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Die Quellen Des Bösen

Die Quellen Des Bösen

Titel: Die Quellen Des Bösen
Autoren: Markus Heitz
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die palestanische Delegation verebbte. »Es wird keine Wiedergutmachungen geben.«
    Ein neuerliches, aufgebrachtes Gemurmel flutete den Theaterinnenraum.
    Dem Ilfariten platzte der Kragen.
    Er sprang auf, das Bäuchlein wogte gefährlich hin und her, die grauen Korkenzieherlöckchen auf dem Kopf und ums Kinn wippten wie verrückt.
    »Seid endlich still, Herrschaften!« Er streckte seinen Zeigefinger vor und ließ ihn langsam von rechts nach links wandern. »Ihr alle, wie Ihr da sitzt, tragt Schuld an dem, was sich auf unserem Kontinent ereignet hat. Entweder weil Ihr nichts oder weil Ihr das Falsche tatet. Als Arrulskhán sich gierig gegen Tarpol wandte, um sein Reich zu vergrößern, sahen wir weg oder, was noch viel verwerflicher war, beteiligten uns an dem Raubzug! Wir, Exzellenzen, haben die Katastrophe ausgelöst, die unter immensen Verlusten nur wenige Meilen von hier blutig endete. Wohl gemerkt, mit der Hilfe des Kabcars.« Schnaufend sah er in die betroffenen Gesichter. »Wer sich gänzlich sicher ist, im Jahre 443 alles Mögliche für den jungen Lodrik Bardri¢ getan zu haben, der darf nun aufstehen und seine Forderungen vorbringen. Und einen Vorschlag anbringen, wie man den abgedankten Kabcar bestrafen soll.« Demonstrativ ließ er sich auf seinen Polsterstuhl fallen, der unter seinem Gewicht bedenklich knarrte. »Ich werde es nicht tun.«
    Als einer der Palestaner seinen Hintern lüpfte, zog ihn Tezza leise schimpfend zurück und drosch ihm den Dreispitz um die Ohren, dass die Federn stoben.
    Niemand wagte es, sich zu erheben.
    Perdór wartete ab, bis er aufstand und deutete eine Verbeugung an. »Ich verneige mich vor Eurem Einsehen und der plötzlichen Weisheit, Exzellenzen. Wir sollten nun daran arbeiten, dass unsere Heimat dort, wo sie die Wunden der Tzulandrier trägt, rasch verheilt. Wenn uns dieses Kapitel unserer gemeinsamen Geschichte etwas zeigte, ist es der Umstand, dass wir zukünftigen Gefahren gemeinsam begegnen müssen. Ohne Ausnahme.« Er deutete auf die Ausgänge. »Ich schließe den Konvent. Den Delegationen gehen in Kürze die Verträge zu, in denen das Besprochene festgehalten wird. Wir treffen uns alle heute Abend zu einer großen Feier, bei der wir der Toten gedenken und die Götter preisen, dass sie uns ihren Beistand schenkten.« Er lächelte verschmitzt. »Natürlich darf auch gegessen und getrunken werden.«
    Die Abgesandten standen auf, Stuhlbeine schabten über den Boden, der Stoff der Vorhänge in den Logen raschelte. Die Versammlung löste sich auf.
    Der ilfaritische Herrscher lehnte sich zurück und fischte nach einer Praline. Ulldrael, da machst du etwas mit. Erlöst schob er sich das Naschwerk in den Mund.
    Es wurde ruhiger und ruhiger. Nur das Schnarchen, das aus dem Souffleurkabuff dröhnte, störte die Stille.
    »Das darf doch nicht wahr sein?!« Perdór stemmte sich ungläubig aus dem Stuhl hoch und klopfte gegen die Verschalung. Keine Reaktion. »Holla!«, brüllte er.
    Fiorell zuckte aus dem Schlaf hoch und schlug sich rumpelnd den Kopf an. Aus kleinen Augen blinzelte er seinen Herrn an. »Was denn, Ihro Fortissimohaftigkeit?«
    »Du hast deinen Einsatz verpasst.«
    »Nicht möglich! Ist die Aufführung zu Ende?«, staunte der Hofnarr und turnte aus dem winzigen Verschlag. »Tatsächlich! Alle gegangen. Drama oder Komödie?« Er rieb sich die Stelle am Schädel, die mit dem Holz kollidiert war. »Es gibt vermutlich Krieg, was? Da sind sich die meisten schnell eins.«
    »Nein. Ich habe vermittelt.« Stolz wippte Perdór auf den Zehenspitzen hin und her.
    »Ohne mein Vorsagen? O Schreck! Ein Trauerspiel, demnach? Gar eine Tragödie?«
    »Unsinn. Ein heiteres Stegreiftheater, würde ich sagen.«
    »Obacht, Majestät.« Fiorell tippte gegen den Bauch des Königs. »Vor Selbstzufriedenheit ist Euch das Pänslein geschwollen.«
    »Dir schwillt gleich der Kopf«, drohte der König und ging auf den Possenreißer zu, der sich lachend und mit Flickflacks von der Bühne rettete.
    Perdór folgte ihm. Beinahe hätte ich etwas vergessen.vergessen. Er blieb stehen und verbeugte sich artig wie ein Darsteller vor den leeren Stühlen, ehe er hinter dem Vorhang verschwand. Der Applaus ließ ein wenig zu wünschen übrig. Aber wer erwartet schon Dankbarkeit bei diesem Publikum?
    Es wurde in der ganzen Stadt gefeiert, überall sang man zu Ehren der Gefallenen und der Götter, feierte den Sieg über Govan, Sinured und nicht zuletzt über Tzulan. Auf dem Marktplatz fanden die
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