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Die Pforten Des Hades

Die Pforten Des Hades

Titel: Die Pforten Des Hades
Autoren: Steven Saylor
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Straßen. Wenn Sie zu Bett gingen, verriegelten sie die Türen zu ihren Kammern, um zum Schlafen selbst ihre vertrauenswürdigsten Sklaven auszuschließen, und erwachten am anderen Morgen doch Schweißgebadet aus ihren Alpträumen. Wieder einmal regierte das Chaos in der Welt, und sein Name war Spartacus.
    Wir trappelten durch die Nebenstraßen der Subura, die nach Urin und verfaulten Lebensmitteln stanken. Hin und wieder wurde unser Weg erleuchtet vom Lichtschein aus überhängenden Obergeschossen; Fetzen von Musik und betrunkenem Gelächter wehten über uns hinweg und verklangen in unserem Rücken. Die Sterne über uns sahen sehr kalt aus und sehr weit weg, ein Anzeichen dafür, daß ein frostiger Winter bevorstand. In Baiae, wo sich der Sommer im Schatten des Vesuvs länger hält, würde es bestimmt wärmer sein.
    Schließlich mündete die Via Subura auf das Forum, wo die Hufe unserer Pferde zwischen den verlassenen Plätzen und Tempeln unnatürlich laut widerhallten. Wir ritten entlang des innersten Heiligen, wo Pferden selbst nachts der Zutritt verboten ist, und folgten dann dem schmalen Tal zwischen dem Kapitol und dem Palatin Richtung Süden. Der Geruch von Stroh und Dung erfüllte die Luft, als wir am großen Viehmarkt des Forum Boarium vorbeikamen, der bis auf das gelegentliche Brüllen der Tiere in ihren Gattern völlig still dalag. Vor uns erhob sich auf seinem Sockel der riesige Bronzeochse, das Wahrzeichen des Viehmarkts, eine gigantische, gehörnte Silhouette, wie ein gewaltiger Minotaurus über dem Abgrund.
    Ich klopfte auf Ecos Bein, und er beugte sich vor und brachte sein Ohr nahe an meine Lippen. »Genau wie ich gedacht habe«, flüsterte ich. »Wir reiten zum Tiber. Bist du müde?«
    Er klopfte mir zweimal energisch auf die Schulter.
    »Gut«, sagte ich lachend. »Dann kannst du Wache halten, während wir stromabwärts nach Ostia fahren.«
    Am Ufer des Flusses warteten weitere von Mummius Leuten, die unsere Pferde in Empfang nahmen, als wir abstiegen. Am Ende des längsten Piers lag abfahrbereit unser Schiff.
    Schläfrig, wie ich war, hatte ich mir eine langsame, gemütliche Reise den Tiber hinab und an der Küste entlang vorgestellt, aber weit gefehlt. Das Boot war keineswegs die kleine Jolle, die ich erwartet hatte, sondern eine Barkasse mit zwölf Rudersklaven, einem Steuermann am Heck und einer Überdachung mittschiffs, ein robustes und schnelles Gefährt. Ohne sich aufzuhalten, geleitete Mummius uns an Bord. Seine beiden Leibwächter folgten, und wir legten sofort ab.
    »Wenn du willst, kannst du schlafen«, sagte er und wies auf die überdachte Fläche, wo sich ein Haufen achtlos hingeworfener Decken türmte. »Nicht besonders luxuriös, und eine Sklavin, die dich wärmt, haben wir auch nicht, aber zumindest auch keine Läuse. Es sei denn, einer von diesem nichtsnutzigen Haufen hier hat sie eingeschleppt.« Er begleitete seine Worte mit einem harten Tritt in den Rücken eines der Ruderer. »Rudert!« brüllte er. »Und diesmal ein bißchen flotter als eben flußaufwärts, oder ich lasse euch alle endgültig auf das große Schiff versetzen.« Er lachte freudlos. Wieder in seinem Element wurde Mummius zunehmend jovialer, und ich war mir nicht sicher, ob mir diese Seite seines Charakters gefiel. Er überließ einem seiner Männer das Kommando und kroch unter die Decken.
    »Weck mich, wenn es sein muß«, flüsterte ich Eco zu und drückte seine Hand, um sicherzugehen, daß er mir zuhörte. »Oder wenn du kannst, schlaf ein bißchen; ich glaube nicht, daß uns unterwegs irgendeine Gefahr droht.« Dann gesellte ich mich zu Mummius unter die Plane, machte es mir am gegenüberliegenden Ende bequem und bemühte mich krampfhaft, nicht an mein eigenes Bett und Bethesdas warmen Körper zu denken.
    Ich versuchte zu schlafen, doch es wollte mir nicht gelingen. Das Klirren der Ketten, das Platschen der ins Wasser eintauchenden Ruder und das monotone Stampfen des Flusses gegen den Rumpf des Schiffes lullte mich schließlich in einen unruhigen Halbschlaf, aus dem ich immer wieder erwachte,  um Marcus Mummius neben mir schnarchen zu hören. Als mich das heisere Getöse zum vierten Mal weckte, streckte ich meinen Fuß unter der Decke hervor und gab ihm einen sanften Tritt. Er hielt einen Moment lang inne und hob dann von neuem an, Geräusche zu machen, als ob jemand erdrosselt würde. Ich hörte ein verhaltenes Kichern, stützte mich auf meine Ellenbogen und sah zwei Wachen, die mir vom Bug aus zulächelten.
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