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Die Reliquienjägerin: Historischer Roman (German Edition)

Die Reliquienjägerin: Historischer Roman (German Edition)

Titel: Die Reliquienjägerin: Historischer Roman (German Edition)
Autoren: Sabine Martin
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Leckerbissen, weit entfernt von den fiebrigen Sümpfen der Pegnitz. Zum Schluss versah er die Urkunde mit dem Siegel des Königs und überreichte sie dem Abt, der sie mit zusammengekniffenen Augen studierte. »Gut, gut«, murmelte er. »Ich werde die Schatulle mit dem kostbaren Inhalt ebenfalls mit einem Siegel verschließen, nur zur Sicherheit.«
    Engelbert hob die Hände. »Nur zu, werter Abt. Solange ich sehe, was Ihr tut.«
    Ambrosius verzog keine Miene und trat zu einem Wandschrank. Mit dem Rücken zu Engelbert hantierte er daran herum. Engelbert trat ans Fenster. Die Läden waren bereits verschlossen, obwohl die hereinbrechende Nacht das letzte Tageslicht noch nicht vollständig verschluckt hatte. Engelbert vergewisserte sich, dass der Abt noch beschäftigt war, dann schob er rasch den Riegel des Ladens zur Seite, verschränkte die Arme hinter dem Rücken und stellte sich vor ein Bücherbord neben dem Fenster, scheinbar vertieft in das Studium der Buchrücken.
    »Eine vortreffliche Sammlung frommer Schriften, findet Ihr nicht auch?«, hörte er hinter sich die Stimme des Abtes.
    »In der Tat«, pflichtete Engelbert ihm bei und meinte es auch so. »Ihr besitzt alle Kommentare zu Aristoteles, die Albertus Magnus verfasst hat. Beneidenswert.« Er wandte sich um.
    Der Abt zeigte auf die Schatulle und die Knochen, schloss den Deckel, zog mehrere bunte Schnüre durch das Schloss und presste die Enden mit gelbem Siegelwachs zusammen. Engelbert griff nach der Schatulle. »Der Dank seiner königlichen Hoheit ist Euch sicher, verehrter Abt Ambrosius.«
    »Das will ich meinen«, brummte der Kleriker. »Mögen die Knochen des heiligen Franziskus unseren geliebten König allzeit beschützen.«
    Engelbert folgte dem Abt zur Klosterpforte. Der Abschied war kurz und reserviert. Engelbert konnte gut verstehen, dass der habgierige Alte ihn rasch los sein wollte.
    Vor der Klosterpforte blieb Engelbert kurz stehen. Ein leiser Schauer lief ihm über den Rücken. Etwas stimmte nicht. Obwohl der Abt sich wahrlich lange gesträubt hatte, war er letztlich zu schnell auf das Geschäft eingegangen. Das verhieß nicht Gutes. Engelbert fuhr mit den Fingern über das Holz der Schatulle. Er musste Gewissheit haben, er durfte es nicht wagen, Karl eine Fälschung zu bringen. Inzwischen war es dunkel; Zeit, ein schützendes Dach aufzusuchen. Wer jetzt noch in der Stadt umherlief, riskierte, vom Nachtwächter aufgegabelt und bis zum Morgen in den Turm geworfen zu werden.
    Engelbert hatte zwar Möglichkeiten, sich einem solchen Schicksal zu entziehen, doch er wollte sich nicht als Gesandter des Königs zu erkennen geben. Niemand sollte wissen, dass er in Nürnberg war. Das war schlecht fürs Geschäft. Engelbert wollte bei seinen Brüdern vom Deutschen Orden nächtigen und am nächsten Morgen in aller Frühe gen Prag aufbrechen. Doch noch war an Nachtruhe nicht zu denken.
    Engelbert lief die wenigen Schritte vom Dominikanerkloster zur Sebalduskirche und trat ein. Das Gotteshaus war leer, doch wie erwartet brannten vor dem Marienaltar eine Reihe Kerzen, die ausreichend Licht spendeten. Er kniete nieder, schlug das Kreuz und sprach ein Ave Maria. Dann beschwor er die himmlische Jungfrau: »Heilige Maria«, bat er, »steh mir bei, auf dass ich nicht mit leeren Händen zu meinem König zurückkehren muss. Sollte meine Unternehmung gelingen, werde ich Seine Majestät überreden, hier in Nürnberg eine Kirche zu deinen Ehren zu errichten.«
    Er bekreuzigte sich, stand auf und verließ das Gotteshaus. Es gab nur einen Menschen, der ihm jetzt helfen konnte, und das hieß, dass er sich ins Judenviertel begeben musste. Die Stimmung in der Stadt war gereizt. Wer immer das Haus eines Juden betrat, setzte sich dem Verdacht aus, mit den »Gottesmördern« gemeinsame Sache zu machen. Was sagte man diesem Volk nicht alles nach, von Brunnenvergiftung bis zu Kindsmord. Wie närrisch! Und wie gefährlich. Seit der Schwarze Tod im Reich wütete, wurde es täglich schlimmer. Ein Besuch in einem jüdischen Haus bedeutete ein Wagnis, vor allem zu dieser Stunde. Doch Engelbert fürchtete sich nicht. Im Gegenteil, er liebte die Herausforderung und die Gefahr.
    Wie ein Schatten huschte Engelbert durch die Gassen, duckte sich in einen Winkel, wenn ein Nachtwächter sich lautstark näherte, wich Betrunkenen aus und gab einem Schwein, das sich verlaufen hatte, einen Tritt, damit es ihm nicht folgte.
    Schweißgebadet traf er endlich im Judenviertel ein. Auch hier waren
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