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Die Reliquienjägerin: Historischer Roman (German Edition)

Die Reliquienjägerin: Historischer Roman (German Edition)

Titel: Die Reliquienjägerin: Historischer Roman (German Edition)
Autoren: Sabine Martin
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sie damit vergiften wollen. Und dann hatten die Rothenburger Juden auch noch den Schutz des Königs verloren. Ausgerechnet zu Jom Kippur, dem Tag der Versöhnung, hatte der städtische Ausrufer auf dem Marktplatz den Erlass Karls IV. verkündet. Mit ihm entband der König die Stadt von der Pflicht, die Juden zu schützen. Von dem Augenblick an waren sie Freiwild gewesen. Wie konnte der König nur so grausam sein!
    Mosbach beugte sich vor. »Nun mach schon, her damit!« Er streckte die Hand aus, fuhr ihr unter den Mantel, riss ihr den Geldbeutel weg und stopfte ihn in seine Wamstasche. Dann packte er ihr grob an die Brust.
    Entsetzt wich Rebekka zurück.
    »Komm schon, stell dich nicht so an, du dumme Judenfotze. Kannst ruhig ein bisschen nett sein zu deinem Retter.« Er riss ihr Gugel und Kopftuch herunter und packte sie am Haar.
    »Nicht! Bitte!« Rebekka schob ihn weg. »Behaltet das Geld, nehmt alles, wenn Ihr wollt, doch bitte lasst mich los!«
    Mosbach schien sie gar nicht zu hören. Mit der einen Hand hielt er noch immer ihr Haar umklammert, mit der anderen griff er unter ihr Kleid und kniff ihr in den nackten Schenkel.
    Rebekka schrie auf. »Adonai, steh mir bei!«
    »Dein Judengott wird dir nicht helfen, du kleines Miststück«, flüsterte Mosbach ihr ins Ohr. Mit einem kräftigen Stoß warf er sie zu Boden. Der Aufprall war hart und schmerzvoll, benommen schnappte Rebekka nach Luft. Schon war Mosbach über ihr, sein schwerer, stinkender Körper presste sie ins feuchte Gras. Er drückte ihr eine Hand auf den Hals, sodass sie kaum noch Luft bekam, mit der anderen zog er ihr das Kleid hoch. Seine Knie pressten sich zwischen ihre Beine, zwangen sie auseinander. Mosbach nestelte an seinen Beinlingen herum, grunzte dabei vor Gier. Rebekka schloss die Augen, flehte stumm den Herrgott um Beistand an, doch der Griff um ihren Hals verstärkte sich. Sie suchte fieberhaft nach einem Ausweg, bemühte sich mit allen Kräften, ihren Peiniger abzuschütteln, bis die Atemnot ihr die Sinne raubte. Dann senkte sich Dunkelheit über sie.
***
    Engelbert von der Hardenburg, Ritterbruder des Deutschen Ordens, zog den dunklen Wollumhang enger um die Schultern. Ihm war nicht kalt, im Gegenteil, er spürte Hitze aufsteigen. Der Umhang sollte ihn nicht vor der Kälte schützen, sondern vor neugierigen Blicken, die von seiner weißen Ordenstracht mit dem schwarzen Kreuz magisch angezogen wurden. Gleich würde er Abt Ambrosius gegenüberstehen, von dem er etwas haben wollte, das dieser nicht hergeben wollte: zwei Fingerknochen des heiligen Franziskus, eine Reliquie von unschätzbarem Wert. Engelbert hatte eine fette Summe Geld und eine nicht unbeträchtliche Zahl an Vergünstigungen geboten, doch Ambrosius hatte den Kopf geschüttelt.
    »Ich verkaufe nicht«, hatte er verkündet. »Um keinen Preis.«
    So war der Stand der Verhandlungen. Engelbert wusste natürlich, was Ambrosius unter »um keinen Preis« verstand: noch mehr Silber, noch mehr Zugeständnisse, noch mehr Land und Güter. Und er wusste, dass der Abt ihn betrügen wollte, aber er hatte keine Ahnung, wie. Ambrosius war gefürchtet, sein Einfluss reichte weit. Nicht weit genug jedoch, um dem Gesandten des Königs ohne triftigen Grund einen Wunsch abzuschlagen.
    Seit drei Wochen verhandelten sie, der Abt hatte sich immer neue Schliche ausgedacht, um alles in die Länge zu ziehen. Ende September war Engelbert gemeinsam mit dem König triumphal in Nürnberg eingezogen, nachdem der Aufstand, der vor über einem Jahr begonnen hatte, endgültig niedergeschlagen war. Karl hatte den alten Rat wieder eingesetzt, alle Urkunden des Rats der Aufständischen für ungültig erklärt und einen Landfrieden für Franken eingerichtet, den die Städte Nürnberg und Rothenburg, die Bischöfe von Bamberg und Würzburg, die Pfalzgrafen in Bayern, die Burggrafen Johann und Albrecht und die Fränkischen Landgrafen unterzeichnet hatten.
    Karl war noch geblieben, bis die Aufständischen abgeurteilt waren. Die meisten Männer wurden mit Verbannung bestraft, einige Söhne einflussreicher Familien entgingen der Verurteilung, ja blieben sogar im Rat. Engelbert hatte die Ereignisse ohne großes Interesse verfolgt. Politik war ein schmutziges Geschäft.
    Inzwischen war der König samt seinem Gefolge wieder abgereist, denn zu Allerheiligen sollte seine zweite Gemahlin Anna in Prag zur Königin gekrönt werden. Vor seiner Abreise hatte Karl nochmals betont, wie viel ihm an der Reliquie lag. Gleichwohl hatte er
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