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Die Säulen der Schöpfung - 13

Die Säulen der Schöpfung - 13

Titel: Die Säulen der Schöpfung - 13
Autoren: Terry Goodkind
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Erdboden, auf dem er lag, so kalt wie die vereinzelten Regentropfen, die vom eisengrauen Himmel fielen. In dieser Jahreszeit trieb der steife Westwind sie fast immer als Schnee vor sich her. Der ungewöhnliche, immer wieder aufkommende Nebel und der Nieselregen hatten die vereisten Stellen auf dem Pfad über die Kuppe zweifellos noch rutschiger gemacht; der Tote war der beste Beweis dafür.
    Sie wußte, wenn sie hier noch länger verweilte, würde der aufziehende Winterregen sie im Freien überraschen. Ihr war durchaus bewußt, daß das lebensgefährlich sein konnte. Zum Glück war Jennsen nicht allzu weit von ihrem Zuhause entfernt. Aber wenn sie nicht bald nach Hause käme, würde sich ihre Mutter – aus lauter Sorge, was sie so lange aufhielt – vermutlich auf den Weg machen und nach ihr suchen; und Jennsen wollte nicht, daß sie ebenfalls bis auf die Knochen naß wurde.
    Ihre Mutter wartete bestimmt schon auf die Fische, die Jennsen von den mit Ködern versehenen Angelschnüren im See mitgebracht hatte; ausnahmsweise hatten ihnen die in den Eislöchern ausgelegten Schnüre einen guten Fang beschert. Die toten Fische lagen drüben auf der anderen Seite der Leiche, wo sie sie hatte fallen lassen, als sie ihre schaurige Entdeckung machte. Auf dem Hinweg zum See hatte er noch nicht hier gelegen, sonst hätte sie ihn sicherlich bemerkt.
    Jennsen holte tief Luft um ihren Entschluß zu festigen, und zwang sich, ihre Durchsuchung fortzusetzen. Sie stellte sich eine besorgte Ehefrau vor. die sich fragte, ob ihr großer, gut aussehender Soldat wohl in Sicherheit, im Warmen und Trockenen wäre. Und die nicht ahnte, wie es in Wahrheit um ihn stand.
    Wäre sie abgestürzt und hätte sich den Hals gebrochen, würde Jennsen wollen, daß jemand ihre Mutter benachrichtigte. Ihre Mutter hätte also sicherlich Verständnis dafür, wenn sie sich etwas verspätete, um herauszufinden, wer dieser Mann war. Jennsen verwarf den Gedanken wieder. Verständnis hätte sie vielleicht, trotzdem würde sie nicht wollen, daß Jennsen sich in der Nähe dieses Soldaten herumtrieb, auch wenn er tot war und somit niemandem mehr etwas tun konnte, schon gar nicht ihr und ihrer Mutter.
    Die Besorgnis ihrer Mutter würde noch wachsen, sobald Jennsen ihr gezeigt hatte, was auf dem kleinen Stück Papier stand.
    Was sie wirklich zu dieser Durchsuchung trieb – das spürte Jennsen –, war die Hoffnung, daß es noch eine andere Erklärung gab. Sie wollte unbedingt, es wäre etwas anderes. Nur dieser verzweifelte Wunsch ließ sie ausharren, obwohl sie am liebsten umgehend nach Hause gerannt wäre.
    Wenn sie keine plausible Erklärung für sein Hiersein fand, mochte es das Beste sein, ihn hier zu verstecken und darauf zu hoffen, daß er nie gefunden wurde. Auch wenn sie deswegen draußen im Regen ausharren mußte, sollte sie auf keinen Fall noch länger zögern und ihn so schnell wie möglich verscharren. Dann würde nie jemand erfahren, wo er lag.
    Sie zwang sich, ihre Hand bis ganz nach unten in seine Hosentasche zu schieben, und hastig sammelte sie mit den Fingern das Sammelsurium kleiner Gegenstände zusammen. Es war grauenhaft für sie, dabei auch das kalte, tote Fleisch zu spüren. Schließlich zog sie den gesamten Tascheninhalt in ihrer geschlossenen Hand heraus. In der aufkommenden Dunkelheit beugte sie sich darüber und öffnete die Finger um einen Blick darauf zu werfen.
    Ganz zuoberst lagen ein Feuerstein, einige beinerne Knöpfe, ein kleines Bündel Zwirn sowie ein gefaltetes Taschentuch. Sie schob Zwirn und Taschentuch mit einem Finger zur Seite und legte eine nicht unbeträchtliche Anhäufung von Münzen frei – Silber und Gold. Der Anblick dieses Schatzes ließ sie einen leisen Pfiff ausstoßen. In ihren Augen waren Soldaten alles andere als reich, dieser Mann jedoch besaß fünf Goldtaler sowie eine größere Menge Silbermünzen, für nahezu jeden ein Riesenvermögen. Die Anzahl der Silberpfennige – Silber, und nicht etwa Kupfer – schien im Vergleich dazu beinahe unbedeutend, obwohl sie allein wahrscheinlich einen größeren Betrag darstellten, als sie in all den zwanzig Jahren ihres Lebens ausgegeben hatte.
    Einen Talisman von einer Frau, der ihre Besorgnis, welche Art Mann er gewesen sein mochte, hätte mildern können, fand sie entgegen ihrer Hoffnung nicht; bedauerlicherweise verriet ihr überhaupt nichts in seinen Taschen etwas über seine Identität. Sie rümpfte unwillkürlich die Nase, als sie daranging, ihm seine Habe in die
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