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Die Pfade des Wanderers

Die Pfade des Wanderers

Titel: Die Pfade des Wanderers
Autoren: Alan Dean Foster
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damit ich meine Probleme selbst löse«, knurrte Braglob.
    »Dich in Ruhe lassen? Soll das heißen, daß du es genossen hast, ein Feigling zu sein?«
    »Natürlich nicht.«
    »Dann willst du also behaupten, daß du als Verrückter glücklich warst?«
    »Nein, aber da wußte ich nicht, daß ich verrückt war. Ich wußte nur, daß ich die Welt beherrschen würde oder daß ich zumindest die Macht hatte, sie zu verändern und zu beeinflussen. Jetzt habe ich überhaupt keine Macht mehr.« Er hielt die Streitaxt leicht in einer Pranke.
    »Die brauchst du jetzt nicht mehr, da deine geistige Gesundheit zurückgekehrt ist.«
    »Ein Vielfraß, der keine Macht braucht? Was ist denn das für eine fremdländische Philosophie? Ich hatte Macht, und ihr habt sie mir gestohlen. Aber du hast recht. Ihr habt mich geheilt. Ich bin jetzt ich selbst. Ganz und gar.«
    Plötzlich begriff Jon-Tom, daß sie nun, nachdem sie den Wanderer und seine Störungen beseitigt, nachdem sie sogar das Wesen geheilt hatten, das ihn gefangenhielt, entscheiden mußten, wie sie mit einem wütenden, intelligenten, sechs Fuß großen Vielfraß zurecht kommen wollten, der buchstäblich das Kriegsbeil ausgegraben hatte. Ja, Braglob war wieder er selbst, und zwar mit dem typischen Temperament seiner Art.
    »Oh, oh, geht das schon wieder los!« Mudge löste sich von Colin und flitzte davon, um sein Schwert und seinen Langbogen zu holen. Dormas drehte sich um, so daß ihre Hinterbeine auf den langsam näher kommenden Braglob zeigten.
    »Sei vernünftig! Du denkst schon wieder nicht ganz klar«, sagte Jon-Tom ganz leise zu dem zornigen Vielfraß. »Wir sind zu sechst, und du bist allein.«
    Braglob war nicht beeindruckt. »Sechs gegen einen Vielfraß, das ist kein schlechtes Verhältnis, Mensch.«
    Jon-Tom wollte keinen Kampf. Das war verrückt! Es gab doch gar keinen Grund dafür. Der Wanderer, die wirkliche Ursache all des Ärgers und der Grund für ihre lange Reise in dieses abgelegene Bergtal, war fröhlich seiner Wege gezogen. Die Vorstellung war einfach lächerlich, daß sie alles erreicht hatten, was sie sich vorgenommen hatten, nur um nun vor einer völlig neuen und unerwarteten Gefahr in Gestalt dieses inzwischen genesenen, kampflustigen Braglob zu stehen. Das war doch einfach sinnlos, völlig sinnlos. Er würde es nicht dulden!
    Doch mußte er erst noch Braglob davon überzeugen.
    »Ich hätte damit leben können«, knurrte der Vielfraß zornig.
    »Ich wäre damit zurecht gekommen. Wir Vielfraße leben ohnehin schon unser ganzes Leben am Rand des Wahnsinns. Aber Macht ist schwer zu bekommen und noch schwerer zu halten. Ihr habt sie mir genommen.«
    Jon-Tom versuchte, sich eine Erwiderung auszudenken, als eine kleine gedrungene Gestalt an ihm vorbeischritt. »Dein Problem«, sagte Colin, während er an seinem Rucksack nestelte, »liegt darin, daß du noch nicht ganz kuriert bist.«
    Die drohende Streitaxt hoch über den Kopf haltend, blieb Braglob stehen und wandte sich an den Neuankömmling. »Was soll das heißen: noch nicht kuriert?«
    »Das ist offensichtlich. Du bist immer noch ein Feigling.«
    Die Augen des Vielfraß weiteten sich, und die Nüstern bebten. »Ich soll immer noch ein Feigling sein? Ich werde dir zeigen, wer hier der Feigling ist, Fettbär. Ich werde dich zerquetschen wie ein Ungeziefer.«
    Colin hob die Hand. »Du hast immer noch Angst. Nicht vor mir, auch nicht vor uns anderen, aber vor der Zukunft. Du weißt nicht, was sie für dich bereithält, jetzt, da du wieder du selber geworden bist, und das ängstigt dich. Als du noch verrückt warst, hast du keinen Gedanken daran verschwendet. Jetzt hingegen mußt du es tun.«
    »Jeder hat ein bißchen Angst vor der Zukunft«, fauchte Braglob. »Du genauso wie ich. Das ist keine Feigheit, das ist ganz normale Vernunft. Es gibt nichts, was man dagegen tun könnte.«
    »Im Gegenteil.« Colin holte seinen vertrauten silberschwarzen Lederbeutel hervor und trat kühn vor. »Ich bin ein Runendeuter. Als Kenner der Zauberkünste weißt du, was das bedeutet. Ich kann die Zukunft vorhersagen. Auch deine.« Er schüttelte den Beutel, damit Braglob die Runen rasseln hörte.
    Der Vielfraß zögerte. »Niemand kann die Zukunft vorhersagen. Alle Runenwerfer sind Scharlatane und Betrüger.«
    »Nicht alle. Einige wenige von uns besitzen tatsächlich diese Fähigkeit. Zwar ist keiner von uns vollkommen, aber ich bin schon ziemlich gut.«
    »Das ist nur ein Trick. Du versuchst lediglich, dich vor meinem Zorn
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