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Die Polizistin

Die Polizistin

Titel: Die Polizistin
Autoren: Kimberly Dean
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fühlte. Auch für ihn musste es eine harte Zeit gewesen sein. Sie wusste nicht, welche Schwierigkeiten sie ihm durch ihr Verhalten bereitet hatte.
    »Wie geht es deiner Schwester?«
    Die Frage traf sie völlig unerwartet, und für einen Moment war sie gerührt. »Besser«, sagte sie leise. »Robert und Annie haben sie unter ihre Fittiche genommen.«
    Er nickte, als wollte er sagen, das wäre auch das Beste für sie. »Wird sie im Prozess aussagen können?«
    »Ihre Ärzte glauben, es könnte wie eine Therapie für sie sein.«
    Auf eine Weise waren die letzten zwei Wochen auch für sie eine Therapie gewesen. Sie und ihre Schwester waren bis zu ihrem vermeintlichen Tod immer unzer-trennlich gewesen. Obwohl Shanna den Drogenboss Manuel Santos mit jeder Faser ihres Herzens hasste, war sie erleichtert gewesen, als sie gehört hatte, dass er sein Bestes versucht hatte, gut zu ihrer Schwester zu sein. Es war ihm sogar gelungen, sie von den Drogen wegzubringen. Auf seine eigene vertrackte Art hatte er sie wohl geliebt.
    »Wie geht es dir?«, fragte Joe.
    Die leise Frage rührte ihr Herz. Sie hatte ihre Schwester wiedergewonnen, aber der Rest ihres Lebens war ein einziges Chaos.
    Plötzlich hielt Shanna es nicht länger aus; sie wollte nicht weiter um den heißen Brei herumreden. Sie wollte auch nicht, dass er nett zu ihr war. Sie wollte sein Mitgefühl nicht, bevor er dann den großen Hammer herausholte. »Wirst du mich rauswerfen?«, platzte sie heraus.
    Seine grünen Augen blitzten sie an. »Was will ich?«
    »Ich weiß, dass du diese Woche viele Konferenzen mit den internen Ermittlern hattest.« Sie legte eine Hand auf ihren rumorenden Bauch. »Haben sie verlangt, dass du mich feuerst?«
    »Shanna…«
    »Ich würde das verstehen«, unterbrach sie ihn. »Ich weiß, dass ich es verdient hätte. Ich würde es dir nicht einmal vorwerfen können.«
    Er trat rasch auf sie zu, aber sie hob abwehrend eine Hand. Sie würde keinen klaren Kopf behalten, wenn er sie berührte. Er sollte ihr kurz und knapp sagen, dass es vorbei war. Das wäre die schmerzloseste Art.
    »Du bist ein Teil von uns, Lily«, sagte er ernst. »Niemals würde ich einen meiner besten Agenten feuern.«
    Einer meiner besten Agenten. Das Lob ging ihr durch und durch, aber sie wollte erst gar keine Hoffnung aufkommen lassen. Schließlich würde es nicht allein seine Entscheidung sein. Das Bureau hatte strenge Regeln und Vorschriften. »Ich war impulsiv und zeit-weise auch außer Kontrolle«, räumte sie ein.
    »Ja, stimmt. Aber es waren auch außergewöhnliche Umstände, die dazu geführt haben.«
    »Ich bin zu ihm gegangen, um ihn zu töten.«
    Joe schüttelte energisch den Kopf. »Nein, das stimmt nicht, Shanna. Ich selbst habe gehört, dass du versucht hast, ihn festzunehmen.«
    Teile dieser Nacht waren immer noch hinter einer Ne-belwand verschwunden. Alles war viel zu schnell geschehen. »Das habe ich versucht?«
    »Ja, das hast du«, sagte er und trat wieder näher auf sie zu. Er legte eine Hand unter ihr Kinn. »In dem Augenblick wusste ich auch, dass du nicht so schlecht bist, wie du offenbar glaubst. Du hast Seele und Gewissen, Sweetheart. Du hast Gefühle, die tief aus deinem Herzen kommen.«
    Shanna schüttelte den Kopf, als wollte sie sein Lob nicht akzeptieren. Seine Berührung brachte ihre Emotionen in Wallung, aber sie wollte die Verantwortung für ihre Aktionen übernehmen. »Ich habe deine Anweisungen nicht befolgt. Du hast mir den Fall entzo-gen, aber ich habe mich nicht daran gehalten. Ich war eine rebellische Polizistin.«
    Wieder verschränkte er die Arme über der Brust.
    »Deshalb wird deine Suspendierung noch einmal um zwei Wochen verlängert, und danach wirst du einen Monat lang nur im Innendienst tätig sein.«
    »Aber Joe, meine Strategie.« Sie hasste es, dieses Thema zur Sprache zu bringen, aber sie wollte auch nicht, dass es unerwähnt blieb. Sie hatte mit Santos’
    Männern geschlafen. Sie hatte es freiwillig und absichtlich getan. Die internen Ermittler hatten damit doch ein gefundenes Fressen gehabt.
    »Davon weiß niemand«, sagte Joe.
    Ein Muskel zuckte in seinem Kinn, aber das war das einzige Anzeichen, wie sehr er ihre Strategie hasste.
    Trotzdem hatte er niemandem davon erzählt, um sie zu schützen.
    »Joe…«
    »Das braucht niemand zu wissen.«
    »Danke.«
    Er trat wieder einen Schritt näher. Nervös fuhr sie sich mit einer Hand durch die Haare. Sie konnte nicht denken, wenn er so dicht vor ihr stand. Seit zwei Wochen
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