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Die Probe (German Edition)

Die Probe (German Edition)

Titel: Die Probe (German Edition)
Autoren: H. J. Anderegg
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den man eher in einem Anwaltsbüro vermutet hätte. Die unvermeidliche Wasserkaraffe mit Gläsern, Kaffee und Früchte standen schon bereit.
    » Nun meine Herren, womit kann ich Ihnen dienen?«, fragte er, indem er Charlie mit einem scharfen Blick musterte und seinen Fahrer ausdrücklich ignorierte.
    »Senhor de Souza, danke, dass Sie uns so kurzfristig empfangen haben.«
    »Kein Problem, wir sind stets um gute Zusammenarbeit mit den Behörden bemüht.« Dabei nickte er mit selbstgefälligem Lächeln, als müsste er sich selbst von seiner Antwort überzeugen.
    »Selbstverständlich«, murmelte Charlie trocken, ohne ihn aus den Augen zu lassen. Genug der Höflichkeitsfloskeln. Es war Zeit, zur Sache zu kommen, Klartext zu reden. »Wie wir erfahren haben, hat Ihre Firma kürzlich moderne Filter und Quecksilber-Rückgewinnungsanlagen installiert. Wir sehen das aus Ihren Steuerunterlagen. Das ist vorbildlich, und es hat Signalwirkung für andere Minen. Sie müssen stolz sein auf diese neue Technologie. Man hat uns allerdings leider die Wirkungsweise dieser Verfahren nicht im Detail erläutern können. Wir sind daher sehr daran interessiert, die Installationen im Betrieb zu sehen.« De Souzas Gesicht veränderte sich dramatisch, während Charlie das sagte. Das stolze, zufriedene Lächeln war Bestürzung, ja beinahe Entsetzen gewichen. Er bemühte sich sichtlich, Haltung zu bewahren. Sein Minenspiel verriet drastisch, wie verzweifelt er nach einer Antwort suchte. Charlie bemerkte, dass sein Fahrer unruhig wurde. Diese Unterhaltung musste dem guten Miguel äußerst peinlich sein, aber er selbst hatte reichlich Erfahrung mit solchen Interviews. Er wartete lächelnd auf de Souzas Antwort. Dessen Stimme klang gepresst, als er endlich den Mund aufmachte.
    »Dr. Conway, ich bin untröstlich, aber ich muss Sie leider enttäuschen. Ja, wir planen diese hochwirksamen Anlagen einzubauen. Aber das geht leider nicht so schnell, wie wir es erhofft haben. Der Hersteller hat massiven Lieferverzug angekündigt. Wir mussten bereits mit einer hohen Konventionalstrafe drohen, aber es nützte nichts. Es gibt keine Konkurrenz, und der Hersteller weiß das auch. Kurz: ich kann Ihnen leider gar nichts zeigen.« Miguel biss sich auf die Lippen und starrte unentwegt in seine Kaffeetasse, die er mit beiden Händen umklammerte. Charlie mimte ehrliche Enttäuschung.
    »Oh, das – das ist in der Tat sehr ärgerlich für Sie, zumal Sie ja bereits erhebliche Investitionen getätigt haben, wie ich den Unterlagen entnehme.«
    »Ärgerlich, Sie sagen es, äußerst ärgerlich«, beeilte sich de Souza zu versichern. Er schien aufzuatmen. Wenn er allerdings glaubte, sein Gegenüber hätte die Kröte ohne weiteres geschluckt, wurde er mit Charlies nächster Frage eines Besseren belehrt.
    »Um welchen Hersteller handelt es sich denn, Senhor de Souza?«
    »Ein – japanisches Unternehmen, sonst sehr zuverlässig.« Er räusperte sich ausgiebig, vermied es, den Besucher anzusehen. Charlie blieb ruhig, ließ ihn schmoren, bis er schließlich mit dem Namen herausrückte: »Saitou Mining«, fügte er kleinlaut hinzu.
    »Saitou Mining! Das ist interessant. Ich dachte, diese Mine gehört Saitou Mining?« De Souzas Gesicht lief rot an, als hätte er ihn beim Stehlen erwischt.
    »Ja – doch – aber wir arbeiten als weitgehend selbständige Niederlassung«, stammelte er. Wenn also überhaupt ein solches Projekt existierte, für das diese Mine bereits massive Steuerabzüge erhalten hatte, eilte es offenbar nicht mit der Realisierung. Einzig die vorgeschützten Investitionskosten hatte man wohl innerhalb der gleichen Firma außer Landes verschoben, um den Aufwand zu steigern und damit den Gewinn zu drücken. Charlie hielt zwar nichts von solchen Buchhaltertricks, aber es war nicht sein Problem, wenn die Mine den brasilianischen Staat betrog. Was ihm hingegen gar nicht gefiel war, dass die Sanierung der Anlage auf sich warten ließ. Er fragte sich, wie schlimm die Zustände wirklich waren. Offenbar wurde hier die billigste Methode, Gold zu gewinnen, in großem Stil angewandt. Sie besteht darin, das fein gemahlene Gestein mit Quecksilber zu versetzen. Das Edelmetall verbindet sich so ohne weiteres zu einem Amalgam, ähnlich dem Material, das man früher zur Zahnfüllung verwendete. Aus diesem Amalgam gewinnt man anschließend das Gold durch Verdampfung des Quecksilbers. Bei dieser primitiven Methode entweichen oft größere Mengen metallisches Quecksilber in die Umwelt,
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