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Die Rote Spur Des Zorns

Die Rote Spur Des Zorns

Titel: Die Rote Spur Des Zorns
Autoren: Julia Spencer-Fleming
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verseucht. Das kann nicht von dem bisschen PCB im Steinbruch kommen.«
    Sie fasste ihn am Arm. »Begreifen Sie denn nicht? Leo Waxman hat Recht gehabt. Auch wenn er selbst glaubte, dass er lügt. Das PCB kommt von dem Sanierungsgelände in der Allen Mill.«
    Russ machte auf dem Absatz kehrt und marschierte in eine andere Richtung. »Peggy sieht ihre Felle davonschwimmen. Opperman macht – was? Leise Andeutungen? Vorschläge? Wenn nur sie beide beteiligt wären, dann würde er das Projekt weiter vorantreiben; dann könnten sie den Profit durch zwei teilen statt durch drei …«
    »Und verweist sie an Chris Dessaint, dessen Fähigkeiten erprobt sind, seit er diesen armen Kerl vor der Bar am Lake George zusammenschlug.«
    »Den Rest übernimmt sie. Sie schaltet schnell, das haben wir ja gesehen. Er musste wissen, dass sie absolut skrupellos war.«
    »Aber nicht schlau genug, um zu merken, dass er sie manipulierte.«
    Russ drehte sich zu Clare um und packte sie an den Oberarmen. »Sie hat seinen Partner aus dem Weg geräumt. Und danach räumte er sie aus dem Weg. In Notwehr.«
    Ihre Spekulationen dämpften Clares gute Laune. »Marionetten, die mit Marionetten spielen«, sagte sie. »Und über allem derjenige, der wirklich die Fäden zieht.« Sie schauderte. »Gott, dieser Verbrecher! Und am Ende flüchtet sie zu ihm. Wie eine misshandelte Frau, die zu dem Kerl zurücklauft, der sie verprügelt.«
    »Wohin hätte sie denn auch sonst gehen sollen? Vielleicht glaubte sie, er könne sie beschützen. Nach ihm wurde schließlich nicht gefahndet.«
    Russ hielt Clare immer noch an den Oberarmen fest. »Und nun?«, fragte sie.
    Er beugte sich nach vorne, bis seine Stirn die ihre berührte. »Gar nichts.« Seine Stimme klang trocken und tonlos. »Das Ganze ist reine Plauderei zwischen uns beiden. Ich kenne nicht die Spur von einem Beweis, um unsere Theorien zu untermauern. Und selbst wenn wir beweisen könnten, dass Opperman Dessaint persönlich gekannt hat – was wäre dann sein Verbrechen? Die Weitergabe einer Telefonnummer?«
    Clare befreite sich aus Russ’ Griff. »Nein! Das ist nicht gerecht.« Diesmal war sie es, die davonmarschierte, als würde sich durch körperliche Bewegung etwas ändern. Sie schlang die Arme um sich. »Er kann nicht einfach mit Menschenleben spielen und dann den Gewinn einkassieren. Völlig ungestraft! Das geht einfach nicht. Das ist nicht … gerecht.«
    »Ich vertrete das Gesetz, nicht den Willen Gottes. Letzteres fällt in Ihr Fach. Und heißt es nicht, Gott ist sowieso die letzte Instanz der Gerechtigkeit?«
    »Still! Nicht in diesem Ton! Als wäre die göttliche Gerechtigkeit nur ein schlechter Scherz.«
    Russ schritt durch die raschelnden Grashalme auf sie zu. »Tut mir leid.«
    »Es ist ungerecht.«
    »Ja, ich weiß.«
    Einen Moment schwiegen sie beide. Bob stieß mit der Schnauze Clares Beine an, und sie bückte sich, um ihn zu kraulen. »Ich glaube nicht, dass Gott Böses zulässt – dass er den Daumen hoch oder runter dreht, um über unser Schicksal zu entscheiden.« Sie straffte sich und sah Russ an. »Aber manchmal fällt es sehr schwer, nicht zu fragen: ›Gott, warum tust du das?‹«
    Russ hob die Arme, als wolle er Clare an die Brust drücken, bremste sich dann jedoch. »Los, gehen wir mit den Hunden bis zum Weidezaun, bevor wir umkehren.«
    Im schwindenden Licht des Tages streiften sie durch das raschelnde Gras. Die Bernhardiner sprangen voraus – ein Aufblitzen von Schwarz und Weiß inmitten der Gold-und Grüntöne, die sich grau färbten. Der Zaun, ein rostiger Stacheldraht, befestigt an verwitterten Pfosten, versperrte ihnen den Weg. Sie blieben nebeneinander stehen, betrachteten die Berge und den Himmel, berührten sich aber nicht.
    Russ nahm seine Brille ab, um sie an der Hemdbrust zu putzen. »Wissen Sie noch, als Sie mich aus dem Hubschrauber gezogen haben? Sie sagten, ich solle nicht loslassen?« Er setzte die Brille wieder auf und sah erneut zu dem Gebirgshorizont. »Ich lasse immer noch nicht los.« Er warf einen Blick auf seine Hände. »Ich weiß nicht, wie man das macht.«
    »Nicht loszulassen …« Sie biss auf ihre Lippe, räusperte sich. »Das nutzt einem nicht viel, wenn auch derjenige fällt, an dem man sich festhält.«
    Gal stieß sie ins Knie. Clare griff nach unten, um ihr den Kopf zu kraulen. Bob bellte – ein Mal, zwei Mal. Sie drehte sich um und sah dorthin zurück, woher sie gekommen waren. Das Haus schien weit weg zu sein.
    »Besser, wir machen uns auf
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