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Die Rote Spur Des Zorns

Die Rote Spur Des Zorns

Titel: Die Rote Spur Des Zorns
Autoren: Julia Spencer-Fleming
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kommen. Also haben wir jede Menge Zeit zum Essen, Plaudern und um uns diesen vorzüglichen Merlot hinter die Binde zu gießen, den Sie da mitgebracht haben.«
    »Lieber Gott!«, sagte Hugh. »Hoffentlich haben Sie noch mehr auf Lager. So wie ich Ihre Pastorin kenne, leert sie den schon vor den Horsd’œuvres.« Er grinste Clare an, und sie boxte ihn in die Rippen.
    Paul führte die beiden durch das Wohn-und das Speisezimmer zu einer Terrasse, die in das Abendlicht getaucht war. Die Hunde stürmten ihnen entgegen – eine Masse aus seidigem Fell und feuchten Schnauzen –, und als Clare ihnen Kopf und Schultern kraulte, stießen sie ihre Köpfe ekstatisch gegen Clares langes Leinenkostüm.
    »Bob, gib schon Ruhe! Platz!« Paul zog an dem Halsband des Bernhardiners. »Aus, Gal! Platz!« Die Hunde legten sich unter den eisernen Tisch, der schon für das Abendessen gedeckt war. »Kusch!«, sagte Paul in warnendem Ton, und mit erbarmungswürdigem Blick und hängenden Köpfen trotteten die Tiere zu einem Steinmäuerchen, ihrem Verbannungsort. »Hey, Emil. Hier ist Clare mit ihrem Freund Hugh Parteger.«
    Emil erhob sich mit Hilfe eines Stocks von einer der Teakholzbänke, die die Terrasse säumten. Clare ergriff seine ausgestreckte Hand.
    »Ich freue mich ja so, Sie kennen zu lernen«, sagte er mit einer präzisen, fast europäischen Artikulation. Sein Sprachvermögen hatte unter dem Gehirntrauma offenbar nicht gelitten. »Paul erzählt so viel Wunderbares über Sie. Vielen Dank für alles.«
    Sie fühlte ihre Wangen erröten. »Keine Ursache.« Emil hielt seinen Stock so fest umklammert, dass seine Fingergelenke weiß waren.
    »Bitte nehmen Sie Platz.«
    Russ war von seinem Platz neben dem Pathologen ebenfalls aufgestanden und nickte ihr zu. »Reverend Fergusson.«
    »Chief Van Alstyne.« Sie ergriff Hughs Ellbogen und schob ihn leicht vorwärts. »Ich möchte Sie gern mit Hugh Parteger bekannt machen. Hugh, das ist Russ Van Alstyne.«
    Russ war in Zivil, aber als er dem Engländer die Hand gab, gelang es ihm, selbst in Jeans und Oberhemd uniformiert zu erscheinen. »Was führt Sie nach Millers Kill?« Es hörte sich eher wie der Auftakt einer Vernehmung an als eine freundliche Frage.
    Während Hugh über seine Anwesenheit Rechenschaft ablegte, zog Paul ein paar durchhängende Segeltuchstühle heran und offerierte ihm und Clare zwei Gläser Sangria, randvoll mit Früchten. »Mrs. Van Alstyne ist gerade mal für kleine Mädchen«, sagte er, und wie aufs Stichwort spazierte Margy durch die Terrassentür.
    »Clare!« Sie nahm sie fest in die Arme. »Und mit wem unterhält sich denn da unser Russ? Ist dieser gut aussehende junge Mann Ihr Begleiter?«
    Clare machte die beiden miteinander bekannt. Hugh schien erleichtert, einen anderen Gesprächspartner zu finden. Russ sah zu, wie Clare dem Engländer eins der Sangriagläser in die Hand drückte, und fragte: »Einer von Ihnen muss heute Abend noch fahren, stimmt’s?«
    Sie nahmen alle rings um Dr. Dvorak Platz. Auch sieben Wochen nach dem Anschlag, der ihn fast das Leben gekostet hätte, wirkte Emil geschwächt und zusammengeflickt. Frisch nachgewachsenes Stoppelhaar umgab längliche rosa Narben, und seine linke Gesichtshälfte entsprach nicht ganz der rechten – das eine Auge konnte er nicht richtig öffnen, sein Lächeln war schief. Als er ihnen aber Geschichten von seinem Krankenhausaufenthalt erzählte, sprach er klar und deutlich – bewies einen bissigen Humor, der Clare auf Anhieb gefiel.
    Die staatliche Gesundheitsfürsorge wurde zum Thema. Margy Van Alstyne schilderte das harte Leben als offizieller Pflegepatient, während Hugh ihnen das Gesundheitssystem von Großbritannien erläuterte. Clare schlürfte ihre eisgekühlte Sangria und ließ sich auf den Wogen der Unterhaltung treiben. Erst als sie auf Pauls Angebot ein zweites Glas nahm, mischte Russ sich ein.
    »Sie werden doch nicht wieder in ein Schlafzimmer einbrechen und aus dem Fenster des Bads springen, ja?«
    Sie schnaubte. Die anderen vier betrachteten sie mit höflichem Unverständnis. »Ach, das war nur … Das ist eine lange Geschichte«, erwiderte sie. »Ich wollte mehr über Malcolm Wintour herausfinden.«
    »Der wird bestimmt lange sitzen«, meinte Hugh.
    »Die Staatsanwältin hat mich befragt«, erzählte Emil. »Sie sagt, Wintour wird sich des Besitzes und Handels mit Drogen für schuldig bekennen, aber versuchen, die Anklage wegen zweifachen Mordes abzubiegen.«
    Russ kniff sich in den Nasenrücken.
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