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Die Reise nach Orb - ein Steampunk-Roman (German Edition)

Die Reise nach Orb - ein Steampunk-Roman (German Edition)

Titel: Die Reise nach Orb - ein Steampunk-Roman (German Edition)
Autoren: Anton Bärtschi
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träume.«
    Trotzdem tauschte er sein kariertes Farmerhemd gegen ein weißes und schlüpfte in eine lederne Weste. Glücklicherweise brauchte er die braunen Manchesterhosen nicht zu wechseln, sie schienen Eliane nicht zu stören.
    »Und jetzt noch den Mantel und den Bowler, und vergiss die Goggles nicht.« Sie warf ihm eine Schweißerbrille mit verspiegelten Gläsern zu.
    »Und jetzt?«, fragte er, als er sich fertig umgezogen hatte, »wie geht es weiter?« Die ganze Sache fing an, ihm Spaß zu machen. Es dünkte ihn, er sei in einen Fantasy-Film oder ein abgefahrenes Theaterstück geraten. Wieso sollte er nicht einfach mitspielen?
    »Los jetzt!« Sie gab ihm einen Schubs und kletterte dann durch das Fenster nach draußen. Er folgte ihr auf dem Fuß, als sie hangaufwärts zu den nächsten Häusern rannten.
    »Wohnst du dort oben?«, keuchte er.
    »Wohnen? Du machst wohl einen Scherz. Das ist eine Fabrik.«
    Sie hatten gerade die Tür des ersten Hauses erreicht, da tönte es von unten: »Martin, komm zurück!«
    Es war Isabelle, die an seinem Schlafzimmerfenster stand und ihm zurief und dabei winkte. Martin war verunsichert. Tat er das Richtige? Wäre es nicht gescheiter, mit seiner Stiefmutter zum Arzt zu gehen, statt seiner neuen Bekanntschaft in ein unbekanntes Abenteuer zu folgen? Doch dann bemerkte er den Roboter, der zwischen den Gebäuden hindurch auf sie zurollte, eine weiße Rauchwolke hinter sich herziehend.
    »Pass auf, Isabelle, die Roboter sind gefährlich. Ich komme bald zurück«, rief er. Dann folgte er Eliane durch die Tür ins Haus. Es war düster im Innern, trotzdem konnte er erkennen, dass das Haus vollständig leer war. Es gab keine Unterteilung, sie standen in einem einzigen großen Raum. Von einem Dachbalken hing ein Strick. Eliane ging darauf zu und erst jetzt bemerkte Martin, dass sie hinkte. Ob die Roboter sie verletzt hatten?
    »Achtung!«, rief sie und zog an dem Strick. Gebannt schaute er nach oben ins Dachgebälk. Doch er hätte lieber seine Aufmerksamkeit nach unten richten sollen. Der Boden unter ihm gab plötzlich nach und er stürzte in die Tiefe. Martin wollte schreien, doch er blieb stumm vor Schreck. Es herrschte totale Finsternis um ihn herum und er fiel und fiel. Dazu rauschte und drückte es in seinen Ohren.
    Er war so gut wie tot, schoss es ihm durch den Kopf, einen solchen Sturz konnte niemand überleben. Doch der befürchtete Aufschlag kam nicht. Der Fall wollte nicht enden, er schien ins Bodenlose zu stürzen. Wäre er doch mit Isabelle zum Arzt gegangen. Was wohl aus ihr werden würde, ohne ihn? Hoffentlich ließen die Roboter sie in Ruhe. Auch wenn sie immer ein etwas distanziertes Verhältnis gehabt hatten, sie war die einzige Person, aus der er sich was machte. Besonders seit sein Vater gestorben war, hatten sie zusammengehalten. Sie hatte für ihn gesorgt und er hatte das Haus und seine Einrichtung repariert und in Schuss gehalten. Er dachte an die zwei Jahrzehnte zurück, die sie miteinander verbracht hatten. Ein halbes Leben. Und das sollte jetzt alles vorbei sein? Eigentlich müsste er schon tot sein. Der Sturz dauerte bereits eine Ewigkeit! Ob er noch Zeit haben würde, zwischen Aufschlag und Tod den Schmerz wahrzunehmen?
    Zu Beginn war Isabelle wie eine ältere Schwester zu ihm gewesen und er hatte lange Zeit gar nicht mitbekommen, dass das Waisenkind, das sie aufgenommen hatten, zur Geliebten seines Vaters geworden war. Im Gegensatz zu seiner Mutter, zu seiner wirklichen Mutter. Sie hatte es gewusst und sie hatte es geduldet. Vielleicht auch deshalb, weil sie an einer tödlichen Krankheit litt und wusste, dass sie bald sterben würde. Ja, vielleicht auch wegen ihm, Martin, hatte sie die Geliebte ihres Mannes im eigenen Haus akzeptiert. Sozusagen als ihre Nachfolgerin. Sie war eine großartige Frau gewesen und er hatte sie geliebt. Dann war Isabelle an ihre Stelle getreten und sie war für ihn nach und nach zur Ersatzmutter geworden. Sie hatte für ihn gesorgt wie für ihren eigenen Sohn, obschon sie nur drei Jahre älter war. Und Martin hatte ihre Fürsorge auch dringend benötigt. Er war schon immer ein scheuer und in sich gekehrter Junge gewesen, doch mit dem Tod seiner leiblichen Mutter, war er endgültig zu einem Sonderling geworden, der nur zur Arbeit außer Haus ging und die ganze Zeit mit sich und seinen Fischen sprach.
    Tausend Gedanken und Szenen aus seinem Leben schossen ihm durch den Kopf: Die Arbeit bei Schwarz & Co, wo er trotz der fehlenden
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