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Die Pfade des Wanderers

Die Pfade des Wanderers

Titel: Die Pfade des Wanderers
Autoren: Alan Dean Foster
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war nun noch etwas anderes als der Wanderer: Gnieschies. Nicht nur ein oder zwei diesmal, sondern ein wahres Schneegestöber, alle so strahlend und intensiv wie der Wanderer selbst. Und zum ersten Mal außerhalb eines Traumes konnte er sie direkt anschauen, anstatt sie nur im Augenwinkel wahrzunehmen.
    Sie tanzten in der Luft, verschmolzen miteinander, bis sie eine laserreine Spirale formten, die sich um den Wanderer wand. An seinen Kanten schienen sie wie auf Zehenspitzen zu gehen, die Erscheinung schneidend, aber noch nicht ganz berührend. Sie waren von Jon-Toms Banngesang angezogen worden und blieben nun, um die Instabilität zu genießen, die der Wanderer erzeugte.
    Jon-Tom wurde langsam heiser bei dem Versuch, es mit dem Gesang der andersweltlichen Reisenden aufzunehmen. Das Geräusch hämmerte ihm ebensosehr gegen den ganzen Körper wie gegen die Trommelfelle. Die Musik des Wanderers tobte in seiner Seele. Viel länger würde er nicht mehr durchhalten können.
    Also setzte er alles auf eine Karte und versuchte eine innere magische Zäsur, indem er mitten im Refrain den Song wechselte, ganz plötzlich (genauso plötzlich wie der Wanderer) von einer trotzigen Ballade zum lieblichsten kraftvollen Lied überwechselnd, das er kannte.
    Braglob war auf den plötzlichen Taktikwechsel denkbar schlecht vorbereitet. Der Vielfraß taumelte von seiner Klagemauer fort, konnte sich nur mühsam aufrichten. Es war deutlich zu erkennen, wie der Wandel ihn überkam. Der Gesichtsausdruck wurde weich. Der Körper tat das gleiche, als die Spannung aus den Muskeln wich. Am enthüllendsten aber war die Tatsache, daß der wilde, undisziplinierte Blick aus den Augen schwand. Das entsetzte, eingefrorene Starren war verschwunden, verschwunden auch die hoffnungslose, abwehrende Haltung.
    Er blinzelte einmal, zweimal, Braglob der Verrückte, und lächelte Jon-Tom an.
    Hinter dem Bannsänger gab es eine Explosion aus Licht und Klang. Obwohl er nicht hinblickte, wurde er von dem plötzlichen Energiepuls kurz geblendet. Gnieschies flohen aus der Höhle wie eine Million davoneilender Miniatursonnen. Das Summen und Pfeifen der Panflöten wichen vor einem einzigen tiefhallenden Ton, der sich anhörte wie das unterste Register einer gigantischen Orgel.
    Jon-Tom zwang sich dazu, sich umzudrehen, egal welche Konsequenzen es haben mochte. Der verheerende Lichtblitz war verblaßt, und er konnte feststellen, daß der Wanderer ein letztes Mal verwandelt worden war: in ein kristallenes geometrisches Gebilde von solcher Vollkommenheit von solch atemberaubender Schönheit, daß er in Tränen ausbrechen zu müssen meinte.
    Gerade noch rechtzeitig wandte er den Blick ab. Ein zweiter Energieimpuls, noch mächtiger als der erste, ließ die Wände aufleuchten. Jon-Tom spürte, wie der schiere Druck des Lichts ihn von den Beinen riß. Er sah sich selbst drehend, torkelnd, mitten in der Luft einen trägen Purzelbaum vollführend und schließlich sanft von der gegenüberliegenden Wand prallend.
    Das Orgelpedal verblaßte zusammen mit dem Licht, ebenso sein Bewußtsein.

XIV
    Ruhe. Es ist so ruhig, dachte er, als seine Sinne zu ihm wiederkehrten. Es war still in der Höhle, aber im Geist hörte er noch immer diese zum Äußersten gesteigerte Endnote, spürte die Photonen, die ihn vom Boden rissen und gegen die Steine schleuderten. Doch als er sich langsam wieder vom Boden erhob und seine Knochen prüfte, stellte er fest, daß er kein Erinnerungsstück an den harten Aufprall davongetragen hatte, nichts war gebrochen, nicht einmal eine Schramme zeigte an, wo er mit der Wand in Berührung gekommen war. Sogar seine Kleidung war unversehrt geblieben.
    Ganz in der Nähe lag eine kleine verknitterte Gestalt, geschmeidig und vertraut. Sie ließ ein Schluchzen vernehmen. Er stolperte hinüber, um neben ihr niederzuknien. »Talea.«
    Sie lag auf dem Bauch. Er rollte sie herum, und sie griff mit beiden Händen fest nach ihm. Er zuckte zusammen, denn er hatte vergessen, wie kräftig sie war. Dann erkannte sie ihn wieder und lockerte den Griff.
    »Jon-Tom?«
    »Bist du in Ordnung?«
    Sie antwortete nicht sofort, als verlange die Frage nach sorgfältiger Überlegung. »Ich schätze schon. Ich dürfte es eigentlich nicht sein. Ich glaube, ich bin mit dem Kopf von der Decke geprallt, wie ein Ball beim Squash.« Ohne seine Hilfe setzte sie sich auf. »Aber ich fühle mich in Ordnung. Nur ein bißchen benommen. Was ist geschehen?«
    »Der Wanderer ist fort. Er ist zwar nicht gerade
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