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Die Quellen Des Bösen

Die Quellen Des Bösen

Titel: Die Quellen Des Bösen
Autoren: Markus Heitz
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Ohr.
    Etwas streifte ihr Gesicht, fuhr liebkosend durch ihre nassen Haare. Das Wasser verwirbelte, als spielte jemand mit den Fingern darin herum.
    Erschrocken zuckte Zvatochna herum. »Wer wagt es?«, giftete sie.
    »Du bist sehr schön«, raunte die Unsichtbare. Zwei Hände glitten über ihren Körper. »Du hättest mir zu meinen Lebzeiten begegnen müssen, mein Kind.«
    »Zurück!«, befahl die Kabcara und wollte aufspringen. Aber etwas hielt sie fest, sie spürte die Berührung vieler Finger an ihrem Leib. Was geschieht hier? Die Kabcara sammelte ihre Magie, ohne zu wissen, wohin sie die Strahlen richten sollte.
    »Du hörst uns zu, mein Kind«, sang die Frauenstimme. »Wir möchten, dass du uns befreist. So wie es uns versprochen wurde.«
    »Befreien?« Zvatochna verstand kein einziges Wort.
    »Aus unserem Gefängnis«, erklärte die Unsichtbare, und geisterhafte Hände drehten den Kopf der jungen Frau in Richtung des Schwertes, das sie aufs Geratewohl in Taromeel aufgehoben hatte. Durch die Schmutzschicht hindurch erkannte sie, wie die Gravuren aufleuchteten.
    Meine Güte! Das ist Vaters Schwert!, erkannte Zvatochna die Waffe wieder. »Und wie soll ich das bewerkstelligen? Wer seid ihr überhaupt?«
    Nach und nach nahmen schemenhafte Wesen um sie herum Gestalt an. Mehr als dreißig Männer und Frauen in den Gewändern aus unterschiedlichsten Zeiten materialisierten sich und standen mit ihren durchsichtigen Körpern um die Wanne der Kabcara herum. Unwillkürlich sank Zvatochna ins Wasser zurück.
    Die Oberfläche des Wassers hob sich zu ihren Füßen, und eine Frau im Gewand einer vermögenden Dame tauchte auf. In kleinen Perlen rann das Wasser über die schimmernde Silhouette, ihr Arm hob sich, und ihr Handrücken strich zärtlich über die Wange der vor Schreck wie gelähmten Kabcara.
    »Ich bin Fjodora Turanow. Wir alle sind die Seelen der Hingerichteten, dazu verdammt, in der Klinge zu leben, bis man uns davon erlöst«, erklärte sie. »Der vorherige Besitzer hat uns das versprochen, also wird es möglich sein. Damit ist es deine Aufgabe, bezaubernde Maid.«
    »Hinfort!« Zvatochna richtete in ihrer Angst einen vergleichsweise harmlosen Stoß ihrer Kräfte gegen die Spukgestalt, die zusammenzuckte und ächzte.
    Die zärtliche Hand ruckte an Zvatochnas Kehle und drückte sie unter Wasser. Nach einer halben Minute endete das Untertauchen, prustend kam sie an die Oberfläche.
    »Versuche das noch einmal, Täubchen, und du wirst in diesem Zuber sterben«, wisperte die geisterhafte Diva.
    »Geht zurück in das Schwert!«, verlangte die junge Frau trotzig.
    »Wer sollte uns dazu zwingen? Du hast erfreulicherweise keine Macht über uns«, lachte der Geist auf. »Wir weichen dir nicht mehr von der Seite, bis es dir gelungen ist, uns zu befreien. Egal, wo du bist, Tag und Nacht umschwirren wir dich, Mägdelein. Du entkommst uns nicht.«
    »Und wenn ich nicht will? Wenn ich euren Wunsch nicht wahr werden lassen kann?«
    Eine der Seelen wandelte sich zu einem flirrenden Dunst und huschte durch sie hindurch.
    Zvatochna fühlte, wie ihre Innereien zu Eis gefroren, ihr ein frostiger Wind durch den Magen rauschte und Schmerzen bereitete. Mit einem Keuchen krallte sie sich an den Rändern des Zubers fest.
    »Zerstören wir dich, Täubchen«, lautete die Antwort, so melodiös, als trüge Fjodora Turanow den Dialog eines Theaterstücks vor.
    Die Kabcara zog ihre Kräfte zusammen. »Das wollen wir doch erst einmal sehen!« Gleißende dunkelrote Strahlen schossen aus ihren Fingern und fuhren in die Umrisse der Diva, auch andere Geister wurden von der magischen Attacke getroffen.
    Die Seelen formten sich in ihre brodemgleiche Gestalt zurück und griffen Zvatochna an, die dem Ansturm nichts entgegensetzen konnte. Verzweifelt wand sie sich unter agonischen Qualen, das Wasser bildete Schaum, wogte in der Wanne hin und her, bis es durch ihr krampfartiges Zappeln überschwappte und sich auf dem Boden ausbreitete.
    Als der alarmierte Wirt und zwei beherzte Diener die verriegelte Tür eintraten und das Zimmer der feinen Dame stürmten, um ihr im Kampf gegen die vermeintlichen Räuber oder Vergewaltiger beizustehen, war das Rufen verstummt.
    Zvatochnas Körper befand sich beinahe vollständig unter der Wasseroberfläche, ein Arm hing erschlafft über den Rand. Ihre Fingernägel hatten tiefe Kratzer in der Außenwand des Zubers hinterlassen.
    »Hol einen Cerêler«, befahl er dem Stalljungen. Furchtsam näherte er sich der jungen Frau
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