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Die Pfeiler der Macht

Die Pfeiler der Macht

Titel: Die Pfeiler der Macht
Autoren: Ken Follett
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treibt, verboten ist, oder?«
    Jetzt hatte auch Hugh Pilaster seinen Vetter entdeckt und rief ihm zu: »Für dich ist es genauso verboten!«
    »Ihr haut besser ab, bevor man euch erwischt«, erwiderte Edward ungerührt und hob eine Hose vom Boden auf. »Aber seht zu, daß eure Kleider nicht naß werden, sonst weiß jeder sofort, wo ihr wart.« Dann warf er die Hose mitten in den Teich und brach in wieherndes Gelächter aus.
    »Du gemeiner Kerl!« schrie Peter und stürzte sich auf die im Wasser treibende Hose. Micky lächelte amüsiert.
    Edward griff sich einen Schnürstiefel und ließ ihn der Hose folgen. Die Jüngeren gerieten allmählich in Panik. Edward nahm eine weitere Hose auf und warf sie in den Teich. Es war ein Heidenspaß zuzusehen, wie die drei Jüngeren schreiend nach ihren Kleidern tauchten, und Micky mußte lachen.
    Unverdrossen warf Edward ein Kleidungsstück nach dem anderen in den Teich, während Hugh Pilaster aus dem Wasser kletterte. Micky glaubte, er würde sofort die Flucht ergreifen, doch ganz unerwartet rannte Hugh direkt auf Edward zu und versetzte ihm einen kraftvollen Stoß, so daß der Größere, der sich nicht rechtzeitig umgedreht hatte, die Balance verlor. Er taumelte und stürzte kopfüber in den Teich. Es gab einen gewaltigen Platscher. Das alles hatte nur Sekunden gedauert. Hugh schnappte sich einen Armvoll Kleider und turnte wie ein Affe die Wand des Steinbruchs hinauf. Peter und Tonio stimmten ein brüllendes Hohngelächter an.
    Micky setzte Hugh nach, gab jedoch bald wieder auf, da er einsah, daß er den kleineren und behenderen Knaben nicht würde einholen können. Als er zurückkehrte, sah er als erstes nach Edward. Zur Sorge bestand kein Anlaß: Edward war wieder aufgetaucht und hatte sich Peter Middleton gegriffen. Immer wieder drückte er den Kopf des Jüngeren unter Wasser, um ihm sein Hohngelächter heimzuzahlen.
    Tonio rettete sich derweilen ans Ufer, ein Bündel triefender Klamotten umklammernd. Er drehte sich um und sah, wie Edward Peter mißhandelte. »Laß ihn in Ruhe, du blöder Affe!« schrie er ihm zu.
    Tonio war schon immer ein tollkühnes Bürschchen gewesen, und Micky fragte sich unwillkürlich, was er wohl im Schilde führte. Tonio lief ein Stück am Ufer entlang. Dann drehte er sich erneut um, diesmal mit einem Stein in der Hand. Micky rief Edward eine Warnung zu, doch es war schon zu spät: Mit erstaunlicher Zielsicherheit traf der Stein Edward am Kopf. Sofort breitete sich auf seiner Stirn ein heller Blutfleck aus.
    Edward brüllte vor Schmerzen auf, ließ von Peter ab und schwamm wutentbrannt aufs Ufer zu, um Tonio nachzusetzen.
    Die Hände immer noch um die Restbestände seiner Kleidung gekrampft und die Schmerzen mißachtend, die der rauhe Boden seinen nackten Sohlen bereitete, hastete Hugh Pilaster durch den Wald. Dort, wo sich der schmale Pfad mit einem zweiten kreuzte, schlug er einen Haken nach links und rannte noch ein Stück weiter, bevor er sich in die Büsche schlug und im Unterholz verschwand.
    Er wartete ab, bis sich sein rasselnder Atem wieder beruhigt hatte. Dann lauschte er angestrengt. Sein Vetter Edward und dessen Busenfreund Micky Miranda waren die miesesten Schweine der ganzen Schule: Drückeberger, Spielverderber und Kinderschinder, denen man tunlichst aus dem Weg ging. Doch jetzt war ihm Edward bestimmt auf den Fersen, denn schließlich haßte er ihn, Hugh, seit eh und je.
    Schon ihre Väter hatten sich zerstritten. Toby, Hughs eigener Vater, hatte sein Kapital aus der Familienbank genommen und ein eigenes Unternehmen aufgezogen, einen Farbenhandel für die Textilindustrie. Das schlimmste Verbrechen, das ein Pilaster begehen konnte, war, der familieneigenen Bank sein Kapital zu entziehen - das wußte Hugh bereits mit dreizehn Jahren. Und er wußte, daß Onkel Joseph - Edwards Vater - seinem Bruder Toby diesen Fauxpas nie verziehen hatte.
    Hugh fragte sich, was aus seinen Freunden geworden war. Bevor Micky und Edward aufkreuzten, waren sie zu viert im Wasser gewesen: Tonio, Peter sowie er selbst am einen und Albert Cammel, ein älterer Schüler, am anderen Ende des Teichs. Tonio war normalerweise mutig bis zur Tollkühnheit, aber vor Micky Miranda hatte er eine Höllenangst. Beide kamen sie aus einem südamerikanischen Land namens Cordoba, und Tonio hatte erzählt, die Mirandas seien eine mächtige und grausame Familie.
    Hugh kapierte nicht ganz, was das heißen sollte, doch er sah nur allzu deutlich, was es bewirkte: Während kein
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