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Die Rettung

Titel: Die Rettung
Autoren: Julianne Lee
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würzig duftendes Torffeuer brannte, standen zwei weinrot gepolsterte Ohrensessel. Aktenschränke aus Holz, aber in modernem Design zogen sich an den Wänden entlang; nur ein wackeliges altes Regal sah so aus, als könne es noch zur Originaleinrichtung der Burg gehört haben. Es war mit Büchern voll gestopft.
    Der größte Teil der Wand zwischen dem alten Bücherregal und einem Fenster wurde von einem Wandbehang eingenommen, bei dem es sich um den berühmten Gobelin der Feen handeln musste. Er zeigte einen riesigen rothaarigen und rotbärtigen Mann im Kilt, der auf einem Einhorn durch den Wald ritt. Sein Plaid flatterte hinter ihm her. In der einen Hand hielt er ein Schwert, in der anderen eine weiße Rose. Über dem Mann schwebte eine kleine, in ein weißes Gewand gehüllte Fee. Der Gobelin musste sehr alt sein, die Farben waren verblasst, das Gewebe fadenscheinig geworden, trotzdem hatte er einen Ehrenplatz in dem Raum inne; direkt gegenüber dem schweren Schreibtisch aus Kirschbaumholz. Hinter dem Schreibtisch hing ein gläserner Schaukasten an der Wand, der ein großes silbern glänzendes Schwert und einen Dolch mit silbernem Griff enthielt. Beide Waffen steckten in gestickten Scheiden.
    Neben dem Gobelin stand ein Mann Ende vierzig. Das musste der Laird von Ciorram sein.
    »Danke, Janice«, sagte er, woraufhin sich das Mädchen zurückzog. Dann kam er auf Barri zu und reichte ihr die Hand. »Guten Tag. Ich bin Iain Matheson.«
    Barri ergriff die ihr dargebotene Hand. Sie konnte den Blick nicht von seinem Gesicht abwenden. Er war ein gut aussehender Mann, aber nicht sein Äußeres faszinierte sie so, sondern etwas anderes. Nachdenklich musterte sie ihn, kam aber nicht darauf, was es war. Er war hoch gewachsen und sehr schlank, fast hager, und trug Jeans und einen Pullover. Sein Haar war braun und wellig, an den Schläfen schon leicht ergraut, und seine Augen leuchteten so blau wie der See draußen.
    Irgendwie kam er ihr bekannt vor, sie konnte aber nicht sagen, warum. Vielleicht lag es an seiner Art, sich zu bewegen, vielleicht am Schwung seiner Augenbrauen. Sie blinzelte und ermahnte sich, keine Gespenster zu sehen, doch das seltsame Gefühl der Vertrautheit blieb.
    »Das Mädchen hat mich mit Namen angesprochen«, begann sie. »Haben die Männer aus dem Pub Sie angerufen und Ihnen gesagt, dass ich komme?«
    Ein seltsamer Ausdruck trat in Iains Augen, der Barri verriet, dass er im Begriff stand, ihr eine Lüge aufzutischen. Genauso hatte Kenneth immer ausgesehen, wenn er sie angelogen hatte. »Äh ... aye. Ja. Sie haben angerufen. Sie sagten ...« Er brach ab, blickte kurz nach links und fuhr dann fort: »Aye. Sie sagten, Sie hätten gern einige Informationen von mir.«
    Barri nickte.
    »Möchten Sie sich nicht setzen?« Er deutete auf die Sessel am Kamin.
    Barri drehte sich zum Feuer um. Dabei fielen ihr die gerahmten Fotos auf, die auf dem Kaminsims standen. Eine Frau und zwei junge Männer lächelten sie an.
    »Meine Frau und meine beiden Söhne«, beantwortete Iain ihre unausgesprochene Frage. »Die Jungs sind an der Uni-versität, und Kate hält sich diese Woche mit ihren Pferden in Dublin auf. Sie ist eine ausgezeichnete Reiterin, wissen Sie, und hat schon viele Preise gewonnen.«
    »Wirklich? Ich interessiere mich selbst sehr für Pferde, hatte aber leider nie die Zeit, mich mit ihnen zu beschäftigen.« Barri ließ sich in einen der Sessel sinken.
    »Und womit kann ich Ihnen an diesem schönen Tag behilflich sein?« Auch Iain setzte sich, sah sie aber nicht an, sondern wirkte so, als lausche er ins Leere. Dann sagte er: »Ich habe gehört, Sie wollen mehr über die Legenden um Dilean Dubh nan Chlaidheimh erfahren?«
    Sie nickte. »Über Black Dylan ... Dilean Dubh .. . was bedeutet der Rest?«
    »Die gälischen Worte heißen in der Übersetzung >Schwarzer Dylan, Sohn des Schwertes<. Er war für sein Geschick im Schwertkampf bekannt ... und weil er das dunkelste Haar im ganzen Tal hatte. Wie haben Sie denn auf der anderen Seite des Atlantiks von ihm gehört? Glen Ciorram ist ein kleines Tal, und der Name Matheson taucht nicht imbedingt in jedem Geschichtsbuch auf.« Wieder machte er eine Pause, als lausche er einer für andere nicht zu vernehmenden Stimme, dann brummte er leise: »Es war nicht meine Idee, MacDonell den Posten zu übertragen, und ich kann es jetzt auch nicht mehr ändern.« Er wandte seine Aufmerksamkeit wieder Barri zu. »Unser hiesiger Historiker und Ahnenforscher neigt dazu, sich allzu
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