mein Volk vergöttert Lloth«, begann er. »Sie ist sicher die Folge, wenn nicht gar die Ursache für die Schlechtigkeit, so wie es Gruumsh für die Orks ist und es andere Götter für andere Völker sind. Einem Gott zu folgen ist närrisch. Statt dessen folge ich lieber meinem Herzen.«
    Montolios leises Kichern dämpfte die Nachdrücklichkeit von Drizzts Erklärung. »Ihr habt einen Gott, Drizzt Do'Urden«, sagte er.
    »Mein Gott ist mein Herz«, konstatierte Drizzt und wandte sich ihm wieder zu.
    »Ganz wie bei mir.«
    »Ihr nennt Euren Gott Mielikki«, protestierte Drizzt.
    »Und Ihr habt für Euren Gott noch keinen Namen gefunden«, erwiderte Montolio. »Das bedeutet aber noch lange nicht, daß Ihr keinen Gott habt. Euer Gott ist Euer Herz, und was sagt Euch Euer Herz?«
    »Ich weiß es nicht«, gestand Drizzt, nachdem er über diese beunruhigende Frage nachgedacht hatte.
    »Dann denkt darüber nach!« rief Montolio. »Was hat Euch Euer Instinkt über die Gnollenbande gesagt oder über die Bauern in Maldobar? Lloth ist nicht Eure Göttin - soviel ist sicher. Welcher Gott oder welche Göttin paßt dann zu dem, was in Drizzt Do'Urdens Herz liegt?«
    Montolio konnte fast hören, wie Drizzt immer wieder mit den Schultern zuckte. »Ihr wißt es nicht?« fragte der alte Waldläufer. »Aber ich.«
    »Ihr seid Euch ziemlich sicher«, erwiderte Drizzt, der noch nicht überzeugt war.
    »Ich beobachte viel«, sagte Montolio lachend. »Habt Ihr ein Herz, das dem von Guenhwyvar gleicht?«
    »Daran habe ich nie gezweifelt«, antwortete Drizzt ehrlich.
    »Guenhwyvar folgt Mielikki.«
    »Woher wollt Ihr das wissen?« fragte Drizzt verwirrt. Es störte ihn nicht, welche Schlußfolgerungen Montolio in bezug auf ihn zog, aber Drizzt hielt diese Einordnung für eine nicht gerechtfertigte Einschätzung des Panthers. Auf unerklärliche Weise schien für Drizzt Guenhwyvar über Göttern und all den Folgen zu stehen, die es hatte, wenn man ihnen folgte.
    »Woher ich das wissen will?« wiederholte Montolio ungläubig. »Natürlich hat die Katze es mir erzählt! Guenhwyvar ist ein Pantherwesen, eine Kreatur, die in Mielikkis Zuständigkeitsbereich fällt.«
    »Guenhwyvar hat Eure Schematisierung nicht nötig«, er widerte Drizzt wütend und setzte sich neben den Waldläufer.
    »Natürlich nicht«, stimmte Montolio zu. »Aber das ändert doch die Tatsachen nicht. Versteht Ihr denn nicht, Drizzt Do'Urden? Ihr seid mit den Geboten einer pervertierten Göttin aufgewachsen.«
    »Und Eure ist die wahre?« fragte Drizzt voller Sarkasmus.
    »Sie alle sind wahr, und sie alle sind ein Gott, fürchte ich«, erwiderte Montolio. Drizzt mußte Montolio zustimmen: Er verstand wirklich nichts.
    »Ihr seht Götter als etwas an, was außen ist«, bemühte Montolio sich zu erklären. »Ihr seht sie als physische Wesen, die versuchen, unsere Taten so
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