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Die Peststadt

Die Peststadt

Titel: Die Peststadt
Autoren: Hans Kneifel
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Brot machen.«
    »Ich danke dir!« rief der Bäcker.
    Ein Murmeln durchlief die Menge der hungernden Menschen. Die Vorräte schmolzen mehr und mehr dahin. Der Hafen war besetzt, das Umland wurde von den Caer kontrolliert, und daher gelangte nichts mehr nach Nyrngor herein.
    »Keinen Dank. Ich will, dass die Stadt der Belagerung standhält. Viele Caer sind erschlagen worden.«
    »Wir werden sie zurücktreiben und ihre Schiffe verbrennen!« schrie der Bäcker begeistert und warf seine Brothälften in die Menge.
    Auch von dieser Stelle der Mauer wurden Steinbrocken und Brandpfeile zu den Angreifern hinuntergeschossen. Der nächste Abschnitt der Stadtmauer verlief über Felsen und Klippen, und man brauchte hier mehr Späher und Wächter als Verteidiger. An den Klippen hatten die Caer erst viermal angegriffen, dagegen belagerten sie das Nordtor besonders wütend.
    Die müden Tiere wurden ein letztes Mal zur Eile angetrieben. Der Trupp sah überall die Anstrengungen der Verteidiger. Die Bewohner von Nyrngor standen auf den Wällen, stellten Waffen her und füllten Bottiche mit Wasser, um gegen den nächsten Feuerbrand geschützt zu sein.
    Die Helligkeit des Tages schwand langsam dahin, als sie das Nordtor erreichten. Der höchste Turm, der Sklutur des Beinernen, war nicht mehr fern.
    Schon von weitem hatte Elivara den Kampflärm gehört. Geschosse aller Art flogen über die Mauer, landeten in den Gassen und wurden von den Verteidigern immer wieder zurückgeschleudert. Ein großer Kessel stand mitten vor dem Tor über dem Feuer, seine Ketten waren an einem Dreibein befestigt. Die Flammen erhitzten Öl, das die Städter in kleinen und großen Krügen aus den Häusern der Nachbarschaft heranschleppten. Ein erstickender Geruch lastete zwischen den Häuserfronten und dem Tor. Als die Menschen ihre junge Königin erkannten, verdoppelten sie ihren Eifer. Einzelne Rufe der Begeisterung waren zu hören.
    Elivara schwang sich aus dem Sattel und ging auf das Feuer zu. Hinter der nächsten Häuserzeile wartete ihr kleiner Streitwagen. Ihr Pferd war erschöpft, und die beiden Rappen vor dem Wagen hatten Zeit gehabt, neue Kräfte zu sammeln. Die junge Königin war ununterbrochen in allen Teilen der Stadt unterwegs und wusste, dass der Wille der Verteidiger zusammenbrechen würde, wenn sie nicht mehr sichtbar war.
    »Was ist das für ein Geräusch?« wollte sie wissen. »Es klingt wie Eisen auf Stein!« Von der Mauer wurde ein großer Holzkübel an einem langen Seil heruntergelassen. Auch zwischen den Zinnen stand ein Dreibein mit einer quietschenden Holzrolle.
    »Die verdammten Caer«, sagte ein grauhaariger Mann. »Sie schlagen die Torangeln aus den Mauersteinen. Deswegen das siedende Öl, Königin!«
    Frauen schöpften heißes Öl aus dem Kessel und gossen es in einen Holzkübel. Die Verteidiger zerrten die schwere Last vorsichtig nach oben; die Rolle kreischte herzzerreißend.
    »Sie hören nicht auf. Sie sind wie Dämonen. So viele sind schon getötet worden, und immer noch berennen sie die Mauern!«
    Der Anführer der Garde kletterte die Leiter hinauf. Auf der Mauer organisierte er diesen Teil des Kampfes. Brandpfeile wurden in das heiße Öl getaucht und angezündet. Sie zogen kleine Flammen und funkenwirbelnde Rauchfahnen hinter sich her, als sie in der einsetzenden Dunkelheit ins dürre Gesträuch neben den Mauern, in die trockenen Schutzdächer über den Caer und in die gestapelten Ausrüstungen flogen. Sofort entzündeten sich Holz, Felle und Pflanzen. Flammen schossen hoch und leckten nach den Angreifern. Die Caer sprangen unter ihren brennenden Dächern hervor, und jetzt kippten die Verteidiger die schweren Kübel um. Ein breiter Vorhang aus kochendem Öl ergoss sich nach unten und traf viele der Angreifer.
    Ein zweiter Schauer brennender Pfeile tauchte die Zone vor dem Tor abermals in Feuer und Flammen. Caer, deren Haar und Kleidung brannten, rannten schreiend nach allen Richtungen auseinander. Die Hauptleute versuchten, die Fliehenden aufzuhalten.
    »Wieder einmal habt ihr gezeigt, dass selbst die Caer von tüchtigen Kriegern zu besiegen sind. Ihr habt es gesehen!« Die Königin wusste wie fast jeder Bewohner, dass die furchtbaren Caer-Krieger mit der Magie und dem Bösen der Schattenzone verbunden waren. Eigentlich sollte Herzog Murdon über die Caer herrschen, aber es war ein offenes Geheimnis, dass die Priester ihn entmachtet hatten, jene unheimlichen Gestalten mit den silberverzierten Mänteln, den spitzen Helmen, die
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