Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die Pellinor Saga Bd. 1 - Die Gabe

Die Pellinor Saga Bd. 1 - Die Gabe

Titel: Die Pellinor Saga Bd. 1 - Die Gabe
Autoren: Alison Croggon
Vom Netzwerk:
Fels gehauen worden. Vor ihnen krümmte sich die Wand und verschwand außer Sicht. Die Stufen erwiesen sich als steil und schmal und tauchten in einer endlosen Spirale durch das Herz des Felsens hinab. Der Luft haftete Feuchtigkeit an, und sie war kalt. Maerad schauderte und zog den Mantel enger um sich.
    Sie begannen den langen Abstieg. Es gab keinen Handlauf, kein Geländer an der Wand, und Maerad verspürte die fortwährende Angst, die Treppe hinabzustürzen. Je weiter sie kamen, desto feuchter wurde es, und vereinzelt lief Wasser die Wände herab, das die Stufen rutschig und tückisch werden ließ. Nach etwa einer halben Stunde übernahm Maerad es, für Licht zu sorgen. Dabei stellte sie fest, was Cadvan gemeint hatte;es war ermüdend, das Licht aufrecht zu erhalten, während sie gleichzeitig darauf achten musste, nicht zu stolpern und zu fallen.
    Sie hörten verzerrte Geräusche durch den Stein dringen, und einmal kamen sie an einer Stelle vorbei, wo eine dünne Wand zu einem Zimmer oder einem weiteren Gang sein musste, da von der anderen Seite recht deutlich das Gemurmel von Menschen zu vernehmen war.
    »Der Fels von Norloch ist ein wahrer Irrgarten solcher Tunnel«, erklärte Cadvan. »Viele werden als Speicher verwendet oder als Geheimgänge von einem Haus oder Kreis zu einem anderen. Ich glaube kaum, dass irgendjemand alle kennt.« Maerad fragte sich, was über ihren Köpfen in der Zitadelle vor sich gehen mochte. Gelegentlich hörte sie einen dumpfen Knall, und wenn sie ihr Gehör aussandte, nahm sie den Widerhall des Gebrülls von Menschen und das Pochen von Füßen auf Stein wahr, konnte jedoch dem, was sie vernahm, keinen Sinn zuordnen.
    Die Treppe schien sich endlos hinzuziehen, und Maerads Beine begannen zu schmerzen. Die Kälte drang in ihre Knochen ein, und sie wurde der Dunkelheit, der niedrigen Steindecke und des bedrückenden Gefühls eines zunehmenden Gewichts über ihrem Kopf überdrüssig. Das ständige Kreisen der gewendelten Treppe verursachte ihr ein eigenartiges Schwindelgefühl, zumal es sich stets auf dieselbe Weise nach innen drehte; sie glaubte, wenn sie das Ende erreichten, würde ihr Körper dauerhaft darauf eingestellt sein, sodass sie nie wieder gerade laufen könnte. Aber sie biss die Zähne zusammen und ging weiter.
    Als die Treppe schließlich endete, zitterten ihre Knie, und ihre Oberschenkel brannten von der unnatürlichen Anstrengung, so viele Stufen hinabzusteigen. Jäh blieb sie stehen und sah Cadvan an.
    »Ich muss mich ausruhen«, verkündete sie. »Nur eine kleine Weile …« »Dagegen habe ich nichts einzuwenden«, erwiderte Cadvan. »Ich hasse Treppen.« Er stellte sein Bündel ab und setzte sich darauf. Der Boden war feucht, und ein schmales Rinnsal Wasser strömte am Rand des Tunnels entlang, der vor ihnen durch den Fels in Dunkelheit mündete. Maerad tat es Cadvan gleich, streckte die Beine vor sich aus und massierte die Muskeln. Mittlerweile roch sie etwas Neues, einen leichten Meeresduft, der die abgestandene Luft durchsetzte.
    »Wir sind fast da«, teilte Cadvan ihr mit. »Bald sind wir hier raus.«
    Sie verweilten nicht lange. Nach kaum fünf Minuten stand Cadvan wieder auf und hievte sich das Bündel auf den Rücken. Maerad folgte ihm den gerade verlaufenden Tunnel hinab, der sich ganz leicht nach unten neigte. Das Gehen war nunmehr wesentlich einfacher, und sie kamen flott voran, zumal sie ein wachsendes Gefühl der Dringlichkeit antrieb. Sie waren etwa fünfzehn Minuten gegangen, als der Meeresgeruch stärker wurde. Maerad erkannte in der Ferne einen leichten Schimmer von Sternenlicht, wenngleich sie die Tunnelöffnung noch nicht sehen konnte; dann hörte sie das Tosen von Wellen und darunter das unablässige Rauschen der See. Der Tunnel verwandelte sich von einem Durchgang zu einer natürlichen Höhle, in der ihre Schritte von Sand gedämpft wurden, und die Wände wurden erheblich schmäler, als sie das Ende erreichten. Sie waren gezwungen, sich immer tiefer zu ducken, bis sie beinahe vornüber gekrümmt gingen. Dann führte der Weg plötzlich steil bergauf, und sie mussten die letzten paar Meter klettern. So gelangten sie durch einen engen Durchlass auf eine Ansammlung von vor Seetang schleimigen Felsblöcken. Unter ihnen säumten Wellen das Ufer, einen Küstenstreifen aus schwarz glänzenden, nassen Steinen. Die Nacht war hell und klar, und Maerad atmete die salzige Luft ein, erleichtert darüber, endlich die beengte Umgebung des Durchgangs hinter sich
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher