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Die Rache des Kaisers

Titel: Die Rache des Kaisers
Autoren: Gisbert Haefs
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jedem Spiel, natürlich war, den Gegner zu schwächen. Im Hinblick auf die großen anstehenden Dinge sind nun der Kaiser und seine Berater zu der Ansicht gelangt, daß eine Rechnung noch nicht abgeschlossen ist, und zwar zu seinen Ungunsten. Es gibt dazu auch einen unabgeschlossenen Vorgang bei einem kurfürstlichen Gericht.«
    Gonzaga blickte verwirrt drein.
    Mantegna seufzte. »Hört auf, um die Sache herumzureden, Mann! Um was geht es?«
    »Ihr habt im Lauf der Jahre allerlei unternommen, um den Kaiser und das Reich zu schwächen.«
    Mantegna hob die Hand und öffnete den Mund.

    »Nein, laßt mich bitte ausreden, Eminenz. Ich will nicht alles aufzählen, das würde uns nur langweilen - erwähnen wir also lediglich, als Beispiele, Eure Mitwirkung beim Schmieden gewisser Bündnisse zwischen dem Papst, Venedig und Frankreich, und Eure und der Kirche Rolle beim Aufbringen und Befördern gewisser Summen für den Woiwoden Zapolja und das türkische Heer. All dies« - ich beugte mich vor und sprach mit etwas mehr Nachdruck - »wird aufgewogen durch gewisse Gegenzüge des Kaisers und seiner Berater. Diese sehen jedoch eine Unausgewogenheit in einer anderen Sache, die, wie gesagt, als Anzeige und unabgeschlossenes Verfahren bei den Richtern des Kurfürsten von Trier liegt. Der Kurfürst legt Wert darauf, die Sache abzuschließen, um seine Untertanen, einige Richter und etliche sehr mürrische Amtleute zu beschwichtigen. Die Berater des Kaisers wiederum wissen, wie sehr er auf der Kurfürsten Wohlwollen, ihr Geld und die Bereitstellung von Soldaten angewiesen ist. Kurzum: Damit die Waage ausgeglichen sei, will man Euren Kopf, Eminenz. Oder den eines anderen samt einer guten Erklärung. Einer sehr guten Erklärung.«
    »Meinen Kopf?« Mantegna kniff die Brauen zusammen. »Man wird es nicht wagen, Hand an einen Gesandten des Heiligen Vaters zu legen.«
    »Ich versichere Euch«, sagte ich, »daß die Garde des Kurfürsten von Trier die Straße beobachtet, auf der Ihr reist. Und natürlich wird sie nichts tun, Eure Gesundheit zu gefährden. Es könnte aber sein, daß eine Horde evangelisch aufgewiegelter Bauern Euren Reisezug überfällt, ehe man sie daran hindern kann. Man würde es natürlich sehr bedauern; es ist jedoch allgemein bekannt, daß wir in wirren Zeiten leben.«
    »Aber«, sagte Gonzaga.

    Mantegna warf ihm einen Blick zu; dann wandte er sich an mich. »Um welchen Vorgang handelt es sich?«
    »Vor zehn Jahren«, sagte ich, »seid Ihr mit Zamora, Haspacher, Castelbajac, Piranesi und einer von ihnen befehligten Truppe nicht weit von hier in den Bergen gewesen, um einen Mann namens Spengler zu suchen. Dabei wurde das ganze Dorf ausgerottet. Später starb noch ein Graf, mit dem Spengler offenbar in Zusammenhang stand. Was hatte Spengler getan, und warum mußten so viele sterben?«
    »Sie hatten uns gesehen - zu viele Zeugen.« Mantegnas Stimme klang, als sei er über meine kindliche Einfalt verwundert. »Und Spengler hatte Geld verteilt, vor der Kaiserwahl. Geld, mit dem Stimmen für François gekauft werden sollten. Masinger, eh, Mazzini hatte es so eingerichtet, daß dieses Geld über verschiedene Wege nach Deutschland gelangte und nicht zu verfolgen war. Übrigens schon vorher; Geld für unzufriedene Fürsten, für Bauernführer, für Reformer. Alles, was das Reich schwächt. Und dann mußten Spuren beseitigt werden. Könnte man sagen.«
    Ich bemühte mich, mir nichts anmerken zu lassen. Mein Vater … warum? Nur für Geld?
    »Gut«, sagte ich. »So ungefähr haben wir … haben es sich die Berater des Kaisers gedacht. Es bleiben zwei Fragen, ehe wir die Sache abschließen können. Woher kam das Geld? Und wer hat die Spurentilgung angeordnet?«
    Mantegna lächelte - boshaft, wie ich fand. »Was meint Ihr, woher das Geld kam?«
    Ich zögerte. »Von François? Kaum; warum sollte Geld aus Frankreich so schwierig umgeleitet werden? Es wäre einfacher, ein paar Männer mit Münzen über die Grenze zu schicken, nicht wahr? Vom Papst?«
    Mantegna schüttelte den Kopf; seine Augen funkelten.
»Damals befanden sich der Heilige Vater, Leo, und Karl sowie François in einem verwickelten Dreier-Reigen. Leo hat François unterstützt, um sich später mit Karl zu einigen. Und er hat François ganz offen unterstützt - wozu also heimliche Geldverteilung?«
    »Aber wer war es denn? Die Fugger? Die Welser?«
    »Beide haben Karl unterstützt. Und insgeheim, wenn auch nicht so stark, François; man weiß ja nie, wer gewinnt, und das
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