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Die Rache der Medica (Die Medica-Reihe) (German Edition)

Die Rache der Medica (Die Medica-Reihe) (German Edition)

Titel: Die Rache der Medica (Die Medica-Reihe) (German Edition)
Autoren: Johanna Geiges
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gebracht!
    Wenigstens den einzigen Zeugen hatte er ausgeschaltet. Aber das interessierte den Erzbischof nicht. Konrad von Hochstaden hatte sich wieder in das Kloster Heisterbach zurückgezogen und leckte seine Wunden. Es war nur eine Frage der Zeit, bis er aus seiner selbsterwählten Lethargie erwachte wie ein Drache nach langem Schlaf. Sein Zorn, der fürchterlich sein konnte, würde wie ein alles versengender Flammenstoß auf Pater Severin treffen. Zwar hatte er noch die letzte Anweisung seines Dienstherrn, kaum dass sie die unselige Stätte ihrer Niederlage, Burg Landskron, verlassen hatten, in die Tat umgesetzt, indem er Baldur von Veldern damit beauftragt hatte, Burg Greifenklau zu überfallen und dort auf die Medica und ihre Helfer zu warten und sie zu töten. Aber Pater Severin glaubte kaum, dass dieser prompt ausgeführte Befehl das Blatt noch zu seinen Gunsten wenden konnte.
    Pater Severin merkte, dass er zitterte. Es war eiskalt, aber er zitterte nicht, weil ihn fror. Er schaffte es einfach nicht, sich auf sein Gebet zu konzentrieren. Doch ebenso wenig würde es nutzen, wenn er jetzt sein Schlafgemach aufsuchte. Er war in einem so desolaten Zustand, dass er bestimmt nicht einschlafen konnte. Hatte er nicht noch einen Schlaftrunk von diesem Giftmischer, dem er das Pulver, das für den König bestimmt war, abgekauft hatte? Dies schien ihm die einzige Möglichkeit zu sein, für ein paar Stunden Schlaf und damit Vergessen zu finden. Er bekreuzigte sich und stand auf, als er die Hauptpforte aufgehen und jemanden den Dom betreten hörte. Laute Stiefelgeräusche kamen auf dem Steinfußboden des Langschiffs näher. Langsam drehte Pater Severin sich um und sah der dick vermummten Gestalt entgegen, die mit mächtigen Schritten herankam, unaufhaltsam wie ein Todesengel und von gleichem Aussehen. Das schwarze Tuch seines wollenen Reitermantels flatterte, und als Pater Severin ihn erkannte, packte er sein silbernes Kreuz, das an einer Kette um seinen Hals hing, so fest, dass es in seinen Handballen einschnitt.
    »Ritter Baldur von Veldern«, sprach er ihn an. »Habt Ihr Euren Auftrag ausgeführt, wie ich es Euch gesagt habe?«
    Der geächtete Ritter war ihm so nahe gekommen, dass sie sich nun vor dem Altar von Angesicht zu Angesicht gegenüberstanden. Wobei man bei Ritter Baldur kaum von einem Angesicht sprechen konnte, sein Antlitz war rußgeschwärzt, das eingebrannte Kreuzesmal auf seiner Stirn unübersehbar und Blut von einer Hiebwunde auf seiner Wange schwarz verkrustet. Sein Atem war ein Eishauch, und Pater Severin fragte abermals, wobei er sich über alle Maßen Mühe gab, das Zittern in seiner Stimme zu übertünchen: »Was ist? Habt Ihr?«
    »Ja«, sagte Baldur von Veldern endlich. »Ja. Aber es ist alles anders gekommen.«
    »Was ist anders gekommen?«
    »Meine Männer sind alle tot.«
    Trotz seiner Angst stieg Wut in Pater Severin hoch. Er konnte auch nicht ganz aus seiner Haut, der alte, unverschämte Ton schlich sich wieder ein. »Ihr habt versagt. Und da kommt Ihr zu mir, um Eure Belohnung einzufordern?«
    »Nein«, sagte der Ritter. »Nein. Ich bin gekommen, um das zu tun, was ich tun muss.«
    »Was ist das?«, fragte Pater Severin und spürte gleichzeitig, wie etwas entsetzlich Heißes in seinen Unterleib eindrang, heiß wie ein glühendes Eisen, und dann mit brutaler Kraft nach oben gerissen wurde. Es war ihm, als würde er mitten entzweigeschnitten. Ein kehliger Laut entfuhr seinem Mund, während er krampfhaft versuchte, sich am Altar festzuhalten, und dabei das Altartuch samt Kelch, Glöckchen, Bibel und Leuchter zu Boden riss, als er zusammenbrach. Ritter Baldur wartete kaltblütig, bis der silberne Kelch, der quer über den Steinfußboden kollerte, zur Ruhe kam, dann kniete er nieder, wischte das rasiermesserscharf geschliffene und spitze Stilett, das man in seinen Kreisen ›Gnadenbringer‹ nannte und mit dem er den Bauch von Pater Severin von unten bis oben zu den Rippen aufgeschlitzt hatte, an dessen schwarzer Soutane ab und steckte es wieder weg. Breitbeinig stand er über dem Sterbenden. »Ich bin gekommen, um Rache zu nehmen, Pater Severin. Rache für mich und für meinen Auftraggeber. Seine Eminenz, der Erzbischof, hat mich dafür bezahlt, das sollte ich Euch noch ausrichten. Damit Ihr auf dem Weg in die ewige Verdammnis etwas zum Nachdenken habt.«
    Er spuckte verächtlich aus, dann bekreuzigte er sich vor dem Altar, bevor er den langen Gang zum Portal zurückging, den er hereingekommen
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