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Die Saat - Ray, F: Saat

Die Saat - Ray, F: Saat

Titel: Die Saat - Ray, F: Saat
Autoren: Fran Ray
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die Erdkugel. Sie vermischt sich mit der vom Äquator kommenden Warmluft, und somit werden die Edenvalley-Pollen … überall verteilt.«
    »Unsere Gegner warnen schon lange vor dieser Art der Verteilung. Eigentlich war es deren Idee.«
    »Sie wollen ein Massensterben auslösen …«, redet er weiter, »und anschließend … werden auf der ganzen Welt Edenvalley-Pflanzen wachsen. Edenvalley wird Lizenzen auf Saatgut vergeben … Edenvalley wird das gesamte Saatgut der Erde kontrollieren … und damit auch Fortpflanzung, Politik – alles!«
    »Die Welt ist zu komplex, um sie der Herrschaft der Massen zu überlassen.«
    »Und was ist mit Three Poles?«
    Sie lacht. »Three Poles kontrolliert doch längst Edenvalley! Ich bin Direktorin! James Stewart hatte keine Visionen! Genau wie Sie, Ethan!«
    Im schattigen Weiß bemerkt Ethan eine Bewegung. EineGestalt, riesenhaft, als würde sich ein Teil des Eises lösen, vielleicht zwanzig Meter hinter Océanes Rücken.
    »Sie sind doch verrückt!«, schreit er in die Kälte. »Halten Sie das Flugzeug auf!«
    Doch sie lacht nur. »Tausende von Menschen essen diesen Mais und werden unfruchtbar, und viele werden sterben, Ethan. Anschließend wird neues Leben auf der Erde wachsen. Leben, das von uns geschaffen wird! Ein Aufbruch ist nur möglich, wenn man etwas zurücklässt, etwas Altes abstreift! Opfer sind zu bringen, damit Neues ans Licht treten kann! Der Weg zur Erleuchtung führt nicht allein durchs Licht! Ich bin es, die begonnen hat, die Erde zu reinigen!« Wie eine Priesterin hat sie die Arme in die Höhe gereckt.
    Lautlos und übergroß nähert sich der Eisbär, zu voller Größe aufgerichtet, die schweren Pranken erhoben, als würde auch er beten.
    Ethan schießt. Ein Mal, zwei Mal. Doch Océane dreht ihren Oberkörper rechtzeitig weg, und die Kugeln treffen die Brust des Eisbären. Die Pranken über ihrem Kopf halten inne, und auch Océane ist in der Bewegung erstarrt. Ein eingefrorener Moment, in dem sich zwei Spezies Auge in Auge gegenüberstehen, verwundert vielleicht über die plötzlich erkannte Ähnlichkeit. Doch dann kehrt der Instinkt in die Augen des Bären zurück, und mit einem wütenden, grollenden Brüllen lässt er seine todbringende Pranke mit den messerscharfen Krallen auf Océane niedersausen, reißt ihre Kopfhaut auf, ihr Gesicht, schlitzt ihren Hals auf, schlägt seine Kiefer in ihr Fleisch. Blut schießt aus den Adern, spritzt grellrot auf den Schnee und besudelt das zottige weiße Fell des Bären und Océanes weißen Schneeanzug. Ihr bleibt nicht einmal Zeit, zu schreien.
    Ethan weicht zurück, langsam, ein Schritt nach dem anderen. Er weiß, dass sich der Bär gleich auf ihn stürzen wird, sobald dieses blutige Abschlachten zu Ende ist. Das Schneemobilhinter ihm ist seine einzige Hoffnung, ihm bleiben nur Sekunden, um es zu starten. Er will sich abwenden, will nicht mit ansehen, wie der Bär Océanes Körper aufreißt, wie das Blut den Schnee tränkt. Seine Ferse stößt an die Kufe. Eine leichte Wendung nach links, seine Hände greifen den Lenker. Jetzt noch ein Schritt aufs Trittbrett. Längst schon ist das Gebrüll des Eisbären verstummt, Ethan hört nur noch ein Schmatzen und Schlürfen. Seine eiskalten Finger tasten nach dem Schlüssel, finden ihn. Nur ein Versuch. Er dreht den Schlüssel. Klack. Der Eisbär hebt sein bluttriefendes Maul aus Océanes aufgerissenem Körper und blickt auf.
    Ethan rührt sich nicht. Trotz allem hängt er an seinem Leben, will es nicht verlieren. Nicht hier, neben Océane!
    Der Eisbär senkt sein Maul wieder in sein blutiges Mahl. Wieder dreht Ethan den Schlüssel. Klack. Der Eisbär sieht hoch. Klack. Reißt sein Maul auf. Brüllt. Erhebt sich. Klack. Schüttelt sich. Es knattert. Endlich! Ethan gibt Vollgas. Der Eisbär setzt sich in Bewegung. Das Schneemobil schlittert und schlingert über das Eis. Ethan nimmt Gas weg, er hört, wie der Eisbär näher kommt, auf ebener Strecke kann er ihn vielleicht abhängen, aber jeder Buckel, jeder Riss in der Eisdecke und jedes Wasserloch kann tödlich sein.
    Irgendwann riskiert er einen raschen Blick über die Schulter, er fährt langsamer, lauscht, hört nur noch das Röhren des Motors. Der Eisbär muss zu seiner Beute zurückgekehrt sein. Und jetzt? Wohin? Er muss das Flugzeug stoppen, doch er hat keine Ahnung, wie er das schaffen soll. Er weiß noch nicht einmal, wo er ist!
    Nur weiße Berge um ihn herum.
    Das Knattern des Schneemobils betäubt jeden weiteren Gedanken.
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