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Die Sache mit Callie und Kayden

Die Sache mit Callie und Kayden

Titel: Die Sache mit Callie und Kayden
Autoren: Jessica Sorensen
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offen und schwingt im Wind. Als ich in die Diele trete, wird mir schrecklich übel. Irgendwas stimmt hier nicht. Ich sehe ins Wohnzimmer und rufe die Treppe hinauf. »Hallo?«
    Keine Antwort außer dem Heulen des Windes draußen, der Blätter ins Haus weht, sie über den Holzboden treibt und die Tür an die Wand schmettert. Ich gehe in die Küche und um die Insel herum. Nichts hätte mich je auf das vorbereiten können, was ich jetzt sehe.
    Die Zeit steht still – alles steht still, und ein Teil von mir stirbt.
    Kayden liegt in einer Blutlache und von Messern umgeben auf dem Boden. Seine Augen sind geschlossen, seine Arme und Beine schlaff, und da sind frische Schnitte an seinen Unterarmen. Seitlich an seinem Hemd ist ein Loch, wo etwas Scharfes durch den Stoff geschnitten haben muss. Hier ist so viel Blut, aber ich kann nicht erkennen, woher es kommt. Es sieht aus, als käme es von überall.
    Meine Arme sinken herunter, als meine Knie nachgeben und ich auf einem Messer auf dem Fußboden lande. »Nein, nein, nein, nein!« Ich zerre an meinem Haar, fühle den Schmerz, und einige Strähnen reißen aus. »Nein!«
    Hundertmal schüttle ich den Kopf, hoffe inständig, dass das Bild verschwindet, so wie ich gehofft hatte, dass mein zwölfter Geburtstag verschwindet. Aber es bleibt. Es bleibt immer. Tränen verschleiern mir die Sicht, als ich auf eine der Wunden an seinem Handgelenk drücke, um das Blut zu stoppen. Seine Haut ist so kalt, eisig, wie tot. Ich lege meine Hand auf seinen Arm, an seine Wange, über sein Herz. Zitternd wähle ich den Notruf und stammele, dass sie kommen müssen.
    »Hat er einen Puls?«, fragt die Frau, als ich erzählt habe, was los ist.
    Mein Herz setzt aus, als ich meine Finger auf seinen Puls lege und ein schwaches Klopfen fühle. »Ja.«
    »Atmet er?«
    Ich sehe auf seine Brust, wünsche mir, dass sie sich bewegt – bete, dass sie sich hebt. Nach einer kurzen Weile hebt sie sich ganz leicht und sinkt wieder ein.
    »Ja, tut er. Er atmet! Oh mein Gott!« Ich presse meine bebenden Lippen zusammen, drücke das Gespräch schluchzend weg und warte auf den Krankenwagen. Das Handy fällt mir aus der Hand, als ich mit den Fingern durch Kaydens Haar streiche. Ich habe keine Ahnung, ob er mich fühlen kann.
    »Kayden, wach auf«, flüstere ich, doch er regt sich nicht. »Bitte, bitte, wach auf.«
    »Callie … was …« Luke kommt hinter mir angelaufen.
    Ich rühre mich nicht. Unmöglich kann ich den Blick von Kayden lösen. Wenn ich es tue, könnte er verschwinden.
    »Callie, hörst du mich?«
    » Keinen Mucks. Es ist schnell vorbei. Du wirst so gut wie nichts merken.«
    »Callie!«, schreit Luke mich an, und ich blinzele zu ihm auf. Heiße Tränen strömen mir über die Wangen. »Hast du einen Krankenwagen gerufen?«
    Ich nicke, während ich das Gefühl habe, dass alles um mich herum und in mir zusammenbricht. »Ich habe versucht, ihn zu retten … d-das habe ich, aber ich konnte nicht … konnte nicht …«
    Luke kniet sich neben mich, sieht seinen Freund auf dem Boden an und wird sehr blass. Seine braunen Augen sind riesig und voller Entsetzen. »Es ist nicht deine Schuld. Er atmet. Er steht das durch … Das schafft er.«
    Aber es ist meine Schuld. Alles ist meine Schuld. Ich schlinge die Arme um Kayden, atme ihn ein, will ihn nie wieder loslassen. »Bitte, bleib bei mir.«
    » Das ist ganz allein deine Schuld«, sagt Caleb. »Wenn du es irgendwem erzählst, werden die das auch denken.«
    Sirenen wehen durch die Luft und Blätter durch die Küche, die dorthin wirbeln müssen, wo der Wind sie hinträgt.
    Ich hätte mehr tun müssen. Etwas sagen. Ihn verteidigen, so wie er mich.
    Ich dachte, ich hätte Kayden an jenem Abend beim Pool-Haus gerettet, doch das ist ein Irrtum. Da verschaffte ich ihm lediglich ein wenig Zeit, bis ihn der nächste Sturm heimsuchte.
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