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Die Rueckkehr des Daemons

Die Rueckkehr des Daemons

Titel: Die Rueckkehr des Daemons
Autoren: Thilo P. Lassak
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überlisten! Dazu brauchte es mehr. Viel mehr!
    Birger Jacobsen blickte sich um. Die Passagiere, die nicht vor sich hin schnarchten, gaben sich alle Mühe, der Bezeichnung Businessclass alle Ehre zu machen. In eintönigem Rhythmus trommelten ihre Finger auf die Tastaturen ihrer Notebooks ein. Das mobile Büro!, schoss es ihm durch den Kopf. Immer und überall Bilanzen, Berichte, Konzepte, Pläne erstellen! Stets der Konkurrenz vorauseilen! Sah irre wichtig aus. Fest davon überzeugt, Lebenszeit gewonnen zu haben, würden sie in knitterfreien Anzügen und Kostümchen von Bord gehen.
    Angewidert drehte Birger Jacobsen den Kopf zur Seite. Wie viele Menschen doch völlig sinnfrei vor sich hin lebten! Sie maßen sich mit unsichtbaren Gegnern auf einem Feld, das sich Erfolg nannte. Der wachsende Kontostand wurde mit Glück gleichgesetzt, eine höhere Macht verleugnet. Erst auf dem Sterbebett würden die tollen Verträge und Abschlüsse vergessen sein, und was sahen diese Yuppies dann vor sich, wenn sie ihr Dasein betrachteten? Leere. Gähnende Leere. Die Welt bestand aus mehr als Geld und Erfolg. Vielleicht hatte das Leben doch einen tieferen Sinn? Sie würden versuchen, wieder das Beten zu lernen, doch ihr Gott würde ihnen auch nicht mehr helfen können. Ihre Waagschalen würden nach unten sinken.
    Flughöhe: 9.00 0 Meilen.
    Wie bei einem Countdown zählte der Höhenmesser jetzt rückwärts. Der Airbus setzte zum Sinkflug an. Es gab einen Ruck. Birger Jacobsens Magen rebellierte.
    Zur Ablenkung sah er aus dem Fenster. 9.00 0 Meilen unter ihnen war das Wasser ruhig. Sen’o sek hatten die Ägypter das Weltmeer genannt. Nach ihren geografischen Kenntnissen war alles Land von einem einzigen großen Ozean umgeben. Aus ihm speiste sich der jotr’o , wie sie den Nil nannten. Bis ins 20 . Jahrhundert blieben seine wahren Quellen ein Geheimnis. Die ägyptischen Raubzüge waren nicht weiter als bis nach Nubien in das Innere des Kontinents vorgedrungen, die Küstenländer mit ihren Häfen waren interessanter – und gefährlicher. Der jotr’o hingegen war ein Geschenk der Götter, wo er herkam, brauchte man nicht zu hinterfragen.
    Birger Jacobsen fuhr sich durch die roten Haare. Er war stolz darauf, dass man ihm sein Alter nicht ansah. Obwohl er keine Nacht länger als drei Stunden schlief, waren die Muskeln seines sehnigen Körpers gut trainiert, der Bauch straff, sein Gehirn arbeitete besser denn je. Was immer er las oder hörte, war im richtigen Moment abrufbar. Telefonnummern, Daten, Namen, Gesichter. Nichts ging verloren, denn er war ein Wissender.
    Erste Wolkenkratzer tauchten am Horizont auf. Die Silhouette war unverwechselbar. New Jersey, the City, the Island, Brooklyn, Birger Jacobsen erkannte alles wieder. Nur die beiden Türme fehlten. Er hatte sie fallen sehen. New York, die Stadt mit der Wunde.
    Wie einfach doch Manhattan gegliedert ist!, dachte er, als sie über Queens kreisten. Ganz New York war ein Schachbrett. Wäre nur alles so einfach! Doch wie immer im Leben gab es auch hier einen Störfaktor, einen Querulanten, einen Wichtigtuer, der auf die Regeln schiss: den Broadway. Birger Jacobsen schnaubte verächtlich. Quer durch die streets und avenues lief er, als könnte er die Schilder nicht lesen, dass das hier in der Stadt verboten ist. Angeblich war er früher ein Kriegspfad der Wilden gewesen, durch manahatta . Die niederländischen Siedler hatten ihn ausgebaut, um Handel mit den Rothäuten zu treiben. Die bleichen Besucher, die auf ihren großen Schiffen über das Meer kamen, nannten die Indianer swanekken . 1626 kauften ihnen diese Salzwasserleute das Land ihrer Vorväter ab, für Kleidung, Perlen und Äxte im Gegenwert von 6 0 Gulden, so lautete die Legende. Birger Jacobsen hatte Spaß daran, diese Zahlen zu wiederholen. Gedächtnistraining. 7.24 6 Biber, 67 5 Otter, 4 8 Nerze und 3 6 Wildkatzen mussten in diesem ersten Jahr für die Geschäfte der neuen Besitzer ihr Leben lassen. Die Indianer waren willkommene Handelspartner, bis auch sie beim Aufbau der Stadt nur noch störten. Außer dem Broadway erinnerte hier kaum noch etwas an sie.
    Es piepte durchdringend. Das Lämpchen mit den Anschnallgurten begann zu blinken. Birger Jacobsen leerte sein Wasser, reichte den Becher einer mageren Stewardess und klappte den Tisch zur Seite. Sechs Jahre war er nicht mehr hier gewesen und nun gleich wieder zu so einem weltbewegenden Ereignis.
    Der Airbus donnerte über die Piste des JFK-Airports . Ein paar dämliche
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