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Die Praktikantin

Die Praktikantin

Titel: Die Praktikantin
Autoren: Aufbau
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alter Förderer aus Wützen und ich …«
    … der junge Stecher aus München …
    »… sind der Meinung, dass Sie wirklich eine einmalige Frau sind, und …«
    Er würde ihr doch nicht jetzt und hier, vor mir, eine Liebeserklärung machen? Ich räusperte mich laut, Elisabeth merkte es, reagierte aber nicht. Wenn das Ganze vorbei war, musste ich unbedingt …
    »… und dass Sie eine große Zukunft als Journalistin vor sich haben. Darüber habe ich neulich mit dem Chefredakteur …«
    Er guckte mitleidig zu mir herüber.
    »… also, ich meine natürlich den Chefredakteur der
Metro-News
, gesprochen, und er ist meiner Meinung, dass wir Ihnen sofort ein Volontariat anbieten sollten. Na, was sagen Sie jetzt?«
    »Was soll sie schon sagen?« Meine Stimme klang barsch. »Dar auf |254| haben wir schließlich immer hingearbeitet, nicht, Elisabeth? Herzlichen Glückwunsch.«
    Ich stieß mit ihr an und drehte dabei meinen Oberkörper zwischen Elisabeth und Siebert.
    Er war so klein und schmal, dass er seine neue Volontärin nicht einmal mehr sehen konnte.
    »Danke, Johann«, flüsterte sie, »was wäre ich nur ohne dich?«
    Sie war eben doch nicht wie die anderen. Sie war meine Praktikantin, und wir mussten hier ganz schnell weg.
    »Auch von mir herzlichen Glückwunsch.« Siebert musste durch meine Beine geschlüpft sein. Er streckte beide Arme vor Elisabeth aus, als müsse er sie im nächsten Moment auffangen. Diesmal war sie es, die eine Kellnerin anhielt, ein Rotweinglas nahm, es dem widerlichen Kerl gab und ihm zuprostete.
    »Auf Ihr Wohl, Herr Siebert.«
    Besser hätte ich es nicht sagen können.
    Leider begriff der Zwerg den Wink mit dem Zaunpfahl, der die Größe eines Betonpfeilers hatte, nicht und verschwand endlich genauso unauffällig, wie es sein freier Mitarbeiter getan hatte. Er blieb zwischen Elisabeth und mir stehen, erzählte von seinem letzten Interview mit irgendeinem Minister, von seinen Reisen nach Bosnien und Afghanistan und wie der Bundespräsident ihn auf einem Empfang als einzigen Journalisten mit Namen begrüßt habe. Elisabeths Erziehung verbot ihr offenbar, ihn zu unterbrechen. Ich gähnte zwei, drei Mal, ohne mir auch nur ansatzweise die Hand vor den Mund zu halten, und als Siebert gerade ansetzen wollte, von einem Abendessen im Haus des bayerischen Ministerpräsidenten zu erzählen, stieß ich Elisabeth sanft in die Seite.
    »Ich glaube, ich mache mich allmählich auf ins Hotel. Kommen Sie mit, Elisabeth?«
    Bevor sie irgendetwas sagen konnte, hatte Siebert schon seine Garderobenmarke gezogen.
    »Johann hat recht, wir sollten den Abend besser allein ausklingen |255| lassen. Das Hotel hat unterm Dach eine Bar mit einem sensationellen Blick über die Alster. Gehen wir?«
    Würden wir Siebert nie wieder loswerden? Er wohnte auch im
Le Meridien
, auf der gleichen Etage wie ich. Elisabeth hatte als Preisträgerin eine Juniorsuite zwei Stockwerke über uns bekommen. Auf dem Weg von Hotel zu Hotel hatte ich sie immer wieder angestupst und verschiedene Zeichen gemacht, von denen jenes, bei dem der Zeigefinger den Hals zerschneidet, noch das harmloseste war. Sie schien verstanden zu haben, reagierte aber wieder einmal nicht.
    Erst als wir in den Fahrstuhl einstiegen, unterbrach sie Sieberts Wen-ich-noch-so-alles-kenne-und-wie-toll-ich-bin-Monolog.
    »Das ist wirklich sehr interessant, Herr Siebert«, sagte sie. »Aber ich glaube, ich schaffe es nicht mehr auf einen Absacker an die Bar. Ich muss ins Bett.«
    »Aber …«
    »Noch einmal vielen Dank für den schönen Abend. Müssen Sie hier nicht raus?«
    Wir waren im dritten Stock angekommen. Siebert sah Elisabeths rechte Hand vor sich und meine linke, die ihm beide den Weg aus dem Fahrstuhl wiesen. Als sich die Tür schloss, zog Elisabeth ihre Augenlider hoch. Ich hoffte, dass sie das Gleiche meinte wie ich.
    Ich wünschte Siebert eine gute Nacht, verschwand kurz in meinem Zimmer, holte eine Halbliterflasche Piper-Heidsieck aus der Minibar, horchte an der Tür und schlich dann so schnell und leise wie möglich zurück zu den Fahrstühlen. Eine Minute später stand ich vor der Nummer, die Elisabeth mir per SMS geschickt hatte.
    »Elisabeth, ich bin es, Johann.«
    »Komme gleich. Ich …«
    »Ja?«
    »… dusche nur schnell und ziehe mich um.«
    Ideal.
    |256| »Mach auf.«
    »Einen Moment.«
    Erst fünf Minuten später ließ sie mich in das Zimmer hinein, in dessen Mitte die Dusche stand. Die gläsernen Wände waren voller Wasser. Sie hatte ein hellblaues
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