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Die Reliquie von Buchhorn

Die Reliquie von Buchhorn

Titel: Die Reliquie von Buchhorn
Autoren: Birgit Erwin / Ulrich Buchhorn
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einmal.
    »Herr?« Wulfhard kam zögernd näher. »Ich bitte um Vergebung. Sagt mir einfach, was ich für Euch tun kann, und ich tu’s.«
    Udalrich sah ihn nur an und schüttelte den Kopf.
    Ein weiterer Schrei zerriss die Stille.
    »Ich halte es nicht mehr aus«, stieß Udalrich hervor. »Wofür hat der Herr mich aus Ungarn zurückkehren lassen, wenn er mir jetzt mein Herz nimmt?« Er packte den Mönch an den Oberarmen und schüttelte ihn wild. »Ihr seid doch so schlau, sagt es mir. Warum?«
    Eckhard wehrte sich nicht. »Ich weiß es nicht«, flüsterte er.
    Udalrich stieß ihn zurück und stürmte in das Spital. Mit aller Kraft trommelte er mit den Fäusten gegen die schwere Holztür. »Lasst mich ein! Verdammt!«
    Eckhard, der ihm nachgelaufen war, fiel ihm in den Arm. »Es geht nicht, Herr. Betet!«
    »Aber ich kann jetzt nicht beten.« Udalrich ließ sich gegen die Wand fallen und wischte sich mit beiden Händen den Schweiß von Gesicht und Hals. »Dann versucht, mich abzulenken. Was habt Ihr herausgefunden?«
    »Wollt Ihr das wirklich jetzt wissen, Herr?«
    »Nein!« Udalrich schlug den Hinterkopf gegen die Wand. »Ich will, dass meine Frau lebt.«
    »Und das wird sie«, beteuerte Eckhard.
    »Und warum seht Ihr mir dann nicht in die Augen, Mönch?«
    Eckhard schwieg. Endlich hob er den Blick.
    Udalrich wurde bleich. »Was tun sie da drin?«, fragte er in verändertem Tonfall.
    Eckhard vermutete, dass er so auf dem Schlachtfeld mit seinen Leuten gesprochen hatte, und er fühlte, wie er reagierte. Er biss sich auf die Lippen. »Sie schneiden, Herr.«
    »Was schneiden sie? Sprich!«
    »Eure Frau kann das Kind nicht auf die Welt bringen. Der einzige Weg, dass es überlebt, ist, es aus dem Leib der Mutter herauszuholen«, sagte Eckhard. Diesmal wich er Udalrichs Blick nicht aus. Der Schmerz im Gesicht des älteren Mannes erschütterte ihn. Vergeblich versuchte er, sich an einen Fall zu erinnern, bei dem die Mutter den Eingriff überlebt hatte. »Herr, das heißt nicht, dass Eure Frau sterben muss«, schloss er trotzdem.
    Udalrichs Mund verzerrte sich. »Glaubt Ihr, ich kenne mich nicht mit Wunden aus? Ihr tötet da drinnen meine Frau, und ich darf nicht einmal zu ihr? Und Ihr sprecht vom Willen Gottes?«
    Eckhard hob die Hände und ließ sie wieder sinken. Er erreichte Udalrich nicht mehr. Der Graf taumelte ins Freie und sank im Schnee auf die Knie. Stumm und tränenlos flehte er um das Leben seiner Frau und seines ungeborenen Sohnes, von dem Wendelgard mit solcher Liebe und Zuversicht gesprochen hatte.
    Er merkte nicht, wie Wulfhard sich bekreuzigte und endlich zögernd die Hände faltete. »Herr, du weißt, dass ich ein arger Sünder bin, aber ich bitte ja auch nicht für mich. Einmal hast du es in meine Hand gegeben, das Leben der Gräfin zu retten. Heute kannst nur du dieses Wunder vollbringen. Ich …, ich schwöre, dass ich mein Leben ändern werde. Ich werde …, ja, ich werde Isentrud heiraten und ihr ein guter Mann sein. Ein so guter wie dieser da.« Er blickte zu Udalrich hinüber, der wie erstarrt auf dem harten Boden kniete und die Kälte nicht zu spüren schien. Er verharrte, als warte er auf eine Antwort, aber der Himmel blieb stumm.
    Udalrich fuhr auf. »Warum ist es so still da drin? Was ist passiert? Eckhard!«
    »Ich werde nachsehen.« Mit gesenktem Kopf verschwand der Mönch im Gebäude. Die beiden Männer hörten, wie eine Tür geöffnet wurde, dann drang der schwache Schrei eines Säuglings zu ihnen.
    Udalrich erhob sich wie ein Schlafwandler. »Mein Kind!«, flüsterte er mit kalten Lippen, aber er machte keine Anstalten, den Hof zu verlassen. In seinem Gesicht lag nackte Angst.
    Lautlos kehrte Eckhard zurück. Die Blicke der beiden Männer trafen sich. Udalrich wankte, aber er konnte sich auf den Füßen halten. Jetzt hörten sie auch die Gebete, die aus dem Krankenzimmer drangen. Hastig kehrte Eckhard ins Dunkel zurück und schloss die Tür.
    »Herr!« Vorsichtig näherte er sich Udalrich wieder und berührte ihn am Arm. »Bitte, kommt mit mir, Herr.«
    Der stieß ihn so heftig zurück, dass der Mönch strauchelte. »Sagt mir, dass sie lebt! Sagt es!«
    »Das kann ich nicht. Sie … ist bei Gott«, schloss er so leise, dass der Graf es nicht hören konnte. Stattdessen nahm er ihn am Ellenbogen und führte ihn mit sanfter Gewalt ins Gebäude. Udalrich wehrte sich nicht mehr.
    Wulfhard sah ihnen nach. Er spürte den Schnee auf den Wangen, und als er die Hand hob, nahm er überrascht zur
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