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Die Reise nach Orb - ein Steampunk-Roman (German Edition)

Die Reise nach Orb - ein Steampunk-Roman (German Edition)

Titel: Die Reise nach Orb - ein Steampunk-Roman (German Edition)
Autoren: Anton Bärtschi
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lag?
    »Wieso brauchen wir denn eine Ætherpistole?«, fragte er vorsichtig. Vielleicht war es besser, einfach mitzuspielen und so zu tun, als sei alles normal.
    »Wir brauchen sie nicht, hoffe ich wenigstens. Aber dein Onkel Flix Krok hat dich danach gefragt. Schon vergessen?«
    »Ja natürlich, Flix Krok, entschuldige bitte, ich habe zurzeit ein paar Aussetzer. Ich glaube, ich werde krank.« In Wirklichkeit konnte er sich nicht an einen Onkel mit diesem Namen erinnern. Der Zeitsprung, oder was auch immer diese ganze Misere verursacht hatte, hatte offenbar auch seine Verwandtschaft durcheinandergebracht. Gott sei Dank war seine Stiefmutter noch einigermaßen dieselbe, von der merkwürdigen Verkleidung mal abgesehen.
    Seine Gedanken waren immer noch in Aufruhr, da kam schon der nächste Schock auf ihn zu. Draußen wurde es plötzlich hell. Sonnenlicht durchflutete das Tal. Doch die dunkle Wand gegenüber blieb. Ein letzter Sonnenschein vor dem nahenden Unwetter? Martin, der gerade fertig gegessen hatte, erhob sich und trat wiederum ans Küchenfenster. Bei dem, was er sah, stockte ihm der Atem. Die dunkle Wand war kein nahendes Unwetter, sondern eine mächtige Felswand, die sich dort erhob, wo normalerweise die Hügel auf der anderen Talseite lagen. Auch der Wald dazwischen war verschwunden. An dessen Stelle sah er eine Reihe Gebäude aus roten Backsteinziegeln und dahinter einen Turm, der verblüffend dem Uhrturm am Palace of Westminster in London glich. Die Uhr mit den römischen Ziffern zeigte halb Eins. Dahinter entdeckte er den Mast, an dem das Luftschiff gerade andockte. Martin kam aus dem Staunen nicht heraus. Welch seltsame Welt tat sich da vor seinen Augen auf. Um noch besser sehen zu können, öffnete er das Fenster. Es hatte einen Drehverschluss aus Messing und glich nur entfernt dem Küchenfenster, das er in Erinnerung hatte. Er streckte den Kopf hinaus und schaute nach oben. Nur so konnte er das obere Ende der Felswand sehen. Darüber war der Himmel hellgrau, und er vermeinte, drei winzige farbige Ballone zu erblicken, die mit hoher Geschwindigkeit hinter der Felskante verschwanden.
    »Martin, mach das Fenster sofort wieder zu! Wie oft habe ich dir schon gesagt, dass du die Fenster nicht öffnen sollst.« Isabelle sah ihn streng an.
    »Wieso? Ein bisschen frische Luft kann sicher nicht schaden.«
    »Es geht nicht um frische Luft, das weißt du doch. In letzter Zeit gab es einige Unfälle wegen der Gase, die vom See heraufkommen.«
    Martin blickte verständnislos wieder aus dem Fenster. Von einem See war nichts zu sehen. Da draußen gab es nur die paar Häuser und vor allem diese mächtige Wand. Sie musste mehrere Tausend Meter hoch sein. Er wagte es jedoch nicht, seine Mutter nach der Felswand zu fragen, aus Angst, sie könnte ihn endgültig für übergeschnappt halten. Aber vielleicht kam er auf Umwegen zum Ziel.
    »Das Zweiuhr-Schiff nach Stonehenge wird bei diesem schönen Wetter wohl über die Felsen steigen«, bemerkte er. Doch sie sah ihn nur konsterniert an.
    »Soll das ein Witz sein? Oder willst du mich auf den Arm nehmen? Kein Linien-Schiff kann in den eisigen Höhen fahren.« Sie sah ihn prüfend an und fügte hinzu: »Mit dir stimmt etwas nicht. Ich denke, dass du tatsächlich krank wirst. Hoffentlich hast du kein Eisengas geatmet. Wir sollten vorsichtshalber Doktor Schmalbart aufsuchen. Ich werde dich begleiten.«
    »Doktor Schmalbart? Das ist doch nicht nötig. Ich verzieh mich jetzt wieder in mein Bastel … ich meine in mein Experimentierzimmer und werfe nochmals einen Blick auf die …äh … Ætherpistole. Vielleicht kann ich sie verbessern.«
    »Das kann warten. Die Gesundheit geht vor. Komm, zieh dir was Vernünftiges an, dann machen wir uns auf den Weg.«
    Martin trottete davon. Vielleicht konnte ein Besuch beim Arzt nicht schaden, auch wenn er nie etwas von einem Doktor Schmalbart gehört hatte. Der Hausarzt hieß Isenschmid und wohnte nur drei Häuser weiter. Doch in dieser Welt, in die es ihn verschlagen hatte, existierte er vermutlich nicht. Gut, dass er unzählige SF-Romane gelesen und Fantasy-Filme gesehen hatte. Wie würde wohl ein anderer reagieren, der von solchen Dingen keine Ahnung hatte? Er war ein bisschen stolz darauf, dass er so ruhig geblieben war und die ganze Sache cool anging, und er war auch gespannt auf die Entdeckungen, die er sicher noch machen würde.
    Sein Schlafzimmer lag unmittelbar neben dem Bastelzimmer und konnte von diesem direkt durch eine
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