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Die Rattenhexe

Die Rattenhexe

Titel: Die Rattenhexe
Autoren: Jason Dark
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hockte.
    Das alles sah die Frau nicht, die sich ihren Weg durch die Fluten bahnte.
    Senta fühlte sich wunderbar. Sie hatte die große Abrechnung durchgeführt. All ihre Pläne waren aufgegangen. Es gab keinen Jake Holland mehr, der ihr die Zukunft hätte verbauen können. Sie brauchte ihm auch nicht dankbar zu sein, daß er sie als junges Mädchen aus den Slums von Rio geholt hatte. Ein Paar, das durch die Welt trampte, mehr wußte sie nicht. Der Rest der Erinnerungen bestand aus Kämpfen und der Liebe zu den Ratten. Ihr Verständnis für diese Tiere sprengte alle Grenzen.
    Sie hatte zweimal gepfiffen. Sie wußte, was passierte. Sie hörte auch die Schüsse. Sie lächelte, und wenig später, als sie die Nische bereits sah, da war auch das Problem Slatko erledigt. Er hatte seine verdiente Strafe bekommen.
    Die nackten Beine noch vom Dreckwasser umspült blieb sie stehen und schaute den Ratten zu. Nur sie bewegten sich der menschliche Körper nicht mehr.
    Eine gewisse Zeit wartete Senta noch ab. Der nächste Pfiff glich wieder einem Befehl, den die Tiere sofort verstanden. Sie ließen von der Leiche ab, drehten sich und wuchteten ihre Körper wieder zurück in die Fluten.
    Dort, wo die Frau stand, brodelte das schmutzige Wasser und bekam auf der Oberfläche helle Streifen.
    Es war alles okay. Sie konnte zufrieden sein, stieg deshalb die Stufen hoch, bückte sich und kümmerte sich um den Körper. »Das hast du verdient, du Killer«, sagte sie keuchend, als sie die Leiche hoch- und dann herumwuchtete. Sie schleuderte den Toten in die schmutzigen Fluten hinein, wo die Strömung sofort wie mit zahlreichen Händen zupackte. So wurde der Tote mitgezerrt und dem Hauptkanal entgegengetrieben.
    Senta aber betrat ihre kleine Welt. Wieder kniete sie nieder und starrte nach vorn über das Wasser hinweg.
    So ganz zufrieden war sie nicht, denn es gab noch ein zweites Problem.
    Das hieß John Sinclair!
    Sie wurde aus diesem Mann nicht schlau. Schon an der Tankstelle hatte sie seine Aura gespürt, die ihr so anders vorgekommen war.
    Okay, dachte Senta, ich habe ein Abenteuer für die Nacht gesucht. Er ist mir gerade recht gekommen, aber daß es so enden würde, das hätte ich nicht gedacht.
    Was würde er tun?
    Sie schätzte ihn als einen Mann ein, der nichts anbrennen ließ.
    Der gewissen Dingen immer auf den Grund gehen würde. Und sie konnte sich vorstellen, daß er den Weg auch jetzt fand.
    Er sollte ruhig kommen.
    Sie würde ihn erwarten – und auch die Ratten…
    ***
    Wir standen in der Unterwelt!
    Es war wie immer widerlich, obwohl wir uns im Prinzip nicht beklagen konnten, denn wir waren in einem breiten Gang gelandet, an dessen Seiten wir entlanggehen konnten. Zudem sorgte eine gewisse Beleuchtung unter der Decke für entsprechendes Licht, damit wir uns auch ohne die Taschenlampen weiterbewegen konnten.
    Wir liefen an zwei Seiten entlang. Suko auf der rechten, ich auf der linken.
    Das Wasser schäumte als graubraune, stinkende Brühe durch das betonierte Kanalbett. Wir sahen auch Abfall, den das Regenwasser mitgerissen hatte. Aufgeweichtes Papier, kleine Zweige, Blätter, aber ansonsten nur Dreck, Fäkalien – und Ratten!
    Ja, auch sie, denn hin und wieder schauten sie mit ihren Schnauzen aus der trüben Gischt hervor, die immer dann gelb wurde, wenn sie unter einer Lichtglocke hinwegschäumte.
    Auch wenn wir hier tagelang umherirrten, an den Gestank würde ich mich niemals gewöhnen können. Er war einfach ekelerregend. Ein widerlicher Nebel, der sich im Sprüh des Wassers festgesetzt hatte und ständig Nachschub erhielt. Bisher waren nur unsere Füße naß geworden, ob das so blieb, war fraglich.
    Vor uns sahen wir eine Kreuzung. Der Hauptkanal führte weiter, aber von rechts und links schäumte das Wasser zweier Seitenkanäle heran und vereinigte sich mit dem anderen Dreck. Die Kreuzung war auch für uns ein Scheideweg. Wir blieben stehen, ich links, Suko rechts.
    »Und jetzt?« rief er mir über das schmatzende Wasser hinweg zu.
    »Wohin? Hast du einen Vorschlag?«
    »Ich möchte nicht, daß wir uns trennen.«
    »Das ist okay, John.«
    »Was sagt dein Gefühl?«
    »Nichts. Und wie ist es mit dir?«
    »Dito.«
    Guter Rat war jetzt mehr als teuer. Außerdem gab es nirgendwo einen Hinweis auf unsere verschwundene ›Freundin‹. Das sah wirklich nicht besonders gut aus.
    »Wir müssen nach rechts!« Sukos laut klingende Stimme unterbrach meine Gedanken.
    »Wieso?«
    Er hatte seine kleine Lampe hervorgeholt. Viel Licht
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