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Die Rache Der Wanderhure

Die Rache Der Wanderhure

Titel: Die Rache Der Wanderhure
Autoren: Iny Lorentz
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Sokolny bin ich vor allen Nachstellungen des Papstes sicher, und wenn nicht, reite ich so lange nach Osten, bis ich ein echtes Rentier gefunden habe!«
    Michel nickte, sah aber so aus, als würde er am liebsten selbst den entscheidenden Schlag führen.
    Marie zuckte nur mit den Achseln und trat zur Tür. »Gehen wir! Sigismund liebt es nicht, warten zu müssen.«
    Hiltrud blieb bei Trudi, um auf sie aufzupassen, und Marat stellte sich wie ein Wächter neben die Tür, um beide zu beschützen. Marie, Michel und Nepomuk aber schritten durch die Korridore, bis sie den Thronsaal erreichten. Dort suchte der Zwerg sich einen Platz unter den Zuschauern, während Marie und Michel zu zwei Stühlen an der Stirnseite des Raumes geführt wurden.
    Unweit von ihnen thronte der Papst auf einem reichgeschmückten Sessel und bedachte Sigismund mit verärgerten und manchmal auch verächtlichen Blicken. Ruppertus hingegen gönnte er ein aufmunterndes Lächeln, so als wolle er ihm sagen, als Sohn der Kirche brauche er sich keine Sorgen zu machen.
    Vorerst aber musste Ruppertus im Büßerhemd und barfuß vor seinen Richtern stehen. Doch seine Miene verriet deutlich, dass er sich unter einem starken Schutz wusste. Als er sich umdrehte und Marie anblickte, las sie in seinen Augen erneut jene alles verzehrende Leidenschaft, mit der er sie so lange verfolgt hatte.
    Marie presste die Lippen zusammen, um ihrem Unmut nicht Luft zu machen. Dann aber nahm sie Isabelle de Melancourts beruhigende Geste wahr. Die Äbtissin stand hinter Sigismunds Thron und beobachtete aufmerksam die Menschen im Saal. Auch für Isabelle ging es um viel. Wenn es Papst Martin gelang, einen Freispruch für seinen Inquisitor zu erwirken, würde wahrscheinlich sie das nächste Opfer dieses rachsüchtigen Mannes sein.
    Dies war auch Marie bewusst, und sie war froh um eine Verbündete, die Sigismund bei den Verhandlungen mit dem Papst den Rücken stärkte.
    Martin V. ergriff mit einem ärgerlichen Schnauben das Wort.
    »Ihr werft meinem Gesandten und Inquisitor allerlei Verbrechen vor: Intrigen gegen das Reich, Mord und Verrat an Euch! All dies soll im Namen der heiligen Kirche geschehen sein. Dies sind so ungeheuerliche Vorwürfe, dass nur der Satan selbst diese erhoben haben kann, um die heilige Kirche zu schwächen!«
    Sein Tonfall hätte den König einschüchtern und dazu veranlassen sollen, den Angeklagten unverzüglich freizulassen. Doch so leicht wollte Sigismund es seinem Gegner nicht machen.
    »Euer Heiligkeit, es ist eine unbestreitbare Tatsache, dass Euer Inquisitor die ihm vorgeworfenen Verbrechen begangen hat. Dies ist umso schlimmer, da Janus Suppertur derjenige ist, der in Eurem Namen spricht! Seine Taten werfen daher auch einen Schatten auf die heilige Kirche!«
    Unbewusst nickte Isabelle de Melancourt. Der König führte die Verhandlung genau so, wie sie es ihm geraten hatte. Doch würde es reichen, um sich gegen den Papst durchzusetzen? Diese Frage bewegte sie ebenso wie Marie. Beide blickten zu Ruppertus hin, der einsam auf der freien Fläche zwischen dem Thron und den Zuschauern stand und den Papst mit seinem Auge auffordernd anstarrte.
    Für Seine Heiligkeit Martin V. ging es um sehr viel. Er hatte Sigismunds Drohung durchaus verstanden, die Verbrechen des Inquisitors notfalls ihm persönlich anzulasten und zu versuchen, einen neuen Papst zu ernennen. So unwahrscheinlich eine erneute Spaltung der Kirche im Augenblick auch erscheinen mochte, ausschließen konnte er sie nicht. Auch die Herrscher der anderen christlichen Reiche reagierten harsch, wenn die Kurie in Rom fühlbar in ihre Rechte eingriff. Da konnte es leicht sein, dass seine Gegner einen ehrgeizigen Kardinal fanden, der ihnen alle Privilegien versprach, die sie sich wünschten, nur um auf den Thron Petri zu gelangen. Dazu blieben die Hussiten eine Bedrohung, die er nicht missachten durfte. Deren fanatischer Flügel mit den Taboriten wurde immer gefährlicher, und er benötigte Sigismund auch weiterhin als Verbündeten gegen diese Ketzer. Wenn es gar nicht anders ging, würde er Janus Suppertur opfern müssen, um seine Position zu sichern.
    Ruppertus spürte mit dem Instinkt eines gehetzten Wildes, dass der Papst allmählich anderen Sinnes wurde und innerlich von ihm abrückte. Doch er wollte nicht das Opfer eines Kuhhandels werden, der sowohl dem König wie auch dem Papst Vorteil brachte. Dies hatte er vorhergesehen und sich darauf vorbereitet, seit Marie und Michel ihn Sigismund übergeben
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