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Die programmierten Musen

Die programmierten Musen

Titel: Die programmierten Musen
Autoren: Fritz Leiber
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lesen sich wie die Fingerübungen begabter Autoren, wie Texte, die sie während ihrer Studentenzeit geschrieben haben, um ihre Professoren zu beeindrucken. Ein Buch – vermutlich von Doppel-Nick – ist sogar pseudo-populär und gebraucht alle guten Klischees und glatten Schreibtechniken – aber im Grunde auf völlig verächtliche Weise, ohne Wärme. Die meisten jedoch …«
    »Die Bälger sind nicht gefühllos!« protestierte Schwester Bishop niedergeschlagen. »Sie sind … oh, ich war so fest davon überzeugt, daß wenigstens ein paar Manuskripte gut ausfallen würden. Besonders als mir Rostchen sagte, daß die meisten eigentlich gar keine neuen Geschichten schrieben, sondern Texte, die sie ein Jahrhundert lang zu ihrem eigenen Vergnügen mühsam ausgebrütet hätten.«
    »Darauf ist wahrscheinlich unser Problem im wesentlichen zurückzuführen«, sagte Cullingham. »Sie versuchen Superintelligenzen zu beeindrucken. Intellektuelles Feuerwerk ist das. Wenn Sie mir nicht glauben, hören Sie sich das an.«
    Er nahm eine Rolle zur Hand, die er etwas abseits gelegt hatte, drehte sie einen Meter weit auf und begann zu lesen.
    »Dieser idark mutterfest liegende Geist aschige innerest dämmt Feuerbucks eine langsame Kopfmuschel singt schwarz in dieser schlimmen Luft, worin vermarmorend und sterbend. Wünsch es. Schieb es. Zerschlag es. Vier in einer Form ärgern innere Leichtigkeit maykister …«
    »Cully!« Der Ruf war wie ein Hornstoß.
    Alle drehten sich zu Flaxman um. Die Augen des kleinen Verlegers hingen gebannt an dem ruckenden Blatt. Er strahlte.
    »Cully, das ist einfach großartig!« sagte er, ohne aufzusehen oder die Maschine zu verlangsamen. »Eine Sensation für das ganze System! Es ist alles drin, was auch ein Scribners Skribent könnte – und mehr! Du brauchst nur ein paar Seiten zu lesen …«
    Doch Cullingham starrte ihm bereits neugierig über die Schulter, und die anderen drängten ebenfalls heran, um einen Blick auf den Text zu erhaschen.
    »Es geht um ein Mädchen, das auf Ganymed geboren wurde und keinen Tastsinn hat«, erklärte Flaxman weiterlesend. »Sie wird Niederschwerkraft-Akrobatin in einem Nachtklub, und der Roman führt durch das ganze System; ein berühmter Chirurg spielt mit, doch die Anteilnahme, mit der der Autor das Mädchen darstellt, die Art, wie man förmlich in ihre Persönlichkeit schlüpfen könnte! Der Roman heißt Du hast meine Verletzungen gefühlt .«
    »Das ist Kükens Roman!« enthüllte Schwester Bishop aufgeregt. »Er hat mir zwischendurch mal von der Handlung erzählt. Ich habe das Manuskript als letztes hingelegt, weil ich es nicht für so gut hielt, nicht für so klug wie die anderen.«
    »Junge, Sie wären vielleicht ein lausiger Redakteur!« kicherte Flaxman glücklich. »Cully, warum zum Teufel ist der Fernsehschirm nicht an? Wir müssen der Station die gute Nachricht durchgeben!«
    Nachdem eine halbe Minute lang nur wilde Streifen auf dem Schirm zu sehen gewesen waren – eine halbe Minute, in der die Station über Kükens Sieg informiert wurde und mit seltsamem Kreischen und verstümmelten Ausrufen reagierte –, wurde der Schirm endlich hell. Die obere Hälfte von Küken erschien – es mußte Küken sein –; sein Auge, Ohr und Lautsprecher bildeten die Mitte des Schirms, umrahmt auf allen Seiten von den Augen der neunundzwanzig anderen und von Miß Jacksons flimmerndem Gesicht.
    »Glückwünsche, mein Junge!« rief Flaxman, legte die Hände über dem Kopf zusammen und schüttelte sie heftig. »Wie haben Sie das nur fertiggebracht? Wie lautet Ihr Geheimnis? Ich frage das, weil ich der Meinung bin, Ihre Freunde könnten davon profitieren – ich hoffe, Sie nehmen mir das nicht übel.«
    »Ich bin einfach von meinem Stimmenschreiber nicht mehr fortgegangen und habe mein mächtiges Gehirn arbeiten lassen«, behauptete Küken überwältigt. »Ich ließ das Universum wie ein Kinderkarussell kreisen und griff mir die Dinge im Vorbeifliegen heraus. Ich vergewaltigte die Welt. Ich ribbelte den Kosmos auf und webte ihn neu. Ich hüpfte auf den Stuhl Gottes, während er zum Füttern der Erzengel unterwegs war, und setzte seine Schöpfungsmütze auf. Ich …«
    Küken unterbrach sich. »Nein, das stimmt alles gar nicht«, sagte er langsamer. »Wenigstens habe ich so etwas nicht getan. Um ganz offen zu sein: Ich habe Erfahrungen gewonnen – neue Erfahrungen. Ich wurde entführt – die ganze Jagd im letzten Drittel meines Buches ist meine Entführung, allerdings etwas
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