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Die Rettung

Titel: Die Rettung
Autoren: Julianne Lee
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wurde von Pappeln gesäumt, deren Wipfel sich einander zuneigten und einen schattigen Gang bildeten. Das Rascheln der Blätter glich einer im Flüsterton geführten Unterhaltung. Barri bog in den Torweg ein, dabei betrachtete sie die schweren hölzernen Burgtore mit einer Art staunender Ehrfurcht.
    Das ganze Bauwerk war so unermesslich alt ! Fast sah sie Ritter mit Rammböcken und Katapulten vor sich, die die Burg unter viel Geschrei und Gefluche zu erstürmen versuchten. Sie musste ungefähr zurzeit von Edward I. und Robert the Bruce erbaut worden sein und war somit Jahrhunderte älter als alle Gebäude, die sie in ihrem Leben je gesehen hatte. Eine faszinierende Vorstellung.
    Innerhalb der Burgmauern bildete die Auffahrt vor einer geräumigen Garage mit drei Toren ein kleines Rondell. Die Garage selbst war aus Feldsteinen erbaut, damit sie sich nicht allzu sehr von der Burg abhob - ein ziemlich missglückter Versuch, fand Barri, denn die neuen Steine wollten so gar nicht zu dem verwitterten alten Burggemäuer passen.
    Im Garten blühten üppige Rosensträucher, dazwischen schlängelten sich schmale kiesbestreute Pfade hindurch. Vor dem Ostflügel lag ein kleiner Kräutergarten, der einen würzigen Duft nach Salbei und Rosmarin verströmte. Ein von Buchsbäumen gesäumter Weg führte zu einer mächtigen geschnitzten Flügeltür, auf die Barri jetzt zögernd zuging.
    Da sie keinen Klingelknopf entdecken konnte, wusste sie nicht recht, ob sie einfach anklopfen sollte. Sie hob eine Hand, doch noch bevor sie das Holz berühren konnte, wurde ein Türflügel geöffnet. Eine junge Frau in Dienstmädchentracht lächelte sie an, knickste und bat sie, doch einzutreten. »Bitte hier entlang, Mrs. Matheson.«
    Barri konnte ihr Erstaunen nicht verhehlen. »Ich wusste nicht, dass ich erwartet werde.«
    Das Mädchen wirkte sichtlich verlegen. »Ich bitte um Entschuldigung, Ma'am. Folgen Sie mir bitte.« Barri hielt sie für eine Engländerin, obwohl sie die verschiedenen Akzente nicht genau unterscheiden konnte. Aber das Mädchen sprach deutlicher und weniger abgehackt als die meisten Leute, mit denen sie sich hier bislang unterhalten hatte.
    Sie wurde in einen riesigen Raum mit Steinfußboden und holzgetäfelten Wänden geführt. Ein gemauerter Kamin nahm den größten Teil der hinteren Wand ein, daneben befand sich eine kleine Tür. Das Mädchen geleitete Barri zu einer weiteren Tür am anderen Ende der Halle. Barri konnte nicht anders, sie musterte ihre Umgebimg so staunend wie eine Touristin die Ausstellungsstücke eines Museums.
    An den Wänden hingen Ölgemälde, die Männer in Kilts und Frauen in der Tracht des 19. Jahrhunderts zeigten, daneben einige Schwerter und Streitäxte. Der Boden wurde fast vollständig von dem größten und prachtvollsten Orientteppich bedeckt, den Barri je gesehen hatte. Eigentlich hätten Ritterrüstungen in den Ecken stehen müssen, dachte sie, zumindest entdeckte sie aber ein paar eisenbeschlagene Schilde und einen Dudelsack. Große, kunstvoll gearbeitete Kristalllüster tauchten alles in ein warmes Licht.
    Sie verließen die Halle und gingen durch einen gleichfalls holzgetäfelten Korridor, der von Wandlampen erleuchtet wurde. »Mr. Matheson hat mir aufgetragen, Sie hereinzulassen«, sagte das Mädchen. »Er erwartet Sie in seinem Büro.«
    »Woher kennt er meinen Namen?«
    Das Mädchen zuckte die Schultern, flüsterte jedoch: »Hier geschehen oft seltsame Dinge.« Dabei klang ihre Stimme beruhigend, als wolle sie Barri versichern, dass man sich vor seltsamen Dingen nicht zu fürchten brauche.
    Eine andere schwere Holztür führte in einen gewundenen Gang, der nur von einer Lampe auf dem Tisch ganz am Ende erhellt wurde. Die Steinwände wirkten dunkel und feucht. Barri kam sich vor wie in einem unterirdischen Labyrinth. Zu ihrer Rechten wand sich eine Wendeltreppe in die Höhe. Das Mädchen blieb vor einer Tür auf der linken Seite des Ganges stehen und klopfte an.
    »Herein!«, rief eine Männerstimme.
    Das Mädchen öffnete die Tür, damit Barri eintreten konnte, und wartete dann auf weitere Anweisungen.
    Das Büro des Lairds vereinte modernen Komfort mit antikem Ambiente. Einige der unglaublich schmalen Bleiglasfenster waren offen, um die warme Sommerluft hereinzulassen. Zwischen zwei Fenstern stand ein Schränkchen aus Walnussholz, in dem ein Fernseher und eine Stereoanlage untergebracht waren. Auch hier lagen Perserteppiche auf dem Boden, und neben dem Kamin, in dem trotz der Wärme ein
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