Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

Die Rache des Kaisers

Titel: Die Rache des Kaisers
Autoren: Gisbert Haefs
Vom Netzwerk:
der Miralda begleitete ich Samper jedoch auf der Rheinstraße nach Süden, der päpstlichen Gesandtschaft entgegen.
    Ich hatte noch auf der Insel La Española das Schreiben selbst ins Deutsche und Italienische übersetzt. Auch diese beiden Fassungen waren mit den Siegeln des Vizekönigs versehen. Samper trug nun den italienischen Brief bei sich, in einem dicken Umschlag, zusammen mit einigen Zeilen, die ich auf einen weiteren Bogen geschrieben hatte.
    Das amtliche Schreiben war unterfertigt von »Don Antonio de Mendoza y Pacheco, Graf von Tendilla, Vizekönig de las Indias, vertreten durch …« und hatte den üblichen imposanten Kopf mit allen Titeln, Ämtern, Zuständigkeiten und Privilegien. Der Text war vergleichsweise karg; nicht umsonst hatte ich lange darüber nachgedacht. Gerichtet an Seine Eminenz Giacinto Kardinal Mantegna, stellte es lediglich fest, daß bei der peinlichen Befragung - die übliche Umschreibung für Folter und Verhör - des verblichenen Alonso Zamora gewisse Einzelheiten in Erfahrung gebracht und verzeichnet worden seien, so etwa Namen wie Piranesi, Haspacher, Castelbajac und Symonds, ferner die Vielzahl von Namen - Franz Masinger, Franziskus Messing, Francesco Mazzini, François Massard - einer mit Geldgeschäften befaßten Person, sowie auch Orte und Vorgänge zwischen einem Dorf im deutschen Hunsrück 1519, Venedig 1526 und »türkisch Ungarn« 1529. Eminenz möge dem Beauftragten zur Verfügung stehen für ein Gespräch, dessen Ziel es sei, schlimmste Folgen für die Beziehungen zwischen Kaiser und Papst abzuwenden und die Unversehrtheit von Leib und Ruf Seiner Eminenz zu wahren.

    Die wenigen zusätzlichen Zeilen baten Mantegna, mit »kleiner Begleitung« der Einladung zu einer Aufführung auf dem Theaterschiff Miralda nachzukommen. Zu dieser Begleitung solle, falls verfügbar, Harry Symonds gehören, welcher möglicherweise als Pfand zur Bekräftigung einer Geste guten Willens dienen könne.
    Ich hatte alles mit Samper und Caonabo durchgesprochen. Samper sah die Gefahr für die Miralda als gering an - »wenn alles so geht, wie du es dir vorstellst.« Caonabo hatte gelacht, als er bei der Zeile mit Symonds als Pfand angekommen war, und gesagt: »Das große Schwein ködern, indem du ihm andeutest, er könnte mit heiler Haut entkommen, wenn er das kleine Schwein opfert? Und was, wenn er nicht kommt?«
    »Geh, laß dich von den Fingerspitzen und der Zunge der holden Jasmina ablenken und kümmere dich nicht um uns. Es gibt, für alle Fälle, einen zweiten Plan.«
    Von dem ich allerdings hoffte, ihn nicht ausführen zu müssen. Er sah unerfreulich viel Gewalt vor, unzufriedene evangelische Bauern, einen schmalen Abschnitt der Rheinstraße südlich von Koblenz und vom Hang rollende Felsen.
    Und Karl, der dafür gebraucht würde. Ihn fanden wir nach ein paar Wegstunden; mit mürrischem Gesicht und offensichtlich schleifender Seele kam er uns entgegengeritten. Er hatte sich in seinen uralten Mantel aus tausend Tierfellen gehüllt und war an Haar und Bart verstrüppt, glich insgesamt einem wandelnden oder reitenden Berghang. Er blinzelte, rieb sich die Augen, begann zu strahlen, sprang vom Pferd und breitete die Arme aus, als ich abstieg.
    »Jakko - kleiner Bruder - Herr! Ist denn heute Mittwoch? Oder sind wir zu früh?«

    Wir umarmten einander; er stank nach minderen Waschungen, Knoblauch und Beifuß, aber für mich war es ein willkommener Duft.
    Am Wegrand machten wir eine kurze Rast. Nachdem wir Karl mitgeteilt hatten, was wir tun wollten, zögerte er kurz, dann nickte er und schlug mir auf die Schulter.
    »Guter Plan, Junge. Sie sind unterwegs, paar Stunden hinter mir. Kein Rankommen an Symonds - kleine Truppe, nur ein Dutzend Leute, aber immer zusammen.«
    »Wieso ist die Gesandtschaft so klein?«
    Karl zuckte mit den Schultern. »Kein Krieg, vorübergehend, und man will kein großes Aufsehen erregen. Geheime diplomatische Vorbereitungen, weißt du?«
     
    Am nächsten Mittag kam Samper zurück zur Miralda, die wir von der Insel zum Ufer verlegt hatten. Als er an Bord kam, sah ich an seinem Gesicht, daß der Plan bisher geglückt war.
    »Heute abend, bei Sonnenuntergang«, sagte er.
    »Keine Vorbehalte?«
    »Ich habe ihm versprochen, daß wir eine besonders schöne Aufführung eines Mirakelstücks machen werden, über Jesu Leiden und Auferstehung.« Alberto grinste. »Wie besprochen, so gerochen. Oder so.«
    »Warst du bei ihm, als er das Schreiben gelesen hat?«
    Er nickte.
    »Und?
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher