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Die Rache des glücklichen Mannes

Titel: Die Rache des glücklichen Mannes
Autoren: Arto Paasilinna
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verirrte Kugel? Jaatinen warf sich in den Sumpf, die Birkhühner klatschten ihm schwer auf den Rücken. Wieder pfiff eine Kugel, jetzt fuhr sie durch den Birk­ huhnstapel auf seinem Rücken.
    Verdammt, dachte Jaatinen, man beschießt mich mit voller Absicht. Er löste die Birkhühner vom Gürtel, schob sich in eine sicherere Position zwischen den Grasbülten und hob vorsichtig den Kopf. Über dem weiten Moor hing Nebel, es war ganz still.
    Am gegenüberliegenden Rand des Moores lagen Ollo­ nen und Jokikokko neben dem gelöschten Feuer in Stellung. Sie beobachteten das Gelände durch die Raster ihrer Zielfernrohre. Jaatinen war, wie es schien, gefallen und verschwunden. Ollonen:
    »Er hat wohl was abgekriegt, bewegt sich nicht.« »Vielleicht verschanzt er sich bloß«, meinte Jokikokko
    zweifelnd. »Warten wir noch, vielleicht hat er mitge­ kriegt, dass auf ihn geschossen wird.«
    So lagen sie allesamt dort gut fünfzehn Minuten, Jaa­ tinen im Sumpf, seine Gegner unter Fichten am Hügel. Über den nebligen Sumpf flogen ein paar missmutige Raben, beim Anblick von Jaatinen schrien sie lästerlich, und als sie etwa dreihundert Meter weiter bis an den Rand des Sumpfes geflogen waren, krächzten sie noch gereizter. Jaatinen schloss daraus, dass sich an genau jener Stelle seine Verfolger befanden. Er zog vorsichtig seinen Feldstecher aus dem Futteral, hob ihn äußerst langsam und suchte die graue Waldfront ab.
    Minutenlang starrte Jaatinen durch die Linsen seines Feldstechers in die farblose Landschaft, bis er ein inte­ ressantes Detail entdeckte: Hinter ein paar Fichten zeichnete sich ein grünes Stück Stoff ab, ein Rucksack wahrscheinlich, und außerdem war deutlich zu erken­ nen, dass dort ein schwarzwandiger Kaffeekessel an einem rußigen Gestell hing. Jaatinen ließ den Feldste­ cher sinken, legte das Gewehr an, zielte sorgfältig auf den Kaffeekessel und drückte ab. Treffer.
    Sofort hob er wieder den Feldstecher, und jetzt war am Waldrand ein wenig Bewegung zu sehen. Ollonen und Jokikokko schraken von dem Schuss zusammen, drehten sich um und sahen nach dem Kaffeekessel, dessen Inhalt in die heiße Asche floss. Jaatinen hatte ihren Aufenthaltsort entdeckt.
    Hastig begannen die Männer, ihren im Sumpf liegen­ den Widersacher zu beschießen, ohne jedoch genau zu wissen, von wo der Schuss eigentlich gekommen war.
    Jaatinen feuerte ein paarmal. Jokikokko begann sich zurückzuziehen, die Kugeln rissen helle Flecke in die Stämme der feuchten Fichten. Ollonen rief seinem Ge­ fährten zu:
    »Bleib hier! Nicht bewegen, er sieht dich!« Aber Jokikokko rannte gebückt los und war bald im
    Dunkel des Waldes verschwunden. Ollonen folgte ihm nicht, sondern beschoss wütend den Sumpf. Jaatinen erwiderte ab und zu mit einem gezielten Schuss, in dem Fichtenstamm hinter dem Ollonen lag, klatschte es nur so von den Treffern.
    Jaatinen feuerte nun so heftig und präzise, dass Ollo­ nen sich zurückziehen und in einer kleinen Senke Schutz suchen musste. Von dort schoss er noch fünf Mal, jetzt fast blindlings. Damit waren seine Möglichkei­ ten erschöpft, er hatte nämlich keine Patronen mehr.
    Ollonen rief in den Sumpf:
    »Hör auf zu schießen, Jaatinen, meine Munition ist alle, ich ergebe mich!«
    Jaatinen rief zurück, Ollonen solle seine Waffe im Wald liegen lassen und mit den Händen über dem Kopf an den Rand des Sumpfes treten. Ollonen gehorchte, mit Schaudern im Herzens kam er ungeschützt heraus. Jaatinen erhob sich von seinem morastigen Liegeplatz, die Männer trafen sich am Waldrand.
    »Ihr habt versucht, mich zu töten, wer war der ande­ re?«
    »Jokikokko.«
    »Gehen wir ins Kirchdorf. Trag du die Birkhühner, ich werde dein Gewehr an mich nehmen.«
    Kurz darauf traf Kommissar Kavonkulma am Wald-rand ein, und mit ihm der verschreckte Jokikokko. Kavonkulma erklärte, als er den heftigen Schusswechsel aus dem Sumpf gehört habe, sei er herbeigeeilt und habe den kopflos durch den Wald laufenden Wehrleiter festgenommen, der ihm widerstandslos seine Waffe ausgehändigt habe.
    »Ich würde diese Schießerei einen Mordversuch nen­ nen«, sagte Jaatinen. »Was sagst du als Kommissar zu der Sache?«
    »Ich kann nur bestätigen, dass es so ist, wie du sagst.«
    Ollonen und Jokikokko starrten sich schweigend an, bis Ollonen knurrte:
    »Du Lump bist geflüchtet, pfui Teufel, schämst du dich nicht?«
    Der Feuerwehrchef schämte sich eindeutig, und auch Ollonen schämte und fürchtete sich: Als Polizist wusste er genau,
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