Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die Räder der Welt - Lake, J: Räder der Welt - Mainspring

Die Räder der Welt - Lake, J: Räder der Welt - Mainspring

Titel: Die Räder der Welt - Lake, J: Räder der Welt - Mainspring
Autoren: Jay Lake
Vom Netzwerk:
schweigend in das Nichts fiel, das unter ihnen gähnte.
    Hethor stürzte sich auf den nächsten Gegner, der sein Gleichgewicht noch nicht wiedererlangt hatte, bevor dessen Kampfgefährten näherkommen konnten. Es gelang Hethor, den Gegner auf das Geländer zur Linken zu werfen und dessen Kopf gegen die sich drehende Messingwand der Achse zu schmettern. Splitter und Sägespäne flogen durch die Luft. Es roch nach verbranntem Holz, und ein seltsames, surrendes Geräusch war zu hören.
    Plötzlich hörte er Arellya schreien.
    Hethor stieß die Kreatur zur Seite, worauf sie die Treppe hinunterstürzte und dabei immer wieder gegen die rotierende Welle prallte. Arellya lag auf der Treppe. Ihren Speer hielt sie vor sich, um zwei der hölzernen Angreifer abzuwehren. Sie ragten bedrohlich vor ihr auf und rangelten um den besten Platz, um sie zu Tode zu trampeln.
    Hethor versuchte zu springen, aber der eine Überlebende über ihm packte ihn an den Fußgelenken. Hethor stürzte und prallte mit dem Gesicht auf die geschmiedeten Metallstufen. Im nächsten Augenblick würden seine Beine zerschmettert sein. Direkt vor ihm schrie Arellya erneut. Ihr schöner Pelz wirkte matt unter ihrem eigenen Blut.
    So konnte, durfte es nicht enden!
    Hethor schloss die Augen und konzentrierte sich auf sein Gespür für die der Schöpfung zugrunde liegende Realität. Die hölzernen Maschinen waren tote Mechanismen, die in ihrer perfekten, aber sterilen Konstruktion erschreckend identisch wirkten im Vergleich zu den lebenden, pulsierenden Strukturen, aus denen Arellya und Hethor bestanden. Hethor griff mit seinen Kräften hinter sich und stemmte sich gegen die Schmerzen in seinem Bein, um die Zahnräder eines seiner Peiniger zu sprengen.
    Seine Ohren nahmen eine Explosion wahr. Splitter bohrten sich in seinen Körper. Er fuhr herum, um Arellyas Angreifern zu begegnen. Das Bild lodernder Flammen zeichnete sich vor seinem geistigen Auge ab – ein entfesseltes Chaos in dieser Version der Welt, ein Chaos, das instabile Strukturen von atemberaubender Schönheit erschuf, die im nächsten Moment in einen Schauer aus Federn, Rädchen und anderen Einzelteilen zerfielen.
    Hethor richtete dieses Chaos auf Arellyas Angreifer. Die beiden gingen in sengender Hitze und laut prasselnden Flammen auf – die Auflösung der ordentlichen Welt der Schöpfung.
    Hethor wandte sich von seinem heiligen Blick ab und kniete sich neben Arellya, die immer noch ihren Speer festhielt. Ihre Augen waren glasig, und sie wimmerte. Blut verfilzte die Haare an ihrem Hals, auf den Schultern und auf der Brust.
    »Kannst du mich hören?«, fragte Hethor.
    Sie nickte.
    »Wirst du überleben?«
    Sie blickte stumm vor sich hin.
    Da griff er nach ihr und versuchte, die Antriebsfeder zu finden, die ihren Körper am Leben erhielt, ohne dabei ihr Wesen anzutasten. Chaotische Muster waren in dem beschädigten Gesamtwerk zu erkennen, das Arellya war, aber schlimmer noch war die Stille. Sie hatte einen brutalen Schlag auf den Kopf abbekommen. Behutsam streichelte Hethor die verletzte Stelle und spürte unter den Fingern blutverkrusteten Pelz über verschobenen Knochen, während seine Augen mehr von Gottes geliebtem Messing sahen.
    Obwohl Hethor sie nicht wieder ganz zusammensetzen konnte, vermocht er doch das Chaos zu beruhigen und ein paar Zahnräder in ihrem Kopf wieder in Bewegung zu setzen. Doch als er sich zu ihr hinunterbeugte, traf ihn ein wuchtiger Schlag im Rücken, der wie eine Axt durch einen Schössling fuhr. Es hatte noch einen anderen Angreifer gegeben.
    Hethor brach auf den Stufen zusammen und sah vor seinem geistigen Auge immer noch die Welt, die unter allem lag, als er an Arellya vorbeirutschte. Er streckte die Hand nach ihrem Speer aus, als er sich rollend vor einem weiteren Schlag in Sicherheit brachte, der die Stufen erzittern ließ. Der Speer lag nah bei ihm, aber nicht nah genug, denn seine Fingerspitzen streiften ihn nur. Also fertigte er sich einen eigenen, indem er die Luft zwang, sich zu verdichten. Wind heulte, und der bittere Geruch eines Sturmes war zu riechen, als er seinen Uhrwerkspeer nach vorn rammte.
    Sein heiliger Blick war verschwunden, denn die Erschöpfung hatte ihm alle Kraft genommen. Die letzte der hölzernen Maschinen fiel langsam an ihm vorbei. Ihr flaches Gesicht löste sich in das schreiende Antlitz eines dunkelhäutigen Mannes auf, genau wie es bei den Dienern William of Ghents gewesen war, als seine große Dschungelfestung in Flammen aufging.
    Hethor
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher