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Die Pfeiler des Glaubens

Die Pfeiler des Glaubens

Titel: Die Pfeiler des Glaubens
Autoren: Ildefonso Falcones
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Niederlage, der Zerfall der Moriskengemeinschaften, die diskriminierenden Gesetze, die alle Assimilationsversuche zunichtemachten, brachten aber keine Veränderung im Sinne der Spanier. Dies verdeutlichen viele Memoriale und Urteile der Zeit, die absolut fürchterliche »Endlösungen« vorschlugen. Folglich kam es zu zahlreichen Verschwörungen, die aber alle ergebnislos blieben. Das Scheitern der Verschwörung von Toga, die dieser Roman wiedergibt, war besonders niederschmetternd. Sie scheiterte durch das Bekanntwerden der Dokumente, die der englische König Jakob I. nach dem Tod von Elisabeth I. dem spanischen König Philipp III. übermittelte, und wegen des englisch-spanischen Friedensabkommens. Der Historiker Henry Charles Lea behauptet in seinem Werk The moriscos of Spain: their conversion and expulsion (1901), dass die einhundertzwanzigtausend Dukaten, die die Morisken bei dieser Gelegenheit übergeben wollten, um sich die Unterstützung des französischen Königs Heinrich IV. für den Aufstand zu sichern, in Pau tatsächlich bezahlt wurden. Antonio Domínguez Ortiz und Bernard Vincent hingegen widersprechen dem in ihrer Historia de los Moriscos; vida y tragedia de una minoría (1978). Zumindest die Zusage dieser Zahlung scheint jedenfalls gesichert. Aus dramaturgischen Gründen habe ich mich in der Fiktion für die erfolgte Zahlung entschieden, die ich als durch die Einkünfte aus der Falschmünzerei ermöglicht darstelle. Die Falschgeldherstellung wurde vor allem im Königreich Valencia betrieben, wo 1613 die Bank dieser Stadt bankrottging und gefälschte Münzen im Wert von mehreren hunderttausend Dukaten aus dem Verkehr gezogen werden mussten. Sofort wurden Morisken des Vergehens bezichtigt. An der Verschwörung von Toga nahmen auch einige Barbaresken teil, aber weder Algier noch das Osmanische Reich unterstützten offenbar die Pläne der Morisken, dafür aber Christen.
    Allein das Leiden, das die Kinder der Morisken erdulden mussten, wäre eine vertiefende Studie wert. Hierfür gibt es zahlreiche Hinweise. Besonders bekannt ist die Versklavung von Kindern unter elf Jahren, trotz der königlichen Verfügungen während des Alpujarras-Krieges. Vielfach wurden nach dem Krieg die Kinder vertriebener Morisken an christliche Familien übergeben. Dokumente belegen mehrere Gerichtsverfahren, die genau diese Kinder – nachdem sie das notwendige Alter erreicht hatten – anstrengten, um ihre Freiheit wiederzuerlangen. Des Weiteren kam es zu neuerlichen Versklavungen von Kindern nach den Aufständen in den Bergen von Valencia (im Laguar-Tal und am Muela de Cortes). Und schließlich gibt es Belege dafür, dass Kinder, die jünger als sechs Jahre waren, in Spanien zurückgehalten wurden, als es zu der endgültigen Ausweisung kam. Es gibt Aussagen, dass es einigen Familien trotz dieser Anordnungen gelang, ihre Kinder nach Frankreich zu bringen (das Ausreiseverbot bezog sich auf die Barbareskenstaaten), andere wiederum umgingen den königlichen Befehl, indem sie sich an Bord von Schiffen begaben, die vorgeblich christliche Länder zum Ziel hatten, tatsächlich aber die afrikanische Küste ansteuerten. Mein Roman erzählt davon, dass mehrere hundert Kinder in Sevilla festgehalten wurden. In Valencia wurden etwa eintausend Kinder der Kirche übergeben, und die Gattin des Vizekönigs ließ von ihrer Dienerschaft eine unbekannte Zahl Kinder rauben. Sie kümmerte sich um die Kinder, damit sie nicht dem Satan in die Hände fielen, was nach Meinung der Christen geschehen wäre, wenn man sie ins »Land der Mauren« gebracht hätte.
    Die Morisken aus Hornachos – eine kriegerische und eingeschworene Gemeinschaft, die in diesem Ort in der Extremadura die Bevölkerungsmehrheit stellte – ließen sich nach der Ausweisung in der Korsarenhochburg Salé in der Nähe von Rabat nieder, die sie schließlich regierten. Bei Verhandlungen mit dem spanischen König im Jahr 1631 über die Rückkehr in ihren Heimatort ging es den Korsaren auch um die Übergabe der geraubten Kinder. Für jedes Königreich, jeden Ort sind Fälle von Morisken überliefert, denen die jüngeren Kinder geraubt wurden.
    Zur Deportation der Morisken aus Spanien kursieren so unterschiedliche Zahlen, dass es zu weit führen würde, hier alle Historiker zu zitieren, die diese nennen. Vielleicht treffen es am besten die Zahlen, die Domínguez und Vincent angeben, die von fast dreihunderttausend Menschen ausgehen. Die meisten Historiker, die sich mit dem Thema befasst
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