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Die Probe (German Edition)

Die Probe (German Edition)

Titel: Die Probe (German Edition)
Autoren: H. J. Anderegg
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Skepsis und warf Meier einen bewundernden Blick zu, der ihm die Hitze nochmals heftig ins Gesicht trieb. Vom Rest der Sitzung blieb nicht viel in ihrem Gedächtnis haften, zu sehr beschäftigte sie der geheimnisvolle Vidal. Sie musste unbedingt mehr über diesen Mann wissen, und sie wusste auch, wo sie mehr erfahren konnte. Wenn sich jemand in den Kreisen der großen Financiers auskannte, dann Michael. Die Sitzung war zu Ende.
    »Treffen wir uns im ONYX, ich geb einen aus«, rief Meier gönnerhaft, nachdem sich der Chef verabschiedet hatte. Frau Bassi, meine Herren, ich wünsche Ihnen ein erholsames Wochenende , wie an jedem Freitag. Meier 2 beeilte sich, Francesca einzuholen, die bereits am Telefon hing und ins Büro eilte. »Fran, du kommst doch auch?«, fragte er beinahe ängstlich. Sie wollte erst unwirsch abwinken, besann sich aber sofort eines Besseren.
    »Klar, dauert nur eine Minute.« Sie zog die Tür hinter sich zu, setzte sich aufs Fenstersims und wartete unruhig, bis Michael antwortete. Nicht die Mailbox, jetzt nicht!
    »Francesca, hi. Was gibt’s?« Sie atmete auf.
    »Hallo, caro. Hör mal, ich will nicht lange stören. Kannst du reden?«
    »Moment.« Sie hörte Schritte. Eine Tür wurde geschlossen. »O. K., schieß los!«
    »Sagt dir der Name Vidal etwas, Louis Vidal?«
    »Machst du Witze? Natürlich kenne ich Vidal. Er ist eine Legende. War früher Börsenhändler, hat ein Riesenvermögen mit Private Equity gemacht, sagt man. Jedenfalls vermutet man, dass er mehrere Milliarden schwer ist.«
    »Händler, sagst du?«, fragte sie fast enttäuscht.
    »Ja, aber das ist schon mindestens sechs oder sieben Jahre her. In Handelskreisen bewundert man jedenfalls sein sprichwörtliches goldenes Händchen. Ich glaube allerdings nicht, dass er den ganzen Reichtum nur seiner guten Arbeit zu verdanken hat.«
    »Woher stammt denn das Geld?« Michaels Antwort kam nur zögernd.
    »Ich – weiß es wirklich nicht. Ich will auch nicht weiter spekulieren. Der Kerl besitzt neben dem üblichen Privatjet und der Yacht in Monte Carlo Güter im Fernen Osten ein großes Schloss in der Nähe Londons, wo die Royals ein- und ausgehen, auch eine spektakuläre Villa in St. Moritz. Obendrein soll er noch gut aussehen. Ich hätte tierisch Angst, wenn er dein Kunde wäre.« Je länger sie zuhörte, desto breiter wurde ihr Lächeln. Sie wusste jedenfalls jetzt genau, was als Nächstes zu tun war. Sie war nun ziemlich sicher, dass diese Woche doch noch erfolgreich enden würde. »Hallo, bist du noch dran? Was habt ihr mit Vidal zu schaffen?«
    »Danke, mehr wollte ich nicht wissen. Ich muss wieder, bye«, antwortete sie und legte schnell auf. Sie fuhr den Computer herunter, schloss Pult und Schränke ab, kontrollierte ihr Aussehen im Spiegel der Garderobe, trug noch etwas Parfüm auf an den strategischen Stellen und eilte aus dem Büro.
    Die ONYX-Bar im Erdgeschoss des Park Hyatt war ein beliebter Treffpunkt der Händler und Vermögensverwalter, die in den vielen Finanzinstituten der Umgebung arbeiteten. Nach Feierabend, besonders natürlich am Freitagabend, saßen hier die Krawatten locker und manch zugeknöpfter Private Banker wuchs lautstark über sich hinaus, ohne dass es jemanden besonders störte oder interessierte. Das Lokal war bereits zum Bersten voll, als Francesca eintraf. Sie sah keinen ihrer Kollegen. Wie üblich hatten sie sich wohl in der Nische beim Ausgang zur Terrasse eingerichtet. Die vorwiegend jüngere, männliche Kundschaft wich beflissen zur Seite, um ihr den Weg freizugeben. Vereinzelt hörte sie die üblichen bewundernden Pfiffe. Nur ein besonders mutiger, bulliger Typ mit leerem Whiskyglas in der Hand und offensichtlich heißem Gesicht stellte sich ihr quer und breitbeinig in den Weg. Sie fixierte ihn kurz mit einem bösen Blick, bohrte den gestreckten Zeigefinger in seine Brust und stieß den verblüfften Burschen sanft, aber bestimmt, zur Seite. Als sie weiterging, brandete Applaus auf. Die Zuschauer johlten und der Held entfernte sich kleinlaut in Richtung Tresen.
    »Fran, großer Auftritt! Cool, dass du kommst«, rief Meier verzückt. »Champagner in Ordnung?« Sie nickte und er füllte ein weiteres Glas aus der Magnumflasche. Befriedigt stellte sie fest, dass er schon wesentlich gelöster wirkte als während der Arbeit. Der Smalltalk plätscherte leicht und prickelnd dahin. Mit der Zeit wurden die Drinks härter, die Zungen schwerer und die Witze anzüglicher, doch das störte sie keineswegs. Im Gegenteil,
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